Watchdog17:
"Meine Zuschauer stört Werbung nicht"
Regelkonformes Influence Marketing ist nicht so einfach wie gedacht. Selbst die Landesmedienanstalten äußern sich widersprüchlich, wie die #Watchdog17 gerade zeigte.
Die Landesmedienanstalten ringen weiter mit den Grauzonen der Kennzeichnung von Werbung in Social Networks. Das wurde bei der Konferenz #Watchdog17 in Köln am vergangenen Donnerstag deutlich. Zwar betonten die Vertreter der Medienanstalten unermüdlich, dass die Kennzeichnung in "99 Prozent der Fälle doch ganz einfach ist." (Tobias Schmid, Chef der Landesanstalt für Medien in NRW). Doch ganz so einfach ist es eben doch nicht.
Bianca Heinicke erklärte auf die Frage, wie Werbung auf ihren Kanälen wahrgenommen wird: "Meine Zuschauer stört es nicht. Die finden es normal." Die Influencerin, die vor allem für ihren erfolgreichen Youtube-Kanal "Bibis Beauty Palace" bekannt ist, war der Stargast der Veranstaltung, hatte aber erwartungsgemäß nicht mehr als sympathische Belanglosigkeiten zur Diskussion beizutragen.
Integrierte Werbung auf Social-Media-Kanälen ist also völlig normal. Das bestätigen auch die Ergebnisse des aktuellen Web-TV-Monitors, von der Bayerischen Landesmedienanstalt und der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. Produktplatzierungen und Sponsoring machen demnach inzwischen gut ein Drittel der Werbeumsätze der Online-TV-Anbieter in Deutschland aus. Fast die Hälfte aller befragten Anbieter gibt an, solche Werbeformen zu nutzen. Ob die sich dabei immer regelkonform verhalten, ist allerdings fraglich.
Joachim Becker, Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und Neue Medien, musste jedenfalls an die Selbstverständlichkeit erinnern, dass Werbungtreibende keinen Einfluss auf die Inhalte nehmen dürfen: "Im Fernsehen muss erst das Drehbuch vorliegen, dann kommt das Placement. Das gilt auch für Online-TV." Nach dieser Aussage sollten Agenturen dringend die gängige Praxis auf den Prüfstand stellen, Scripte für Produktplatzierungen abnehmen und freigeben zu lassen.
Die Verunsicherung in der Branche ist trotz der intensiven Debatten nicht kleiner geworden, eher im Gegenteil. Verwirrung auf höchster Ebene herrscht immer noch wegen des Hashtags "ad", der eine wesentliche Rolle im Rossmann-Urteil des OLG Celle spielte. Selbst die Medienanstalten schrieben auf der Einladung zu der Watchdog-Veranstaltung noch unter Berufung auf das Urteil aus Niedersachsen "Werbekennzeichnung mit #ad ist unzureichend."
Cornelia Holsten, Vorsitzende der Bremischen Landesmedienanstalt, wie auch NRW-Mann Schmid stellten dann allerdings klar: Es ging ja lediglich um die intransparente Platzierung in einer Wolke anderer Hashtags. Grundsätzlich habe das Gericht nichts gegen die Kennzeichnung mit "ad" gehabt.
Um aber auf der sicheren Seite zu sein, gab Holsten den Künstlern den Ratschlag, im Zweifel jedes Posting eindeutig als "Werbung" zu kennzeichnen, denn: "Man kann nicht zu viel kennzeichnen. Nur zu wenig." Ein Ratschlag, der Influencerin Diana zur Löwen nicht zufriedenstellte: "Meine Zuschauer wollen wissen, ob ich Geld für ein Posting bekommen habe", erklärte zur Löwen. "Wenn ich überall Werbung drauf schreibe, auch wenn kein Geld geflossen ist, hilft denen das auch nicht weiter."
Diese Praxis würde auch auf Markenseite zu mindestens kuriosen Fällen führen, sagte Dennis Kubon vom Brand-Management der Deutschen Telekom. Inzwischen nennen manche Kreatoren die Telekom als Partner, auch wenn gar kein Sponsoring erfolgt ist; wohl auch, um den eigenen Marktwert zu erhöhen.