Reichelt-Affäre:
Stern-Chefredakteur fordert den Rücktritt von Döpfner
In einem Kommentar fordert Stern-Chefredakteur Florian Gless Springer-Chef Mathias Döpfner zum Rücktritt von all seinen Ämtern auf - inklusive seiner BDZV-Präsidentschaft. Auch andere Verlage kritisieren Döpfner.
Nach dem Rausschmiss von Julian Reichelt als Chefredakteur bei "Bild" und der Stellungnahme von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner per Video meldet sich jetzt Stern-Chefredakteur Florian Gless zu Wort. Er fordert in einem Kommentar auf der Seite stern.de den Rücktritt des CEOs.
"Mathias Döpfner sollte von allen Posten und Ämtern zurücktreten", schreibt Gless. Als Grund nennt er eine schon etwas ältere, jetzt aber öffentlich gewordene SMS, die Döpfner an den Autor Benjamin von Stuckrad-Barre geschrieben hatte. Darin heißt es "Um […] mal etwas Stimmung in unseren Austausch zu bringen: Lies mal JR Kommentar heute. Das ist nur ein aktuelles Beispiel warum wir besonders genau vorgehen müssen. Er ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland der noch mutig gegen [den] neuen DDR Obrigkeits Staat aufbegehrt. Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden. Da macht sich einer jeden Tag viele mächtige Feinde. Und wir müssen sehr genau unterscheiden woher die Gegnerschaft kommt."
Axel Springer ordnet die Äußerungen Döpfners ein
Axel Springer hatte die Echtheit des Zitats bestätigt, aber immer betont, dass es aus dem Zusammenhang gerissen sei und Ironie oder Übertreibung hier nicht erkenntlich seien. Döpfner halte die Bundesrepublik "selbstverständlich nicht für vergleichbar mit der DDR. Das wäre komplett absurd und sollte für jeden offenkundig sein, der den publizistischen Äußerungen von Döpfner folgt", hieß es am Dienstag vom Springer-Konzern. Zudem gebe es "in privaten Dialogen Mittel der Ironie und bewussten Übertreibung". Ohne Kontext sei eine Bewertung des gemeinten Sinns überhaupt nicht möglich. "Und drittens - und das ist ein Grundsatzthema - sollten private, bilateral ausgetauschte Nachrichten anders als zum Beispiel öffentliche Tweets keinesfalls als quasi-öffentliche Statements interpretiert werden, für die sich der Absender rechtfertigen muss."
Gless lässt das nicht durchgehen. Denn auch wenn er Döpfner in seiner Haltung recht gibt, dass private Nachrichten nicht unbedingt in die Öffentlichkeit gehören, so zeigt er in seinem Kommentar ausführlich, warum die Nachricht kaum aus dem Zusammenhang gerissen sein kann und selbst mit ironischem Unterton dennoch ein "No-Go" ist. Als Konsequenz fordert Gless auch den Rücktritt Döpfners von seinem Amt als Präsident des Zeitungsverlegerverbands BDZV. Denn in dieser Rolle vertritt er die Zeitungsverlage in Deutschland und somit auch alle Journalist:innen, die für sie arbeiten. Döpfner ist seit 2016 der amtierende Präsident des Verbands.
Auch Madsack-Chef Thomas Düffert stellt sich gegen Döpfner
Und auch andere Verlage und Medienmacher melden sich zu Wort. Die Madsack Mediengruppe kritisiert Döpfners Aussagen ebenfalls. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Madsack Mediengruppe, Thomas Düffert, teilte der dpa mit: "Die Madsack Mediengruppe ist mit ihren Zeitungstiteln in Norddeutschland, aber insbesondere auch in vielen ostdeutschen Bundesländern journalistisch stark engagiert. Die aus einem privaten Umfeld heraus nun öffentlich gewordenen Aussagen von Herrn Döpfner sind für alle Journalistinnen und Journalisten der Madsack Mediengruppe und sicherlich auch darüber hinaus eine unangemessene und verfehlte Herabsetzung." Und nach der Einordnung und Relativierung durch den Verlag Axel Springer bleibt er bei seiner Meinung: "Grundsätzlich sollte jedoch auch in privaten Diskussionen kein Zweifel an der Integrität und Unabhängigkeit der Redaktionen der Zeitungsverlage aufkommen, sondern diese gerade gegen derartige Vorwürfe verteidigt werden."
Düfferts Äußerung ist auch deshalb interessant, weil Düffert neben Döpfner im Präsidium de BDZV sitzt und dort Stellvertretender Präsident ist. Wenn sich der BDZV jetzt gegen Döpfner stellt, könnte das schnell Konsequenzen für den Axel-Springer-Manager haben.
Der BDVZ äußert sich nicht
Der BDZV hingegen äußert sich auf Anfragen zur Causa Döpfner nicht: "Herr Döpfner hat seine Aussagen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE getroffen. Der BDZV kommentiert grundsätzlich keine einzelnen Vorgänge unternehmerischer Tätigkeiten von Mitgliedsverlagen", heißt es aus der Kommunikationsabteilung des BDVZ.