
"Stern":
Kujaus gefälschte Hitler-Tagebücher werden Geschichte
Der "Stern" überlässt die gefälschten Hitler-Tagebücher 30 Jahre nach Erscheinen dem Bundesarchiv Koblenz.
Die gefälschten Hitler-Tagebücher, Gau der "Stern"-Historie, werden endgültig Teil der deutschen Geschichte: "Genau 30 Jahre nach der Veröffentlichung der vermeintlichen Weltsensation stellt Gruner + Jahr die Kujau-Kladden dem Bundesarchiv zur Verfügung", teilt der Hamburger Verlag am Dienstag mit. Das Magazin übergebe die gefälschten Hitler-Tagebücher anlässlich des 30. Jahrestages dem Bundesarchiv Koblenz. 30 Jahre seien die Frist, nach der staatliche Akten normalerweise für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden, heißt es zur Begründung. Dem wolle auch der "Stern" Rechnung tragen. Pikant: Das Bundesarchiv in Koblenz hatte vor 30 Jahren - wie auch das Bundeskriminalamt - die Fälschung festgestellt.
Dominik Wichmann, heute "Stern"-Chefredakteur und vor 30 Jahren Schuljunge, sagt: "Die gefälschten Tagebücher sind ein Teil der Geschichte des ‚Stern‘. Wir wollen das nicht wegdrücken, sondern damit angemessen und vor allem sachlich umgehen. Daher haben wir entschieden, die Kladden nach 30 Jahren ins Bundesarchiv zu geben." Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs fügt hinzu: "Die gefälschten Hitler-Tagebücher sind Dokumente der Zeitgeschichte. Sie sind im Bundesarchiv bestens aufgehoben."
Mit dem Geschenk ans Bundesarchiv geht Ex-"Stern"-Starreporter Gerd Heidemann leer aus: Der damals 51-Jährige veröffentlichte Ende April 1983 unter großem Hallo die 62 Kladden, hinter denen der Fälscher Konrad Kujau steckte. Nachdem sich die Tagebücher nur wenige Tage später nicht als Weltsensation, sondern als geschickte Fälschung entpuppten, landete das Kujau-Werk im Giftschrank der "Stern"-Mutter Gruner + Jahr. Und dort blieben sie lange. Einige Exemplare wurden im Bonner Haus der Geschichte ausgestellt, das neue Polizeimuseum Hamburg soll auch ein "Hitler-Tagebuch" bekommen. Der mittlerweile 81-Jährige Heidemann forderte vor einigen Wochen die Original-Fälschungen zurück. Er berief sich dabei allerdings auf einen Passus im bereits 1981 geschlossenen Vertrag mit dem Verlag, als das Haus noch von der Echtheit der Werke überzeugt war. Dennoch dürfte Heidemann zufrieden mit der jetzigen Lösung sein: Auch er wollte die Bände dem Bundesarchiv zur Verfügung stellen.