Interview mit Andrew Keen:
"KI ist menschliche Kreativität"
Künstliche Intelligenz wurde nicht von den Göttern oder Robotern geschaffen, sondern ist vielleicht eine unser wichtigsten Erfindungen, sagt Buchautor Andrew Keen.
Künstliche Intelligenz wurde nicht von den Göttern oder Robotern geschaffen, sondern ist vielleicht eine unser wichtigsten Erfindungen, sagt Buchautor Andrew Keen, Buchautor und einer der weltweit bekanntesten und umstrittensten Kommentatoren der digitalen Revolution. W&V hat mit ihm gesprochen.
Mensch und Maschine - was macht Sie optimistisch, dass wir die digitale Zukunft menschlich gestalten?
Ich bin nicht optimistisch, wie kommen Sie darauf (lacht)? Ich bin allerdings auch nicht pessimistisch, denn am Ende liegt es an uns wie wir die Zukunft gestalten und unsere Spezies hat schon ganz andere Aufgaben gemeistert.
Eines ist sicher: Die digitale Zukunft menschlicher zu gestalten, wird viel Arbeit, Zeit und Mühe kosten, und es wird nicht einfach sein.
Was müssen wir dafür tun?
Ich gebe hier nicht alle meine Geheimnisse preis (lacht). Aber ein paar Ideen stehen in meinem neuen Buch "How to fix the future". Und es ist sicher eine gute Idee, sich meine Reden anzuhören – zum Beispiel im September auf der NEXT Conference in Hamburg.
Wer wird die Welt in Ordnung bringen: Künstliche Intelligenz oder menschliche Kreativität?
Das ist eine interessante Frage, denn ich denke, dass beides eigentlich dasselbe ist. KI ist menschliche Kreativität – sie wurde nicht von den Göttern oder Robotern geschaffen, sondern ist vielleicht eine unser wichtigsten Erfindungen.
Künstliche Intelligenz ist ein Beispiel für bemerkenswerte menschliche Kreativität und das Ergebnis von fast einem Jahrhundert wissenschaftlicher Arbeit.
Wie wird die Zukunft die Zeit beurteilen, in der wir leben?
Nun, jeder denkt, dass er in der wichtigsten Periode der Geschichte lebt und dass das, was heute passiert, nie zuvor passierte. Dieser Gedanke wird aus Sicht der Zukunft schnell relativiert.
In historischer und politischer Hinsicht denke ich, dass unsere Zeit von der Krise der USA, dem Aufstieg Chinas und der Krise der Demokratie im Allgemeinen geprägt ist. In technologischer Hinsicht ist unsere Zeit von dem Internet, der KI, dem Internet der Dinge und den biotechnologischen Entwicklungen geprägt. Ich denke, die Zukunft wird auf große technologische und wissenschaftliche Innovationen zurückblicken, aber auch auf daraus resultierende gesellschaftliche Disruptionen.
Die Kernaussage meines Buches ist, dass Historiker der Zukunft, so auf uns schauen, wie wir auf die ersten 50 oder 75 Jahre des 19. Jahrhunderts.
Was überwiegt: Der demokratisierende Aspekt öffentlicher Plattformen oder die Gefahr, dass die Stimmen von Experten und Fachleute untergehen?
Nun, ich würde letzteres vermuten. Ich denke, das wird angesichts der Respektlosigkeiten im Netz und den „Fake-News“ immer deutlicher. Die Demokratisierung ist aufregend, aber sie wurde durch unsere narzisstische Kultur zutiefst korrumpiert. Wir haben mit Donald Trump den ersten „Internet-Präsidenten", einen Menschen, der wirklich unfähig ist, den Standpunkt anderer zu verstehen.
Wenn man im Jahr 2018 die Vor- und Nachteile sozialer Netzwerke aufwiegen würde, gäbe es insgesamt mehr Nachteile. Nehmen wir ein Beispiel, wie den Arabischen Frühling, der so vielversprechend begann und letztendlich ein völliger Fehlschlag war.