Heftkritik:
"Numéro Homme": Karl, Strampelanzüge und Strickwaren für den Mann
Der Madame Verlag bringt Luxus künftig nicht nur an die Frau, sondern auch an den Mann: Am Mittwoch erscheint erstmals die deutsche Lizenzausgabe der "Numéro Homme Berlin". Eine Heftkritik.
Der Madame Verlag bringt Luxus künftig nicht nur an die Frau, sondern auch an den Mann: Am Mittwoch erscheint erstmals die deutsche Lizenzausgabe der "Numero Homme Berlin".
Was muss man wissen?
Das Luxusmagazin erscheint vier Mal im Jahr, erstmals am 24. Juni. Es kostet sechs Euro und wird zunächst mit einer Startauflage von 50.000 Exemplaren gedruckt. Chefredakteur ist Hendrik Lakeberg. Vermarktet wird das Heft von BM Media. Sitz der Redaktion ist Berlin.
Was ist zu sehen?
"Numéro Homme Berlin geht an Grenzen" - verspricht die Pressemitteilung, "radikale Ästhetik" verspricht Editorial & Creative Director Götz Offergeld, Ex-Model und Kenner der internationalen Modewelt. Als Zielgruppe wünsche er sich Männer mit "einer sehr eigenen Haltung, die kein Blatt vor den Mund nehmen und immer auf der Suche nach neuen Reizen sind". Mit neuen Reizen geizt das Format nicht, auch nicht mit - sagen wir mal - gewöhnungsbedürftiger Optik: Frauenfummel und avantgardistische Zopffrisuren, der Strampelanzug in der Mode-Strecke, eine achtseitige Text-Hommage an die - Palme. Dass das Magazin seinen Lesern einiges zumutet, ist gewollt. Das zeigen Headlines wie "Irritierende Frisuren auf den kommenden Seiten: Mindestens 4". Und nicht unbedingt üblich für ein Männermagazin: Auch die Kerle lassen die Hüllen ab und an fallen.
Unter den Autoren sind einige Skandal-Namen zu finden. Tom Kummer beispielsweise, bekannt dafür, dass er vor langer, langer Zeit mal Interviews für das "Süddeutsche Magazin" gefakt hat. Top-Fotografen wie Alexei Hay und Model-Star Lucky Blue haben sich für die Ausgabe ebenso verpflichten lassen.
Wie finden die Anzeigenkunden das Heft?
Von 308 sind 59 Anzeigenseiten. Die Luxus-Marken geben sich zum Auftakt des Heftes die Klinke in die Hand. Auf Seite 24 kommt die erste redaktionelle Seite (Editorial), auf Seite 34 dann erst wieder die nächste - das Inhaltsverzeichnis. Wenn die Unterstützung der Werbekunden so weitergeht, dürfte den geplanten vier Ausgaben pro Jahr nichts mehr im Weg stehen.
Wie finden wir das Heft?
Die Provokation gelingt. Und das liegt nicht allein an einzelnen irritierenden Frisuren oder an den verstörenden Outfits, auch nicht an den die starken Posen oder der Themenwahl - allesamt solide Stories, beispielsweise über den Pornostar, den wilden Regiebengel oder den Flair von Berlin. Da nimmt sich das Titel-Interview mit Karl Lagerfeld fast noch als das "Normalste" im Heft aus. Die ästhetische wie stimmige Mischung ist tatsächlich ein bisschen wie die Stadt Berlin, in der das Magazin produziert wird und die sogar den Magazintitel mit prägen darf: Wild, innovativ, stylisch, anders und manchmal so hässlich, dass es schon wieder cool ist. In Frankreich hat sich der Titel bereits einen Namen gemacht. Jetzt könnte es durchaus den deutschen Markt aufrollen.