Social Commerce:
Wie Pinterest das Geschäft bei Intersport beflügelt
Im Handel liegt es oft an der Leidenschaft der Einzelnen, ob das Onlinegeschäft Fahrt aufnimmt. Bei Intersport in Pforzheim ist die Chefin die treibende Kraft. Vor dem Onlineshop gab es bereits den Pinterest-Account.
Omnichannel, Social Commerce, Experience Shopping – das sind keine Buzzwords. Dahinter stecken unzählige Möglichkeiten, heute mit Kund:innen in Kontakt zu kommen. Wie findet man den richtigen Zugang zur Zielgruppe angesichts der großen Auswahl an Plattformen? Gerade für Händler eine große Herausforderung. Kaum ein Store verlässt sich heute noch ausschließlich auf eine stationäre Präsenz.
Intersport Schrey in Pforzheim hat erst seit einem halben Jahr einen eigenen Online-Shop, kann aber bereits von einer gewachsenen Pinterest-Präsenz profitieren. Seit zwei Jahren ist Intersport Schrey bereits auf Pinterest aktiv, zunächst nur mit einer Content-Strategie, inzwischen auch mit Shopping-Funktion. Mit dem Webshop im Rücken bringt das Unternehmen jetzt beide Welten zusammen und nimmt den allgemeinen Auftrieb im Social Commerce mit.
Treibende Kraft hinter dem Pinterest-Kanal ist Geschäftsführerin Niki Kälber. "Wir wissen, dass auf Pinterest viel im DIY-Bereich zu finden ist, aber auch Ideensammlung zu neuen Trends. Hier siedeln wir uns an, um den Kund:innen zu zeigen, was gerade Trend ist und was aktuell so läuft." Als Agentur ist Y1 aus München mit an Bord.
Social Commerce erobert Social Media
In den vergangenen Jahren haben sich alle Social-Media-Plattformen in Richtung Social Commerce bewegt: Facebook, Instagram, TikTok, Snapchat, Pinterest – alle wollen digitales Schaufenster für den E-Commerce sein. Der Checkout-Prozess selbst findet in Deutschland meist noch nicht auf den Plattformen statt, sondern im Online-Shop der Händler. Deshalb ist die Anbindung auch so wichtig. Kund:innen in anderen Märkte, etwa in Asien, den USA oder Großbritannien, sind sehr viel aufgeschlossener, was einen Checkout-Prozess direkt auf den Social-Media-Plattformen selbst betrifft. Aber so haben wir in Deutschland immerhin noch den direkteren Kontakt zu den Kund:innen.
Doch auch hier werden diese Tools kommen und mit ihnen wird auch die Akzeptanz der User:innen steigen. Wer jetzt schon erste Erfahrungen mit Social Commerce sammelt und sich eine treue Kundschaft auf den Plattformen aufbaut, ist klar im Vorteil. Laut Instagram klickten Ende 2020 bereits 130 Millionen User:innen monatlich mindestens auf einen Shopping-Beitrag. Bei mehr als einer Milliarde aktiven Konten weltweit ist da noch Luft nach oben, aber immerhin folgen mehr als 90 Prozent der Nutzer:innen einem Unternehmen auf Instagram.
Jede Plattform hat ihre Besonderheiten und Vorteile. Instagram hat sehr gute Targeting-Möglichkeiten, doch Shopping-Beiträge rauschen durch den Feed und sind dann mehr oder weniger verschwunden. Pinterest hat mit rund 475 Millionen Nutzer:innen pro Monat weltweit die kleinere Zielgruppe, doch die ist auf Pinterest auf der Suche nach Inspiration und speichert sich Inhalte themenbezogen auf ihren Pinnwänden ab. Damit setzt die Plattform sehr weit oben im Funnel an, wenn die User:innen noch gar nicht so genau wissen, was sie suchen.
Übersetzt in die Offline-Welt gleicht das dem Einkaufsbummel in der Stadt. Die neue Shopping-Funktion in Deutschland erlaubt es, ganze Warenkataloge hochzuladen und zu pflegen. Pinterest ist damit ein digitales Schaufenster und funktioniert darüber hinaus wie eine Suchmaschine, bei der Content eine lange Lebensdauer haben kann.
Für Intersport Schrey sind neben Pinterest auch Instagram, Facebook und Youtube wichtig. Für Liveshopping auf Instagram und Facebook gibt es als Format den "Gönn dir-Abend", bei dem Produkte vorgeführt und erklärt werden. YouTube-Liveshopping ist bereits geplant. Damit verbinden sich die Kompetenzen des stationären Handels mit der Präsenz auf den Plattformen.
Aus der Familientradition ins digitale Zeitalter
Niki Kälber und ihr Bruder führen die beiden Geschäfte in Pforzheim bereits in dritter Generation. Das Haupthaus mit dem Großsortiment und das Nebenhaus mit Bergsportbedarf grenzen sich durch die starke Vor-Ort-Präsenz, die Beratung und den persönlichen Kontakt zu den Kunden von der Online-Konkurrenz ab.
Vor allem Pinterest ist für Intersport Schrey ein wichtiger Kanal. Die Reichweite dort liegt bei rund 140.000 Visits pro Monat – im noch jungen Webshop kommt Intersport Schrey auf 35.000 Visits. "Wer sich auf eine Plattform wagt, ohne wirklich davon überzeugt zu sein und dahinterzustehen, braucht eigentlich gar nicht erst anfangen. Leidenschaft ist ein wichtiger Türöffner, ebenso wie die Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen", sagt Niki Kälber. Da alle Social Media Plattformen sich in Richtung Social Commerce bewegen, haben sie ein starkes Eigeninteresse, die Händler zu gewinnen und selbst fortzubilden. "Seminare für Neueinsteiger vermitteln die Basics und sind absolut empfehlenswert, um sich gut darin zurechtzufinden", so Kälber.
Wie sieht die typische Pinterest-Shopperin aus?
Der Vergleich zwischen Pinterest und dem eigenen Webshop zeigt, dass die Zielgruppe bei Pinterest deutlich spitzer ist. Hier erreicht Intersport Schrey zu 70 Prozent Frauen und das Durchschnittsalter liegt bei 30 bis 36 Jahren. In den vergangenen zwei Jahren ist bei Pinterest eine Stammkundschaft entstanden, die Niki Kälber und ihr Team mit viel Humor und badischem Zungenschlag gewonnen haben.
Die Inhalte sind möglichst kreativ aufgebaut, das Verkaufen selbst ist eher nebensächlich. Der Fokus liegt darauf, für die Kund:innen präsent zu sein. Genau das spiegeln sie auch zurück: "Ihr seid so aktiv, das bleibt im Kopf!", so eine der Rückmeldungen.
Dazu gehört auch, dass die Mitarbeitenden, die wirklich Lust auf den Kanal haben, selbst aktiv sind. In Livestreams und Videos geben sie dem Laden ein Gesicht. Und die Strategie wird auch in Zukunft fortgeführt: Niki Kälber will den Pinterest-Kanal weiter ausbauen, mehr Bewegtbild hochladen und stärker mit bezahlten Kampagnen arbeiten.
Zum Autor: Sebastian Wernhöfer ist Vorstandsmitglied und steht für die Marke Y1, steuert die Kommunikation und Produktideen. Als Fashion- und Lifestyle-Spezialist im Digital Commerce berät er mit jahrzehntelanger, leidenschaftlicher Erfahrung. Seit über 20 Jahren begleitet Sebastian Relaunch-Projekte und Neugründungen und hat erfolgreich Kunden betreut wie mytheresa, Orsay, Bogner und Steiff.