Glam-o-meter:
So verdient die ehemalige Instyle-Chefin Annette Weber heute ihr Geld
Annette Weber hat sich mit dem Projekt Glam-o-meter selbständig gemacht. Zusammen mit der Frau des L'Osteria-Gründers, Viktoria Rader, betreibt sie einen Hybrid aus Magazin und Blog. Die frühere Burda-Chefredakteurin über ihr Leben ohne Konzernrichtlinien
Die Adresse könnte kaum nobler sein. Eingeschmiegt zwischen dem Bayerischen Hof zur Linken und dem Palais Seinsheim zur Rechten residiert in der Münchner Prannerstraße die Redaktion von Glam-o-meter, Annette Webers neuem Online-Projekt. Die frühere Chefredakteurin von Instyle macht sich inzwischen im Netz einen Namen und hat Anfang Juli zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Viktoria Rader den Hybrid aus Magazin und E-Commerce-Shop gestartet. Kein ganz völlig neues Terrain, denn anderthalb Jahre hat sie für die Shopping-Plattform Stylebop – ehe diese im Frühjahr verkauft wurde – verschiedene Projekt angeschoben. „Das ist die Zukunft des Publishing“, sagt Weber, die parallel einen eigenen Instagram-Account (@nettiweber) betreibt. Nochmal bei null anzufangen, das habe sie gereizt.
Das Netzwerk ist ihr Kapital
Und wer bei null anfängt, ist froh um jede Hilfe. Es ist ein ebenso großes wie belastbares Netzwerk, auf das Weber zurückgreifen kann. Ihren alten Kontakten verdankt sie es, dass Firmen wie Bally oder PR-Agenturen ihre hochpreisigen Kollektionsteile für die Aufnahmen zur Verfügung stellen. Sie wissen, dass Weber und Rader seriös abwickeln. So ein alter Kontakt ist auch Hendrik teNeues, der bei Weber anklopfte um zu fragen, ob sie nicht ihre Fashiongeheimnisse in einem Buch zusammentragen wolle. Sie wollte. "My Stlye" ist soeben erschienen.
Modetrends und Fashionfails stehen auch im Zentrum der Berichterstattung auf Glam-o-meter. Und genau das ist ihr Kapital. Denn Weber war jahrelang eine der mächtigsten Instanzen der deutschen Modewelt und stilistisches Vorbild für ihre Leserinnen. Es sind Stories wie "Die zehn Gebote zum Tragen von Shorts", die ihre Leserinnen begeistern. Jeden Tag hievt das Team, zu dem sich auch die ehemaligen Instyle-Mitstreiterinnen Alex Krüsi, Julia Schygulla, Corinna von Bassewitz und Marianne von Waldenfels immer wieder gesellen, drei neue Posts auf die Seite. „Häppchencontent“ nennt Weber das. Die Userin wolle schließlich nicht mehr einen Monat lang warten, bis auf Papier der neue Trend ins Haus flattere. "Ich will meinen Lesern jeden Tag was Neues anbieten. Eine schicke Anregung, was zum Schmunzeln, zum Träumen oder zum Nachdenken."
Von der Angestellten zur Unternehmerin
Ihr Büro auf der fünften Etage des Bürgerhauses ist Redaktion, Fotoatelier, Videoset und Konferenzraum in einem. Es gibt keine Dresscodes, keine fixen Arbeitszeiten, keinen festgelegten Rhythmus und vor allem keine Konzernrichtlinien. Die wären ihr und Rader, die eine große Instagram-Followerschaft (@vikyandthekid) hat und mit dem L’Osteria Gründer Klaus Rader verheiratet ist, nur hinderlich. Bei Glam-o-meter macht jeder alles. Auch Annette Weber, die sich in ihrem früheren Berufsleben von drei Assistentinnen umsorgt wusste. "Heute bringe ich meine Briefe und Päckchen selber zur Post", sagt Weber und lacht.
Ihr jetziges Berufsleben unterscheidet sich extrem von ihrer Zeit bei Hubert Burda Media, wo sie über 20 Jahre verbracht hat – auch in Sachen Finanzen. Früher gingen die Ausgaben zulasten der Kostenstelle, heute belasten sie ihr eigenes Konto. Fragen wie: "Muss die Taxifahrt sein, geht nicht auch öffentlich? Braucht es tatsächlich ein Flugticket oder reicht auch der Zug?", gehören nun zum Business-Alltag von Annette Weber. Für die Instyle-Chefin war es völlig normal, mit einem Mercedes auf der Modewoche in Mailand von Termin zu Termin zu gondeln, als Unternehmerin mietet sie sich nun einen kleinen Fiat 500. Und während sie jahrelang vom Burda-Chauffeur Herrn Schmidt ins Büro kutschiert wurde, nimmt sie heute das Fahrrad.
Blogger-Kooperationen sind das Herzstück
Projekte dieser Art, würde man meinen, gebe es bereits ein paar in der digitalen Welt. Was also ist so anders bei Glam-o-meter? "Ich", sagt Annetter Weber selbstbewusst und meint damit nicht nur ihre Style-Kompetenz, sondern auch ihr journalistisches Können. "Viele Angebote sind weder originär noch originell." Das Blogazine punktet mit selbstproduziertem Content sowie exklusiven Fotos, die Weber an Dritte weiterverkauft. Eine andere Einnahmequelle speist sich aus dem Affiliate Shop auf der Seite, der auf Plattformen wie theresa.com oder zalando.de verlinkt. Zudem haben die beiden Fashionistas Weber und Rader ihre eigene Kollektion entworfen, die kürzlich auf The Mercer angeboten wurde und nach sechs Tagen ausverkauft war. Gutes Geld bringen die Blogger-Kooperation mit Labels wie Longchamp oder Longines. Aber auch Partner aus dem Handel wie Wertheim Village, Breuninger oder Lodenfrey setzen auf kommerzielle Posts bei Glam-o-meter. Für das Münchner Traditionshaus Konen hat Weber kürzlich eine Fashionshow auf die Beine gestellt. Mit dabei: Blogger-Größe Riccardo Simonetti. Die ehemalige Instyle-Chefin hat den Kaufhaus-Event auch selbst moderiert "Man muss sich breiter aufstellen", sagt die frisch gebackene Geschäftsfrau.