Microsoft:
Tiktok-Übernahme: Mehr Fragen als Antworten
Tiktok geht auf seine Gegner zu und will das erste europäische Datenzentrum bauen. Das chinesische Unternehmen Bytedance steht nicht erst seit den Verkaufs-Forderungen von US-Präsident Donald Trump unter Druck.
Die App Tiktok ist zwischen die politischen Fronten geraten. US-Präsident Donald Trump will, dass ein US-Unternehmen das nordamerikanische Tiktok-Geschäft übernimmt. Nach einigen Tagen Diskussion über die Zukunft der Plattform ist nur eines klar - viele Fragen sind noch völlig offen.
Das Unternehmen reagiert jetzt - indirekt - auf bestimmte Vorwürfe. Tiktok verkündet, dass man ein neues Datenzentrum in Irland und damit das erste in Europa bauen will. Dieses spiele "eine Schlüsselrolle bei der weiteren Stärkung der Sicherung und des Schutzes von Tiktok-Nutzer*innendaten", schreibt das Unternehmen.
"Der Schutz der Privatsphäre und der Daten unserer Community ist und bleibt unsere höchste Priorität", sagt Roland Cloutier, Sicherheitschef von Tiktok. So erwägt beispielsweise das Bundesgesundheitsministerium einen Rückzug von der App - wegen Sicherheits- und Datenschutzbedenken
Der Tiktok-Eigentümer Bytedance bemüht sich schon seit einiger Zeit, seine internationale Plattform von der chinesischen Version zu trennen. Tiktok versichert, Chinas Regierung habe keinen Zugriff auf Nutzerdaten und habe dies auch nie verlangt. Die Daten von US-Nutzern beispielsweise würden sowieso in den USA gespeichert und verarbeitet.
In Festland-China gibt es nur die zensierte Version Douyin. Als Chef von Tiktok wurde jüngst der Disney-Manager Kevin Mayer geholt, der bei dem Unterhaltungskonzern lange als Kronprinz galt. Zuletzt hatte Microsoft sich nach massivem politischen Druck aus dem Weißen Haus in Stellung gebracht, von Tiktok Teile des Geschäfts zu übernehmen. Es dürfte um einen zweistelligen Milliardenbetrag gehen.
Tech-Branche lehnt Einmischung ab
Dieser mögliche Kauf beschäftigt die Techbranche. "Dass Politiker Übernahmen im Technologiebereich vorantreiben, indem sie Angst und Unsicherheit verbreiten, ist sowohl sehr ungewöhnlich als auch falsch. Wenn es Anzeichen dafür gibt, dass Tiktok etwas falsch macht, sollte dies der Öffentlichkeit mitgeteilt werden, damit die Menschen ihre eigenen Entscheidungen über die zu ergreifenden Maßnahmen treffen können", so Yuval Ben-Itzhak, CEO von Socialbakers.
Ist eine Übernahme durch Microsoft sinnvoll und bringt das dem US-Konzern etwas? Da gehen die Meinungen auseinander. "Keine Social Media-Plattform kann langfristig überleben, wenn sie zum geopolitischen Spielball wird. Insofern begrüße ich das, weil eine solche Übernahme für Sicherheit und Vertrauen sorgen würde im Markt. Falls es dazu kommt, wird Tiktok zum Giganten. Microsoft hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. So ließen sie Linkedin mehr Spielraum und Freiheiten als anderen bei Übernahmen zuvor. Wenn Microsoft so mutig bleibt, vielleicht sogar noch mutiger wird, hat Tiktok die Chance, Instagram in den nächsten Jahren zu überholen", sagt Adil Sbai Geschäftsführer und Co-Founder der Agentur We Create, die mit Tiktok-Werbung ihr Geld verdient.
Facebook-Ableger Instagram ist aber relativ geübt, die Funktionen der Konkurrenten auf seine Plattformen zu holen. Instagram hat jetzt "Reels" gelauncht. Damit können Nutzer fünfzehnsekündige Multi-Clip-Videos mit Audio, Effekten und neuen kreativen Tools aufzeichnen und bearbeiten. Auch von Snapchat ließ sich der US-Konzern immer wieder inspirieren.
Was bedeutet das für die Werbungtreibenden? "Marken werden ihre Marketingbudgets dort ausgeben, wo sich die Verbraucher in großem Umfang mit Content beschäftigen. Dabei spielt es keine Rolle, wie die App oder der Dienst heißt oder wem sie gehört. Solange keine Gesetze gebrochen werden, werden große Marken dort Ausgaben tätigen, und Microsoft wird in dieser Hinsicht nicht helfen. Die Übernahme von Linkedin durch Microsoft hat dem Unternehmen nicht geholfen, mehr Aufmerksamkeit zu erlangen oder seine Geschwindigkeit in Bezug auf Innovation und neue User-Erfahrungen zu beschleunigen. Tiktok ist für seine Schnelligkeit bekannt und die Marken könnten besorgt sein, dass eine sich langsamer bewegende Plattform sie nur bremsen wird", sagt Socialbakers-CEO Ben-Itzhak, CEO, Socialbakers
Aber wie geht es jetzt weiter? US-Konzerne und chinesischen Unternehmen sind nicht dafür bekannt, gerne über solche Vorgänge zu plaudern. Es lohnt sich den Twitter-Account von Donald Trump zu beobachten.