Ebiquity beobachtet Sat.1:
"Newtopia" ließ die Werber kalt
Ebiquity erstaunt das jähe Ende des Sat.1-Vorabend-Experiments "Newtopia" nicht: Mehr Bruttowerbeumsatz hat der Sender selbst mit der Behelfsprogrammierung "Navy CIS" im Vorabend gemacht.
"Newtopia" war einmal. Sat.1 hat den Traum der schönen neuen Welt platzen lassen. Am Mittwochabend öffnete sich das Scheunentor des Camps in Königs Wusterhausen für die 15 Pioniere, die ihre Kisten vom Gelände schaffen durften. Am heutigen Freitagabend ist das Finale des "größten TV-Experiment aller Zeiten", das zuletzt nur noch rund eine Millionen Zuschauer im Sat.1-Vorabend begeistern konnte, ab 19 Uhr zu sehen. Vielleicht hätte "Newtopia" noch saniert werden können – wenn neben den Quoten nicht auch die Werbeeinnahmen stark rückläufig gewesen wären.
Wie das Hamburger Media- und Marketing-Beratungsunternehmen Ebiquity exklusiv für W&V Online analysiert, haben sich die Bruttowerbeumsätze im Verlauf der Reihe nach einem Peak zum Start sowie einem Zwischenhoch Mitte Mai nach unten entwickelt und in den vergangenen beiden Wochen gegenüber der Startphase Anfang März sogar halbiert. Bitter: Sogar das Vorjahresprogramm auf diesem Sendeplatz, die Wiederholung des US-Klassikers "Navy CIS" in Doppelfolgen, lief nach Bruttoerlösen besser. Der sonst bei der Werbeklientel für schnelldrehende Konsumgüter (FMCG) so beliebte Privatsender ist mit "Newtopia" ins Leere gelaufen.
Gelistet wurden von Ebiquity zwischen 23. Februar und 22. Juli nur klassische Werbespots. Die Details: Am meisten Zuwendung durch die Werbungstreibenden hat "Newtopia" Ende März erfahren – als das Format eingeführt war und nach Reichweite noch nicht mit der Millionenhürde bei den Zuschauern zu kämpfen hatte. Laut Ebiquity wurden vom Vermarkter SevenOne Media in der besten Woche gut 2,6 Millionen Euro an Bruttoumsätzen im Sat.1-Vorabendumfeld verbucht. Damals konnte Werbepartner Toyota noch jubeln. Wenige Wochen später – das Format schwächelte sichtlich und Mitte April setzte "Newtopia" der Skandal um gescriptete Vorgänge im Camp unter dem Motto #Faketopia zu – hatten offenbar auch die Werbekunden erst einmal die Nase voll vom Vorabend-Experiment: Schon Ende April verzeichnete Ebiquity nur noch knapp 1,4 Millionen Euro Bruttospendings für die Sendung aus Königs Wusterhausen.
Nach einer Erholung Anfang Mai lief es ab Ende des Monats zusehends schlechter mit den Bemühungen um hohe Werbeumsätze für "Newtopia". Für das Senderteam bewegten sich Zuschauer- und Werbekurve deutlich nach unten - bis zum Umsatztiefpunkt vergangene Woche mit nicht einmal mehr 1,3 Millionen Euro an Bruttoerlösen. Dann wurde Anfang dieser Woche die Reißleine gezogen. Ebiquity zieht einen nüchternen Vergleich: 38,1 Millionen Bruttowerbeumsatz wurden 2014 im vergleichbaren Zeitraum eingefahren, als sich Sat.1 mit "Navy CIS" behalf. Mit dem aufwändig produzierten "Newtopia" haben Sender und Vermarkter Werbung im Wert von gerade einmal 35,4 Millionen Euro brutto eingeholt – nicht wirklich rentabel.
Ein Fazit aus Werbesicht zieht Dietmar Kruse, CEO Continental Europe bei Ebiquity:
"Der Plan von Sat.1, mit einer außergewöhnlichen Eigenproduktion das unterdurchschnittliche Vorabendprogramm aufzufrischen, ist nicht aufgegangen. Diese Maßnahme zeigt einmal mehr, wie schwierig es für TV-Sender ist, das Zeitfenster von 19 bis 20 Uhr zu schließen. Nach anfänglich guter Entwicklung schaffte es die Sendung nicht, sich grundsätzlich bei den Werbeeinahmen zu stabilisieren. Zögernde Werbungtreibende und viel Unruhe rund um die Inhalte der Sendung führten zu sinkenden Werbeeinahmen. Der Schritt von Sat.1, die Sendung aufzugeben, ist daher kaum verwunderlich. Statt die Innovation auf dem Sendeplatz kostenintensiv zu fördern, ist es wohl sinnvoller, auf bewährte Sendungen wie Serien zu setzen. Zumal die durchschnittlichen Werbeeinahmen, wie im letzten Jahr bei 'Navy CIS', höher sind - bei wohl geringerem Aufwand."
Werbekunden und Zuschauer können sich ab kommenden Montag wieder auf überraschungsfreien Pfaden durch den Sat.1-Vorabend bewegen: Den frei gewordenen Sendeplatz belegt bis auf Weiteres die Krimi-Serie "In Gefahr - ein verhängnisvoller Moment". Hier noch der Abschiedstweet der "Newtopisten" ...
So sieht's aus! Danke für die Geile Zeit! #newtopia #pioniere #ultras @NewtopiaDe pic.twitter.com/zjL8A7bNyn
— BB_C/NEWTOPIA (@BB_Countdown) 22. Juli 2015