Social-Media-Experiment:
#Thomallagate und der kalkulierte Shitstorm
Stern.de-Koluminst Micky Beisenherz und Moderatorin Sophia Thomalla provozieren im Netz. Das Ergebnis des Experiments: heftige Hass-Posts - und neue Freunde von rechts.
Am Freitag bracht er los, der Fäkalsturm: Moderatorin Sophia Thomalla solidarisierte sich bei Twitter zuerst mit Donald Trump "Amerika ist wie ich: "Lieber nen richtigen Kerl als ne Omma, die man pflegen muss. #TeamTrump" - und wandte sich anschließend gegen Flüchtlinge. "Kleine Titten sind wie Flüchtlinge: Sie sind nun mal da, aber eigentlich will man sie nicht." (beide Beiträge inzwischen gelöscht)
Ist das wirklich die "Meinung" von Sophia #Thomalla ? pic.twitter.com/PDmlhQKdKx
— Hubinho (@Hubinho23) 30. September 2016
Nun ist man von Thomalla gewohnt, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt und auch nicht allzu großen Wert darauf legt, politisch korrekt zu sein, die kein Problem damit hat, auch mal anzuecken. Erst wenige Tage vor dem Titten-Tweet provozierte sie damit, dass Frauen nicht mehr als 70 Kilogramm wiegen sollten (als Kommentar zu "Curvy Supermodel" bei RTL II).
Aber mit den beiden Beiträgen, vor allem mit dem Titten-Flüchtlings-Post, löste sie einen Shitstorm aus. Und eine Welle der Solidarisierung. Die Emotionen bei Twitter und Facebook gerieten in Null Komma nichts in Wallung. Und Thomalla war (nicht live) derweil im Abendprogramm von RTL zu sehen ("Dance Dance Dance").
Typen wie @ThomallaSophia machten Begriffe wie "Promi-Schnalle" erst populär.
— Boris Veigel (@monongahelaMD) 30. September 2016
Das allein bezahlt aber nicht die Miete. ergo #thomallagate
Scheiße schreiben, um Publicity zu bekommen und das Badgirl-Image zu erneuern? Leider nein. #ThomallaGate
— Hangry Chinaski (@VegaVoid) 30. September 2016
Zunächst retweetete die Moderatorin noch eine Einladung eines AfD-Sympathisanten, dann erst kam der erste Erklärungsversuch.
Dennoch distanzierte sich rasch der Sender RTL. Es distanzierten sich Joko & Klaas (deren "Shitstorm-Roulette" der Flüchtlings-Post wohlmeinend zugeordnet worden war), Oliver Kalkofe und weitere Promis.
Experiment hin oder her: DAS ist nicht unsere Meinung! #unlustig #DanceDanceDance https://t.co/mGRtyxDXGy
— RTL.de (@RTLde) 30. September 2016
Los, twittert! Show the world the #SchleFaZ is mightier than #Thomalla! Doofe Brüste dürfen niemals siegen! https://t.co/ub2RiYhmUR
— Oliver Kalkofe (@twitkalk) 30. September 2016
das ist sogar uns zu blöd #thomalla
— klaas heufer-umlauf (@damitdasklaas) 30. September 2016
Auch als das "Experiment" geklärt war, hörte die Aufregung nicht auf.
#SchleFaZ So genanntes 'Experiment' geglückt: #Titten #Thomalla #Flüchtlinge - in einen Tweet = #InternetPhänomen #ButWhy? #Auchsogewusst
— Oliver Kalkofe (@twitkalk) 30. September 2016
Ich hoffe inständig, dass sie ganz tief drinnen angemessen erschüttert darüber ist, was für Dreck man ihr zutraut. #thomalla
— Sarah Kuttner (@KuttnerSarah) 30. September 2016
'Ne dass/das-Schwäche kotzt mich ja erst so richtig an. #thomallagate #thomalla https://t.co/zkoEHD1s8J
— Elmar Redemann (@ERedemann) 30. September 2016
Thomalla erklärte das Experiment schließlich bei RTL "Exclusiv". Und Kolumnist Beisenherz offenbarte bei Stern.de, was hinter dem Projekt steckte. Für einen Show-Piloten wollte er Social-Media-Profile übernehmen und stumpfe Thesen posten - in Anlehnung an das "Halli Galli" Shitstrom-Roulette. Gern mit Sophia Thomalla, die hart im Nehmen ist. Um Traffic zu generieren.
Doch: "Wir haben ein Monster erschaffen", schriebt Beisenherz. Besonders übel: Vor allem Thomallas Kritiker greifen tief in die Krawallschachtel und fördern Widerliches zutage: Der Hass, der Thomalla entgegenschlug, reichte bis zu Selbstmordaufforderungen.
Von "Du Hure!!" über "tu deiner mutter den gefallen und erheng dich" bis "Naja ich bin ja auch ein Flüchtling ich könnte dir neue titten kaufen du kakhaufen" ist alles dabei,
berichtet Beisenherz. Der Kolumnist selbstkritisch:
Haben wir "der Gesellschaft den Spiegel vorgehalten"? Haben wir die "Mechanismen von Social Media" in Gang gesetzt und aufgezeigt? War es ein gelungenes "Experiment"? Satire? Bellen hier gar getretene Hunde? Oder waren wir wie kleine Blagen, die zum Zündeln in den Social-Media- Wald gegangen sind und ich die Pfoten verbrannt haben? Die Frage bleibt: sollte bei einem Experiment das Ergebnis nicht überraschend sein?
Nun, überraschend war es dann am Ende wirklich nicht. Und auch die Hass-Beiträge auf Thomallas Facebook-Seite reißen nicht ab. (#Thomallagate auf Facebook)
Immerhin: Einige der 41.000 neuen Facebook-Freunde scheinen ihrer Aufforderung am 2. Oktober via RTL nachgekommen zu sein: Sie bat sie, ihre Seite wieder zu "entliken": Aktuell sind es 40.000.
Thomalla freut sich dennoch "krass" aufs "Dance Dance Dance"-Finale am Freitag. Und auf den Start ihrer neuen Tätowierer-Show bei Sixx am 5. Oktober.