Vom Ansatz her sei vieles bei der "FTD"  falsch gemacht worden, ist immer wieder in der Branche zu hören. Die Kostenlos-Mentalität der begleitenden Online-Offerten etwa hat für Unverständnis gesorgt – beispielsweise bei Börsen-Guru Dirk Müller. Ins selbe Horn stößt Jörg Blumtritt von Mediagnosis. Der ehemalige Mediacom-Chef geht sogar noch weiter und greift die Printstrategie des Hamburger Verlags an: "Die ‚FTD‘ habe ich mir nie gekauft - warum auch? In jeder DB- oder Lufthansa-Lounge lag sie sowieso kostenlos aus. Ich bin, denke ich, ein ziemlich typischer potenzieller Leser der ‚FTD‘, der auf diese Weise als Käufer verloren wurde." Diese "Kostenlos-Mentalität" sei in der Verlagsbranche leider weit verbreitet. Dabei sei die dahinterliegende Hoffnung auf mehr Werbeumsätze durch die künstlich vergrößerte Reichweite völlig umsonst: "Keine Agentur lässt sich dadurch blenden", so Blumtritt.

Wer nun glaubt, dass der Tod der "FTD" das Überleben anderer Wirtschaftstitel sichert, den enttäuschen Beobachter wie Ex-"Capital"-Chefredakteur Ralf-Dieter Brunowsky, der heute den Wirtschafts-Blog Brunowsky’s Business Monitor betreibt. "Das ‚Handelsblatt‘ wird keine einzige zusätzliche Anzeige durch die Schließung und nur wenige zusätzliche Abonnenten gewinnen", zitiert ihn die aktuelle Printausgabe der W&V (EVT: 29.11.), die sich umfassend mit dem Segment der Wirtschaftstitel auseinandersetzt. Brunowsky fügt hinzu, dass die meisten Werbungtreibenden ohnehin in beiden Blättern geschaltet hätten. Der ehemalige Mediaplus-Chef Andreas Bahr geht noch weiter: "Das ‚Handelsblatt‘ wird eher darum kämpfen müssen, dass es nicht eines Tages das Schicksal der ‚FTD‘ teilt."


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.