Auswertung von Echobot Media:
Gleichberechtigung in Medien: Fehlanzeige
Wie oft kommen Männer und Frauen in der Berichterstattung großer Medienportale vor? Das hat das Analyse-Startup Echobot Media Technologies untersucht.
Das Ergebnis ist ernüchternd: Es steht 81:19 für die Männer in der Berichterstattung. Zu diesem Schluss kommt Echobot Media Technologies. Die Firma hat sich auf Datenanlaysen spezialisiert und bezüglich der Frauenquote im September und Oktober veröffentlichte Artikel der Portale von Spiegel, Zeit, Focus und Taz untersucht*.
Vorab: Die Quote weiblicher Führungskräfte (Herausgeber bis stellvertretende Ressortleiter) in den genannten Medienhäusern ist teilweise gestiegen. Sie beträgt (Stand: Juni 2017/Pro Quote) beim Spiegel knapp 35 Prozent, bei der Zeit gut 36 Prozent, beim Focus 23 Prozent; bei der Taz ist seit längerem beinah jede zweite Führungskraft eine Frau. Bei der ersten Messung 2012 gab es beim Spiegel 6 Prozent, beim Focus knapp 17, bei der Zeit knapp 22 Prozent weibliche Führungskräfte.
Was die Onlineredaktionen angeht, ist das Bild ähnlich: Im Juni 2017 besetzten bei Spiegel Online Frauen jede dritte Führungsposition in der Redaktion (2015: 23,5%), bei der Zeit Online sogar fast 36 Prozent (wie schon 2015), bei Focus Online 26 Prozent (2015: 15,4%). Statista beziffert den Führungsanteil von Frauen in Verlagen (2016) mit 24,6 Prozent.
Worauf der leicht steigende Frauenanteil offenbar kaum auswirkt, ist die Dominanz von Männern in der Berichterstattung: Die Artikel handeln zum überwiegenden Teil von Männern, zeigt die Echobot-Analyse von Thomas Wagener.
Es geht um Männer
Und das nicht von ungefähr: In Führungspositionen deutscher Unternehmen dominieren Männer mit gut 70 Prozent (DIW 2015**). Das entspricht in etwa ihrem Anteil an der Berichterstattung der genannten Medienportale (81 Prozent).
Nach Medien aufgeschlüsselt, sinkt der Anteil in Medien mit wenigen weiblichen Führungskräften: So zählt Echobot bei Focus Online 16 Prozent Erwähnungen von Frauen, während es bei der Taz etwa 25 Prozent sind.
Die Vornamen, die am meisten genannt werden, sind klar von der Politik beherrscht. Donald und Angela führen die Listen an. Betrachtet man aber die geschlechterübergreifende Top 10, findet sich Angela dort als einzige weibliche Vertreterin auf dem vierten Platz. Die restlichen neun Plätze belegen die Männer.
Echobot hat sich dazu bei Spiegel Online die einzelnen Ressorts angesehen - und stellt fest, die Dominanz der Männer zieht sich durch. Einzige Ausnahme ist der Bereich "Leben und Lernen", in dem eine genau ausgeglichenen Verteilung vorliegt. "Bekannte Rollenklischees werden hier auch nur zum Teil und mit deutlich männlicher Dominanz bedient – wie Sport (95% männlich), Kultur (72% männlich) oder Gesundheit (54% männlich)", resümieren die Analysten.
Politik? Trotz weiblichen Bundeskanzlers Männersache
Das Ressort Politik wurde bei Spiegel, Focus und Zeit einer Extra-Untersuchung unterzogen. Trotz Kanzlerin dreht sich mit 78 Prozent der Erwähnungen auch hier die Berichterstattung mehrheitlich um Männer. Nimmt man jeweils die Top 3 der häufigsten Namen aus der Wertung, kommen die Frauen noch schlechter weg. Dann ergibt sich sogar eine Verteilung von 83 Prozent zu 17 Prozent. Das mag daran liegen, dass allein jeder vierte gezählte weibliche Vorname der von Angela Merkel ist. Ohne Kanzlerinnen-Bonus verdüstert sich also die Lage.
*) Echobot Media Technologies analysierte alle im Zeitraum vom 11. September bis 11. Oktober veröffentlichten Artikel der Nachrichtenportale Spiegel, Focus, TAZ und Zeit - mehr als 20.000. Sie wurden mit einer Liste männlicher und weiblicher Vornamen abgeglichen und die Nennungen aufsummiert.
**) Das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin) räumt aber ein, dass mit steigender Verantwortung der Frauenanteil sinkt; so lag er bei 214 Führungskräften mit "umfassenden Aufgaben" bei 47, also nur mehr 21 Prozent. Unter den Angestellten in der Privatwirtschaft überwiegen die Frauen mit 52 Prozent. Die Gehaltslücke lag 2015 bei VollzeitFührungskräften bei 23 Prozent.