Kommentar:
Springer-Funke-Deal: Bilanz mit blauem Auge
Der große Deal endet mit einer gemischten Bilanz und einer Niederlage - meint W&V-Redakteur Thomas Nötting.
Es ist ein verhaltener Schlussakkord in einem Stück, das als ganz große Oper begonnen hatte. Am Donnerstag gaben die Verlagshäuser Springer und Funke mit einer kurzen Pressemitteilung bekannt, wie sie künftig gemeinsam den Vertrieb ihrer Zeitungen und Zeitschriften organisieren wollen.
Dies ist der letzte Akt des Stücks mit dem Titel "Springer-Funke-Deal" – und er mag für den Werbemarkt nicht ganz so spannend gewesen sein wie die vorangegangen Dramen, die sich zwischen dem Bonner Kartellamt und zwei der größten deutschen Medienhäuser abgespielt haben. Er ist aber dennoch wichtig: für die Bewertung des wohl größten Allianz-Vorhabens der jüngeren deutschen Mediengeschichte. Und vor allem für die Protagonisten selbst.
Zeit für eine erste Bilanz des Springer-Funke-Deals. Sie fällt gemischt aus. Von den ursprünglichen ambitionierten Plänen der Alliierten ist auf den ersten Blick nicht allzu viel übrig geblieben. Auf ihrem drei Jahre dauernden Weg haben die Partner einiges einstecken müssen. Und am Ziel sind sie noch nicht.
Der jetzt abgeschlossene Handlungsstrang Vertrieb bedeutet für Axel Springer zudem eine empfindliche Niederlage: Eigentlich wollten beide Verlage in einer gemeinsamen und mehrheitlich von Springer beherrschten Firma ihre gesamten Vertriebsaktivitäten bündeln. Das hätte das Bundeskartellamt aber nicht genehmigt.
So kommt es jetzt zu einer Vertriebs-Allianz light, die W&V bereits vor zwei Jahren prognostiziert hatte (W&V 5/2014): Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb werden getrennt. Die Funke-Tochter MZV vertreibt künftig sämtliche Funke- -Zeitschriften, inklusive der damals von Springer gekauften Titel wie "Bild der Frau" oder "Hörzu". Die neue Springer-Tochter Newspaper Impact organisiert ab 2017 zentral den Vertrieb sämtlicher Zeitungen aus den Häusern Springer und Funke. Aus dem angestrebten Joint-Venture wird nichts.
Für Springer ist das ein Problem. Denn der Verlag hatte nach dem Verkauf seiner Zeitschriften seinen aufwändigen Vertriebsapparat in der Hoffnung auf grünes Licht aus Bonn aufrecht erhalten. Nun bleibt nur der weniger lukrative Zeitungsvertrieb. Für den Partner Funke ist die Vertriebssache dagegen gut ausgegangen. Seine Münchner Tochter MZV wird gestärkt. Und der Verlag hat ein drohendes Problem weniger: Hätte das Kartellamt den ursprünglichen Plan durchgewunken, hätten sich die Funkes mit ihrem MZV-Joint-Venture-Partner Burda irgendwie einigen müssen.
Funke hatte sich sein blaues Auge bereits im ersten Akt des Dramas abgeholt. Diese Wunde war ungleich gravierender: Das Kartellamt zwang die Essener, einige von Springer erworbenen Zeitschriften mit Verlust weiterzuverkaufen.
Ihre beiden wohl wichtigsten Ziele haben die Alliierten dagegen erreicht. Die Idee des Deals wurde mit Abstrichen verwirklicht: Springer trennt sich weitgehend vom Gedruckten, behält nur die Kernmarkten "Bild" und "Welt", und verkauft das Übrige an den Partner Funke. So kann sich Springer ganz auf seinen Digitalisierungskurs konzentrieren, und trotzdem weiter an der Wertschöpfung seiner früheren Titel partizipieren. Von der Zusammenarbeit und den Synergien sollen beide profitieren. Dies ist auch ohne Vertriebs-Joint-Venture möglich, wenngleich schwieriger.
Das Herzstück der Partnerschaft war ohnehin die Allianz in der Werbevermarktung. Diesen Teil des Deals genehmigten die Wettbewerbshüter vor einem Jahr nach langem und zähem Ringen. Doch auch hier gibt es ein Aber: eine Liebesehe war die Verbindung Media Impact nie, eher eine klassische Vernunftehe. Und hier muss sich erst noch erweisen, ob die sehr unterschiedlichen Interessen von Funke und Springer unter einen Hut zu bringen sind – und ob am Ende wirklich beide profitieren.
Das Drama ist also zu Ende. Aber ob es wirklich ein Happy End ist, werden erst die kommenden Monate zeigen.