Das Erfolgsrezept: KI und Social Ads

Während Twitter und Facebook in den letzten Jahren organisch gewachsen sind, sind nahezu unerschöpfliche Werbebudgets und eine ausgereifte KI die Gründe für den Erfolg der TikTok-App. ByteDance gab allein im vergangenen Jahr laut Wall Street Journal eine Milliarde US-Dollar für Social Ads aus (das entspricht drei Millionen US-Dollar pro Tag). Vor dem Launch in den USA engagierte das Unternehmen außerdem zahlreiche Social-Media-Stars, um Content für die Plattform zu generieren. Diese erhielten für ein Video die stolze Summe von einer Million US-Dollar.

Während Social Ads und Kooperationen mit wichtigen Influencern TikTok zur notwendigen Bekanntheit verholfen haben, ist der Algorithmus der eigentliche Grund, weshalb User so viel Zeit auf der Plattform verbringen und immer wieder zurückkehren.

ByteDance Gründer Zhang Yiming gilt in China als KI-Koryphäe. Bekannt wurde er mit der Nachrichten-Plattform Toutiao. Sie empfiehlt dem Nutzer Texte und Videos auf Basis seiner Interessen. Dabei arbeitet der Nachrichtenaggregator mit rund 2.000 Faktoren. Scrollt ein Nutzer beispielsweise in einem Artikel noch einmal zurück, um einen Absatz ein zweites Mal zu lesen, werden die Keywords dieses Absatzes zu den Interessen hinzugefügt und die Empfehlungen so verbessert. Mittlerweile verzeichnet Toutiao 700 Millionen User. TikTok funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip. Der Algorithmus merkt sich, welche Videos die User anklicken, welche Influencer und Musik sie präferieren und nutzt diese Daten, um personalisierte Empfehlungen auszuspielen, die die Interessen und Wünsche der User bedienen.

Der rasante Aufstieg von TikTok ist jedoch nicht unumstritten, gerade in einer Zeit, in der die Privatsphäre der User und der Schutz der persönlichen Daten immer wichtiger werden. User achten verstärkt darauf, welche Daten sie Preis geben, erst recht, wenn es lediglich um einen kurzen Moment der Unterhaltung geht. TikTok und sein chinesisches Pendant, Douyin, erwirtschaften bereits eine Milliarde US-Dollar Umsatz und das hauptsächlich durch personalisierte Ads, die durch die Flut an Nutzerdaten gespeist werden.

Im Februar verhängte die US-Handelsaufsicht FTC (Federal Trade Commission) bereits eine Geldstrafe in Höhe von 5,7 Millionen US-Dollar, da die Plattform – damals noch unter dem Namen Musical.ly bekannt – personenbezogene Daten von Kindern gesammelt und gespeichert hatte. Zudem ist bei Kindern unter 13 Jahren eine Einverständniserklärung der Eltern erforderlich, um überhaupt einen Account erstellen zu können. Verbraucherschützer warnen außerdem vor Missbrauch und sexueller Nötigung – gerade bei jungen Mädchen. 

Ob das tatsächlich den Erfolg von TikTok und die Einstellung der User beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Tragfähige Alternativen zu bestehenden Monetarisierungsmodellen – sei es in Form von werbefreien Abo-Social-Media-Services oder Datenmarktplätzen, auf denen User ihre Daten zu einem bestimmten Preis weitergeben – sind noch nicht wirklich in Gang gekommen. Was allerdings feststeht, ist, dass mit dem Aufstieg von TikTok die Uhr tickt. Künstliche Intelligenz und Userdaten verschmelzen auf komplexe und manchmal auch unvorhergesehene Weise miteinander. Sind die User in der Lage, damit Schritt zu halten?


Autor: W&V Gastautor:in

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