Podcast-Kolumne:
Warum kein Weg an HR-Podcasts vorbei führt
Podcasts im Personalmanagement sind noch Mangelwaren, beklagt W&V-Kolumnist Stephan Schreyer. Dabei sind solche Formate eine Möglichkeit, die Arbeitgebermarke persönlicher und erlebbarer zu machen.
Dass sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren teils dramatisch verändert hat, ist kein Geheimnis mehr. Die Entscheidung für einen Arbeitgeber ist heute vielfach keine Lebensentscheidung mehr. Waren in der Vergangenheit "harte Kriterien" ausschlaggebend für die Wahl des Arbeitgebers, findet diese heute vielfach auf der "Beziehungs- und/oder Sinnebene" statt. Für einige Branchen bedeutet das eine Verschiebung vom Arbeitgebermarkt hin zum Arbeitnehmermarkt. Daran wird auch Corona nichts ändern. Insbesondere nicht an Faktoren wie Wertewandel, Demografie, Technologie oder Digitalisierung - teilweise die maßgeblichen Treiber dieser Veränderung.
"Neue" Einsatzmöglichkeiten für Podcasts
Persönliche, authentische und direkte Konzepte zur Mitarbeitergewinnung sind deshalb gefragter denn je. Gleiches gilt für den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke. Und hier kommen Podcasts ins Spiel. Richtig konzipiert und strategisch integriert können Podcasts einen wirkungsvollen und nachhaltigen Beitrag im Kontext weiterer HR-Maßnahmen leisten. Dadurch kann die Arbeitgebermarke persönlicher, erlebbarer und emotionaler werden.
Früh erkannt hat das der Autobauer Daimler. Unter anderem mit seinem auf Deutsch und Englisch erscheinenden Podcast "HeadLights" möchte er seit 2019 die Arbeitgebermarke Daimler weltweit nahbarer machen. Damit ist Daimler jedoch ziemlich allein auf weiter Flur, wie eine nicht repräsentative Umfrage von mir unter den im Dax vertretenen Unternehmen gezeigt hat.
Egal ob für Schulung, Weiterbildung, Recruiting oder etwas weiter gefasst, die interne Personalkommunikation: Podcasts spielen in den hiesigen Personalabteilungen nahezu (noch) keine Rolle. Zu Unrecht wie ich finde. Vielfach liegen die Gründe an der unklaren Verantwortung in den Unternehmen. Lediglich die Allianz ist neben Daimler mit spannenden, internen "Personal Podcast Formaten" am Start.
Podcasts zu ignorieren ist ein Fehler
Doch Vorsicht! Das fehlende auditive Engagement kann nach hinten losgehen. Knapp 24 Prozent der Deutschen hören laut aktuellem Reuters Digital News Report Podcasts. Tendenz steigend. In der Generation der 18- bis 34-Jährigen sind es laut YouGov Umfrage aus dem Sommer 2019 gar rund 40 Prozent. Diese Gruppe von Menschen wächst also vollkommen selbstverständlich mit dem Content-Format Podcast auf - und wird es zukünftig auch verstärkt nachfragen. Hinzu kommt, dass lediglich zehn bis 15 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland aktiv nach einem neuen Job Ausschau halten. Die große Mehrheit ist mehr oder weniger "latent offen", liest keine Stellenanzeigen und hat keine zwingende Not, den Job wechseln zu müssen. Für die "richtigen (Content) Angebote" sind sie jedoch durchaus ansprechbar!
Für Unternehmen bedeutet das: Emotionale Konzepte zur Kandidatenansprache sind essenziell. Ohne diese Maßnahmen sind die richtigen Talente vielfach nicht mehr für ein Unternehmen zu gewinnen. Gefragt sind Kommunikationskonzepte mit Emotion. Podcast können ein Teil davon sein, denn sie vereinen wie kaum ein anderes Content-Format Emotion, Nähe sowie Authentizität und sind daher besonders stark in den Bereichen Markenbildung und -bindung.
Podcasts können gutes Personalmarketing zum Hören sein. Das findet auch HR-Experte Marcus K. Reif. Er ist überzeugt davon, dass die Zeit mit bunten Broschüren und Hochglanzmüll im Employer-Branding endgültig vorbei ist. "Podcasts ermöglichen uns, die innere Komplexität durch simplifizierten 'audiosnackable Content' kommunikativ zu überwinden", so Reif.
Doch Vorsicht vor falschen, überhöhten Erwartungen: Wer glaubt, ein paar Podcast-Folgen allein lösen alle Recruiting-Herausforderungen der irrt gewaltig. Unternehmen operieren heute mit bis zu 100 verschiedenen Kanälen in der Personalgewinnung. Umso wichtiger sind Strategie, Konzept, Implementierung und Integration. Nur so kann ein Podcast positiv auf die Marke sowie das Image einzahlen und somit die Attraktivität für mögliche Bewerber/-innen erhöhen.