Heftkritik "Max": Von Kühen und erotischem Gemüse
"Max" ist für eine Ausgabe wiederbelebt und liegt am Kiosk. W&V Online hat das Revival des legendären Ex-Milchstrassen-Magazins quergelesen - und goutiert durchaus, was Facebook-Fans beigetragen haben.
Zara ist nicht irgendein Model. Sie hat einen Tagessatz von 1500 Euro, extrem lange Wimpern und einen eigenen eleganten Transporter – keine Selbstverständlichkeit für eine schwarzbunte Kuh. Zara ist zugleich das Covergirl der von Burda wiederbelebten Zeitschrift "Max" – und dass sie auf dem Titelfoto dem Leser die Zunge herausstreckt, mag durchaus als Kampfansage an all diejenigen gewertet werden, die sich von dem Revival der Postille auch die Wiederauferstehung der leichtbekleideten Titelmädchen erhofft hatten. Mit ihnen war das einstige Milchstrassen-Blatt in der Vergangenheit sehr häufig erschienen.
Das Magazin, nach eigener Aussage unterhalb des Titellogos eine "einmalige Ausgabe 2011", kommt extrem hochwertig daher; eigentlich fühlt es sich mit seinem sehr dicken Hochglanz-Papier schon eher an wie ein sogenanntes "Bookazine". Der Preis von 6,90 Euro unterstreicht diesen Premium-Anspruch noch. Dass sich die Themen "Freundschaft" und "Facebook" als roter Faden durch die Ausgabe ziehen würden, stand schon früh fest – immerhin wurde das Konzept zu großen Teilen mit Hilfe der eigens gegründeten Facebook-Gruppe "Wir machen Max" auf die Beine gestellt. Neu ist das zwar nicht – Gruner + Jahrs "Neon" lässt sich schon lange von seiner Community inspirieren – doch in dieser Konsequenz hat ein solches Experiment wohl noch kein Großverlag gewagt.
Was die Redaktion, der inklusive dieser Community 1682 Menschen angehörten (so schreiben zumindest die Blattmacher rund um Alexander Böker und Oliver Wurm im Editorial), an Ideen geliefert hat, macht in weiten Teilen auch durchaus Spaß. Opulente Fotos sind, wie in den frühen Zeiten der Dirk-Manthey-Milchstrassen-Erfindung, ein wesentlicher Bestandteil – und die Redaktion hat auch witzige Drehs geschafft, nicht einfach nur schöne Bilder abzudrucken: So werden etwa Schwarzweiß-Fotos gezeigt, die ZDF-Moderator Markus Lanz mit seiner Leica von seinen prominenten Talk-Gästen gemacht hat. Immerhin private Porträtfotos von Talkgästen wie Karl Lagerfeld, Hape Kerkeling oder Rainer Langhans.
Auch inhaltlich bietet "Max" eine bunte Mischung. Da reihen sich dann Szenen aus und um die Berliner U-Bahn-Linie acht an den Beitrag über das jüngste Projekt eines Künstler-Paares, ein professioneller Gag-Autor gibt Auskunft darüber, ob Menschen auf Facebook lustiger sind als im echten Leben (Antwort: "Die Lustigen sind auch auf Facebook lustig"), und den verschiedenen Facetten von Freundschaft ist gleich ein ganzes Dossier gewidmet. Eine schräge chinesische Künstlerin wird entsprechend bebildert. Ein Essay zum Wutbürger liefert der omnipräsente Hajo Schumacher - immerhin auch Ex-"Max"-Chefredakteur. Leichtbekleidete finden sich dann doch noch – erst in Form von gut gebauten Mädels in der Bilderstrecke "For Your Eyes Only" und weiter hinten mit Lebensmitteln in erotischer Anmutung (die Tomate mit dem Nippel....). Wenn nicht Bilder und Layout für Abwechslung sorgen, tut es die Farbe des Papieres. Alles in allem erinnern Mischung und Aufmachung der Artikel an eine sehr dicke Ausgabe des "SZ Magazins".
Gelegentlich ist das Layout allerdings gewöhnungsbedürftig: Das Gespräch der beiden Rapper Sido und B-Tight ist beispielsweise aufgrund kleiner Schriftgrößen und fehlender Leerzeilen etwas bei der Lektüre etwas ermüdend. Was außerdem schade ist: Auf dem Cover wird rechts unten intensiv auf ein 34-Seiten-Special hingewiesen, in dem der neue VW Beetle groß präsentiert wird – und auf der Rückseite der "Max" im Cover-Look des One-Shots daherkommt (zu finden in der Bildergalerie). Nun war die Partnerschaft mit dem Autobauer sicher ein wichtiges Element bei der Finanzierung des Projekts und die Idee, das Ganze als Bildergeschichte zu verpacken, wenigstens einfallsreich. Die Ankündigung hätte man sich aber vielleicht doch schenken sollen – denn so wird die im Großen und Ganzen gelungene "Max"-Ausgabe recht nah an ein Kundenmagazin oder gar einen Werbekatalog gerückt. Und das hat weder der Titel noch dessen Macher verdient.
Fazit: In dieser Machart könnte man sich das Revival der Zeitschrift durchaus in häufigerer Frequenz vorstellen. Ob man bei Burda zu dieser sicher nicht kleinen Investition bereit wäre, muss sich zeigen. Wenn die Verkaufszahlen und die allgemeine Resonanz stimmen, sollte der Verlag das Wagnis eingehen.
Das monatliche Magazin vom Hamburger Verlag Milchstrasse - 2004 von Burda übernommen - hatte 1991 mit einem besonderen Format und Tiefdruckverfahren, opulenten Bilderstrecken und seiner an Werbeästhetik erinnernden Gestaltung für Aufsehen auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt gesorgt. Doch sinkende Auflagen zwangen zu Änderungen, das Heft wurde dem Illustrierten-Standard angepasst. Im Januar 2008 entschied Burda das Aus für das "Magazin für Popkultur und Style". Im Internet gibt es die Marke "Max" jedoch weiterhin. Dort ist auch eine "Miniseite" eingerichtet, um "Max" zusätzlich online bestellen zu können.
mp/ps