
Japan-Krise: Exodus der Reporter
Deutsche Medien schützen ihre Mitarbeiter vor dem Atom-GAU. ARD, RTL & Co. lassen Reporter ausfliegen oder verlagern sie in andere Landesteile Japans. Eine Zusammenschau aus Pressemitteilungen und einer "dpa"-Umfrage.
Aus Sorge vor einer nuklearen Katastrophe im Erdbeben gebeutelten Japan reagieren die deutschen Medien. Sie haben bereits Korrespondenten aus der von radioaktiver Strahlung bedrohten Hauptstadt Tokio abgezogen. Andere bereiten Evakuierungsszenarien vor, wie die Nachrichtenagentur "dpa" bei einer Umfrage unter Kollegen ermittelt hat.
Es gilt, weiterhin aus erster Hand und nächster Nähe zu berichten, aber zugleich die Mitarbeiter nicht zu gefährden. Laut dem zuständigen NDR sind die Hörfunkkorrespondenten der ARD bereits von Tokio ins etwa 500 Kilometer südlich gelegene Osaka gereist. Auch der Fernsehstudioleiter Philipp Abresch sei mit einem Teil seiner Crew dort. Die eigens angereiste Peking-Korrespondentin Ariane Reimers ist demnach mit einem Team im Nordosten der Hauptinsel Hokkaido unterwegs. Laut NDR halten sich derzeit nur noch Südostasien-Korrespondent Robert Hetkämper und einige wenige Mitarbeiter in Tokio auf. Bei einer Zuspitzung der Lage "wäre auch die Möglichkeit, das Land vorübergehend komplett zu verlassen, eine Handlungsoption", so der NDR.
Für den privaten Nachrichtensender N24 ist derzeit Christoph Wanner in Tokio. Er ist eigentlich in Moskau stationiert, hat sich aber bereits bei der Berichterstattung über die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 bewährt. Für ihn sei immer ein Flug reserviert, er könne aber auch den Schnellzug nach Osaka nehmen, so der Sender gegenüber "dpa". Demnach überlegt dieses Team derzeit stündlich, ob Wanner in Japan bleibe oder nach Hause fliege.
Die RTL-Gruppe hat noch zwei Journalisten in Japan. Am Montag sind laut einer n-tv-Sprecherin bereits zwei Mitarbeiter außer Landes geflogen worden. Von den beiden in Japan verbliebenen Reportern ist einer bereits von Tokio nach Osaka gereist. Ein anderer sollte sich im Laufe des Dienstags ebenfalls auf den Weg nach Osaka machen. Auch hier stehen gebuchte Flüge zur Verfügung, sollte sich die Lage weiter zuspitzen.
"Spiegel"-Korrespondent Wieland Wagner hält sich südlich von Tokio auf. Er wird so lange nicht in die Hauptstadt zurückkehren, wie die atomare Wolke die Hauptstadt bedrohe, so das Ergebnis der "dpa"-Umfrage. Es werde versucht, für den Reporter ständig eine Heimflugmöglichkeit zu reservieren. Der "Spiegel" hat schon mehrere Mitarbeiter aus Tokio abgezogen.
Konkurrent "Focus" hat mittlerweile keine Mitarbeiter mehr in Japan. "Wir haben eine ständige Korrespondenz im Großraum Tokio, unsere Korrespondentin ist aber schon in den vergangenen Tagen mit ihrer Familie nach Deutschland gereist - auch um ihre zwei kleinen Kinder zu schützen", sagt ein Sprecher in München. Die mit einem Japaner verheiratete Deutsche habe gute Kontakte nach Japan und arbeite jetzt von Deutschland aus. Auch ein Reporter, den das Magazin zusätzlich nach Japan geschickt hatte, ist gerade wieder nach Deutschland zurückgekehrt. "Wir haben ihn zurückgeholt", so der Stand bei "Focus". "Da geht die Sicherheit vor."
Auch die Nachrichtenagentur "dpa" selbst reagiert auf die wachsende Bedrohung: Ein Reporterteam, das sich noch bis Dienstagmittag (Ortszeit) im Norden nahe der nuklearen Krisenzone aufgehalten hat, ist aus dieser besonders gefährdeten Gegend abgezogen. Es soll schnellstmöglich nach Deutschland ausgeflogen werden. Ein anderes Korrespondententeam ist vom dpa-Büro Tokio in den Süden des Landes verlegt worden.