Job-Abbau bei Burda News:
"Focus" schließt Standort München
Burdas Nachrichtenmagazin arbeitet ab Mai komplett aus Berlin. Die Redaktionsstruktur wird überarbeitet, Jobs fallen weg.
Natürlich klingt das dramatisch, für mindestens neun Mitarbeiter ist es das ja auch, denn sie verlieren ihren Job in München oder Düsseldorf. Da gibt es nichts schön zu reden, entsprechend tief greifen "Focus"-Chefredakteur Robert Schneider und Burda-News-Geschäftsführer Burkhard Graßmann in die Tut-uns-Leid-Wortkiste. "Das schmerzt die betroffenen Mitarbeiter – und die gesamte Redaktion", sagt etwa Schneider, von "aufrichtig leid" spricht Graßmann. Im persönlichen Gespräch mit W&V merkt man Robert Schneider auch an, dass ihm diese Entscheidung nicht leicht fällt.
Bei allem Verdruss muss man aber auch zugeben: "Focus" muss endlich etwas tun, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Klar, in den goldenen Jahren 1998 bis 2008 lag die verkaufte Auflage noch zwischen 700.000 und 800.000 Exemplaren, bei deutlich über 300.000 Abonnenten. In der letzten IVW wurden nur noch 480.339 verkaufte Hefte bei 180.023 Abonnenten gemeldet. Leider ist es auch Schneider bislang nicht gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen. Kleiner Trost: Lediglich bei den Abos konnte das Magazin ganz leicht, um ein Prozent, im Vorjahresvergleich zulegen.
Verjüngungskur fürs Blatt
Jedenfalls arbeitet Schneider kräftig am Heft und hat ihm eine Verjüngungskur verordnet sowie namhafte Journalisten neu eingestellt, darunter Jörg Harlan Rohleder von "Interview" oder Jan Wolf Schäfer von "Bild". Und doch reicht das noch lange nicht. Bei "Focus" muss weiter kräftig aufgeräumt werden. Auch wenn die Marke laut Burkhard Graßmann, der den Titel seit sechs Jahren verantwortet, nach wie vor profitabel sei. Die Strukturen stammten jedoch in Teilen noch aus der Gründungszeit von "Focus", gibt er zu. "Wir haben uns daher entschieden, proaktiv die Voraussetzungen zu schaffen für ein funktionierendes modernes Nachrichtenmagazin", sagt er.
Aus elf Ressorts werden drei
Wie aber sehen diese Voraussetzungen aus? Zunächst einmal: "Focus" wird ein echtes Berliner Kindl. "Von dort aus recherchiert, schreibt, plant und baut die Redaktion das komplette Heft", sagt Schneider. Er beschreibt gegenüber W&V detailliert, wie die Mitarbeiter aus Redaktion und Layout miteinander umgehen, das Heft konzipieren, oft auch in Teams Geschichten verfolgen. 'Focus' wird thematisch und optisch viel breiter", sagt er.
So soll das "Ressort-Wirrwarr", wie es Schneider nennt, schon ab Mai abgeschafft werden. Aus ehemals elf Ressorts entstehen drei übergreifende: "Politik und Wirtschaft", "Wissen und Gesundheit" und "Kultur und Leben". Das Cover wird schon jetzt geändert, dabei werde die Bildsprache noch plakativer, die Optik damit frischer, luftiger.
Focus setzt weiter auf Nutzwert
"Von seiner DNA wird 'Focus' aber nichts verlieren", sagt er, es bleibe ein gut gemachter Nutzwert-Titel. Gut möglich, dass der "Focus" weiter mit Ärzte-Listen aufwartet.
Im Hause Burda werden all die Schritte mit einer "Modernisierung der Redaktionsstruktur" verkauft. Neun betriebsbedingte Kündigungen wurden heute ausgesprochen. Weiteren Mitarbeitern soll das Angebot unterbreitet werden, gegen Zahlung einer Abfindung freiwillig zu kündigen.
Vier Chefredakteure in fünf Jahren
Bevor Robert Schneider zum 1. März 2016 die Chefredaktion übernahm, gaben sich die obersten Blattmacher binnen kürzester Zeit die Klinke in die Hand. Nach der Ära Helmut Markwort, der seit Gründung von 1993 bis 2010 regierte und Tagebuch führte, folgten Uli Baur, Wolfram Weimer, Jörg Quoos und Ulrich Reitz. Vier Wechsel in fünf Jahren. Große Namen mit der ewigen Hoffnung auf große Wirkung.