FDP und Twitter:
Hurensohn oder Follower-Kauf? Jo Wedenigg über das Twitter-Wachstum der FDP
Zehntausende neue Follower innerhalb weniger Tage? Der schlagartige Twitter-Zuwachs bei der FDP wirft einige Fragen auf. W&V Online hat sich bei Social-Media-Profi Jo Wedenigg erkundigt, wie er sich den Zuwachs erklärt und ob ihm Fälle von unfreiwilligen Sympathie-Wellen bei Twitter bekannt sind.
Innerhalb nur weniger Tage hat die FDP die Zahl ihrer Twitter-Follower versechsfacht. Knapp 37.000 zählt das bisher eher träge dahin dümpelnde Twitter-Profil @fdp_de jetzt. Nun stehen die Liberalen unter dem Verdacht, sich Follower eingekauft zu haben. Die Partei erklärt den immensen Zuwachs damit, dass die Abkürzung "fdp" im portugiesischen Sprachraum für das Schimpfwort "filho da puta" (übersetzt Hurensohn) stehe und deshalb die neuen Freunde möglicherweise aus dem Ausland kommen. W&V Online hat bei Social Media Experte Jo Wedenigg nachgefragt, wie er sich den Fanzulauf erklärt und ob es möglich sei, dass die Follower gekauft wurden, um der FDP zu schaden. Jo Wedenigg ist derzeit noch bei der Münchner Agentur Webguerillas beschäftigt, Anfang März startet er als Director Social Media bei FischerAppelt.
Herr Wedenigg, die FDP bestreitet falsche Fans gekauft zu haben. Wie erklären Sie sich diesen Zuwachs?
Auf Twitter gibt es für so einen enormen Zuwachs an Followern eigentlich nur zwei mögliche Gründe: Wirklich spannende bzw. aufsehenerregende Themen - zum Beispiel die Hackerübernahme des Burger-King Accounts vergangene Woche - oder aber den massiven Zukauf von Fake-Usern. Ansonsten ist Twitter ein stark auf organisches, themengetriebenes Wachstum ausgerichtetes Medium. Nachdem aktuell wenig spannende Themen zur FDP vorliegen, liegt der Schluss des Follower-Einkaufs nahe.
Wäre es möglich, dass jemand Follower gekauft hat, um der FDP damit zu schaden und ihr Image anzukratzen? Wie funktioniert so etwas?
Es gibt mittlerweile verschiedene Wege, um kurzfristig an Follower zu kommen. Das Spektrum reicht von eher fragwürdigen Methoden über Fake-Profile - wie im vorliegenden Fall - bis hin zu den von Twitter auch selbst angebotenen kostenpflichtigen Möglichkeiten, zum Beispiel Promoted Tweets. Rein theoretisch ist es schon möglich, auch als Fremder Follower für die FDP zu kaufen. Wenn man die Diskussionen über gekaufte Politiker-Fans auf Facebook aus den vergangenen Wochen Revue passieren lässt, scheint dies auch sehr naheliegend. Wirklich sicher sagen wird man das jedoch ohne interne Kenntnisse nicht können.
Gab es solche Fälle schon in der Vergangenheit?
Dass jemand Follower kauft, um jemand anderem damit zu schaden? Mir wäre kein solcher Fall bekannt.
Es gab da diesen Fall des Münsteraner Steuerberaters Julian Holthaus: Gekaufte Follower waren vermutlich an ihn statt an seinen Namensvetter ausgeliefert worden. Wäre eine ähnliche Verwechslung auch im FDP-Fall möglich?
Es gibt dazu ja eine denkwürdigen Erklärungsversuch seitens der FDP. Hier wird einem portugiesischen Schimpfwort die Schuld an der Verwechslung gegeben. Persönlich halte ich dies jedoch für eher unwahrscheinlich.