Kolumne:
Werden (Corporate) Podcasts überbewertet?
Kaum ein Content-Format ist derzeit so angesagt wie Podcasts. Gefühlt hat jeder einen - von A wie Autohaus bis Z wie Zahnarzt. W&V-Kolumnist Stephan Schreyer fragt sich: Ist wirklich alles Gold was glänzt?
Vom Promi bis zum global agierenden Unternehmen - Podcasts sind allgegenwärtig, es gibt nichts, was es nicht gibt! Und die Zukunft? Wird mehr als rosig beschrieben. Es herrscht Goldgräberstimmung. Doch ist wirklich alles Gold was glänzt? Oder werden (Corporate) Podcasts am Ende überbewertet?
Studien zum Thema Podcast sind überschaubar
Überbewertet sind in meinen Augen die vermeintlichen "Erfolgsmeldungen". Da werden Podcasts mit prominenten Namen als "Erfolg" verkauft, weil sie x-tausende Hörer haben. Aber Hand aufs Herz: Jeder "Promi" kann mit einer bereits existierenden Fanbase in Null-Komma-Nichts bei jedem neuen Content-Format eine imposante Zahl an Hörern generieren. Insbesondere dann, wenn diese in der Audio-Zielgruppe zu finden sind. Gleiches gilt für starke Medienmarken. Mit entsprechender Brand-Power geht alles. Für den deutschen Markt sind Studien zum Thema Podcast jedoch überschaubar und zum Teil bisher nur einmalig durchgeführt. Natürlich liegt dies am "jungen" Medium Podcast. Einheitlich erfasste, vergleichende Studien über einen längeren Zeitraum fehlen logischerweise - noch. Doch bilden die existierenden Studien trotzdem die Marktentwicklung ab? Zeigen alle einen deutlichen Trend? Wächst der Markt tatsächlich? Oder nimmt nur die Anzahl der verfügbaren Formate zu?
Klar ist: Fast alle sind sich mehr oder weniger einig, dass der Markt gleichbleibend oder steigend ist. Wer sich jedoch erhofft, auf Basis aller Studien eine verlässlichere Prognose treffen zu können, der wird enttäuscht. Zu unterschiedlich sind vermeintliche "Kleinigkeiten", die das Zünglein an der Waage sind: Wie wird Regelmäßigkeit definiert? Ab welcher Hörlänge wird ein Podcast überhaupt als "gehört" bewertet? Nach 5 Sekunden, 30 Sekunden, 1 Minute? Und von welcher Nutzung wird gesprochen? Einerseits heißt es "monatlich", andererseits "wöchentlich", dann wieder die „letzten 12 Monate“ und sogar "täglich" oder "zumindest selten". Auch die Altersstruktur weicht zwar leicht, aber dennoch ab: Mal werden Personen ab 14 Jahren befragt, dann "14 bis 29-Jährige" aber auch Studienteilnehmer ab 16 Jahren.
Podcast: ja oder nein?
So sehr man sich also eine Quintessenz aller Studien zu Podcasts erhofft, die unsere Eingangsfrage mittels harter Fakten ergo dichter Datenlage und überzeugenden Zahlen beantworten könnte: Fehlanzeige. Keine Chance! Äpfel und Birnen lassen sich leider, leider nicht vergleichen. Eines eint die Studien zum Thema Podcast: Sie alle sind sehr gut aufgesetzt und werden dem Format auf ihre Weise gerecht. Doch sie sind eben alle leider zu "jung", die Daten noch zu frisch, um daraus deutliche Tendenzen abzuleiten. Ich hoffe auf eine baldige Neuerhebung jeder Einzelnen. Es bleibt also spannend!
Was aber bedeutet die heutige Datenlage für Unternehmen und die Gretchenfrage: Podcast - ja oder nein? Auf Corporate Ebene ist und bleibt eine Entscheidung für oder gegen eine Budgetverschiebung zugunsten von Podcasts eine Herausforderung. Schließlich wird ein Corporate-Podcast nicht nebenbei und für lau umgesetzt – wenn er erfolgreich sein soll.Sind (Corporate) Podcasts als Content-Format also überbewertet oder nicht? Meine Antwort: Ja, wenn man sich von den eingangs gesprochenen Erfolgsmeldungen blenden lässt. Nein, wenn Corporate Podcasts - wie jede Maßnahme der Kommunikation - mit Sinn, Verstand und der richtigen Strategie angegangen wird. Dann bin ich davon überzeugt: Podcasts sind keinesfalls überbewertet. Im Gegenteil! Sie eignen sich hervorragend dazu, den Kommunikationsmix sinnvoll zu ergänzen, den gerade erst beginnenden Audio-Trend mitzugestalten und auf diese Weise zu lernen, wie Audio und auditiver Content funktionieren. Denn langfristig wird dieser fest zum Repertoire gehören (müssen).