
UK-Zeitungsmarkt:
"Daily Star" verzichtet auf Oben-ohne-Girls
Kehrtwende beim britischen Boulevardblatt. Noch vor wenigen Jahren hatte es vehement die Nackedeis als "große britische Seite-3-Tradition" verteidigt.

Foto: The Daily Star
Als letzter britischer Boulevardtitel hat sich jetzt auch der Daily Star des Verlags Reach (früher Trinity Mirror) von seinen Seite-3-Nackedeis verabschiedet. Das Blatt versuche immer, neue Dinge auszuprobieren und besser zu werden, erklärte Chefredakteur Jonathan Clark.
"In diesem Sinne", so Clark, "haben wir auf Leser-Feedback gehört und testen derzeit eine neue Version der Seite 3." Der Titel zeigt zwar weiterhin spärlich bekleidete junge Frauen, allerdings keine barbusigen Models mehr.
Dies ist eine komplette Kehrtwende in der Strategie des Blatts. Denn als der Konkurrenztitel The Sun nach zahlreichen Kampagnen von Frauenorganisationen Anfang 2015 die Oben-ohne-Girls von Seite 3 abschaffte, legte der Daily Star noch einmal kräftig nach.
So hatte das Blatt damals unter der langjährigen Chefredakteurin Dawn Neesom erklärt, dass es stolz sei, "die große britische Seite-3-Tradition fortzusetzen. Wir werden weiterhin darauf hören, was unsere Leser wollen und ein Lächeln auf ihre Gesichter bringen mit unseren hübschen, klugen, talentierten und unabhängigen jungen Damen."
"So britisch wie Fish & Chips"
Die Seite 3, so der Daily Star, sei "so britisch wie Roastbeef und Yorkshire Pudding, wie Fish & Chips sowie Postkarten aus den Badeorten". Damals gehörte die Zeitung noch Richard Desmond, der anfänglich durch die Herausgabe von Pornomagazinen zu Reichtum gekommen war.
Im vergangenen Jahr hatte Reach den Daily Star zusammen mit dem Schwestertitel Daily Express übernommen. Chefredakteurin Neesom, die die Seite-3-Fotos immer verteidigt hatte, hatte das Blatt Ende Februar 2018 verlassen.
Starker Auflagenrückgang
Was die verkaufte Auflage des Daily Star betrifft, so hat sich die alte Seite-3-Strategie jedenfalls nicht positiv bemerkbar gemacht: Der Titel gehört zu den größten Auflagenverlierern aller überregionalen britischen Tageszeitungen.
Laut Auflagenkontrolleur ABC verkaufte der Daily Star im Februar 2019 rund 323.000 Exemplare – ein Minus von 18 Prozent gegenüber dem Februar des Vorjahres. Vor fünf Jahren lag die Auflage noch bei knapp 500.000.
Die "große britische Seite-3-Tradition" war übrigens vor fast genau 50 Jahren von Rupert Murdoch etabliert worden, nachdem er die Sun übernommen hatte und sie zum Boulevardblatt umbaute.