Erdogan-Eklat:
"Ein Kunstwerk": Döpfner hilft Böhmermann
Springer-Chef Mathias Döpfner stellt sich in der Schmähgedicht-Debatte vor Jan Böhmermann . Die Satire sei ein "Kunstwerk". Böhmermann ist inzwischen Grimme-Preisträger.
Jan Böhmermann und sein Schmähgedicht gegen Recep Tayyip Erdogan bleiben weiterhin ein Politikum. Die türkische Regierung fordert ein Strafverfahren. Unterstützung bekommt der streitbare ZDF-Satiriker nun von unerwarteter Seite: Springer-Chef Mathias Döpfner pocht auf die Kunst- und Satirefreiheit. "Ich habe laut gelacht", schreibt der Vorstandsvorsitzende des Medienhauses in der "Welt". In den vergangenen Tagen habe man keinen Beitrag über Böhmermanns Gedicht gelesen, der nicht betont habe, "wie geschmacklos und primitiv und beleidigend" die Satire über Erdogan sei, meint Döpfner. "Das ist ungefähr so originell und aussagekräftig, als wenn man einem Formel-1-Autobauer vorwirft, seine Autos seien aber schnell. Dass Ihr Gedicht geschmacklos, primitiv und beleidigend war, war ja - wenn ich es richtig verstanden habe - der Sinn der Sache." Döpfner schließt mit den Worten, er werde sich "vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen." Zur Not sehe man sich dann bei Gericht.
Unterstützung kommt auch von Kabarettist Dieter Hallervorden. Er hat einen Song verfasst, in dem es heißt: "Mach' auch meinen Song bekannt". In "Erdogan, zeig' mich an", das Hallervorden am späten Sonntagabend auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, heißt es etwa: "Ich sing' einfach, was du bist. Ein Terrorist, der auf freien Geist scheißt." Der Schauspieler kommentierte seinen Song mit den Worten: "Jetzt erst recht".
Böhmermann hatte das umstrittene Gedicht mit dem Titel "Schmähkritik" am 31. März in seiner satirischen TV-Show "Neo Magazin Royale" präsentiert - und vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland nicht erlaubt sei. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft, nachdem es Anzeigen gegen Böhmermann und ZDF-Verantwortliche gab. Das Gedicht wurde aus einer Wiederholung von "Neo Royale" herausgeschnitten. Auch die türkische Regierung fordert ein Strafverfahren. Anlass für das Schmähgedicht war der Protest des türkischen Staatspräsidenten Erdogan gegen einen Satire-Beitrag des NDR-Fernsehmagazins "Extra 3". Nach eigenen Worten wollte Böhmermann daraufhin an einem praktischen Beispiel erklären, was in Deutschland von der Satire-Freiheit gedeckt sei und was nicht.
"Ein Kunstwerk", schreibt hingegen Döpfner. So angeeckt wie im jüngsten Fall ist Böhmermann noch nie, obwohl er mit vielen aufsehenerregenden Aktionen durchaus schon mal die Gemüter ausländischer Politiker erregte. Für "Varoufake" - die Satire um den Stinkefinger des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis - hat er am Freitag den diesjährigen Grimme-Preis erhalten. Aber nach dem Erdogan-Eklat blieb Böhmermann von der Preisverleihung fern. Vom Deutschen Volkshochschul-Verband erhielt er dabei die "Besondere Ehrung" für seine Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens in der digitalen Welt. aj/dpa