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Leadership in warme Worte verpackt

Gleichzeitig hilft Angela Merkel die Situation anhand von Fakten einzuordnen und gibt klare Orientierung. Sie spricht von der "größten Herausforderung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs." Und die sonst durch und durch rational wirkende Physikerin kann auch warmherzige Mutter der Nation sein, bedankt sich für ihre Verhältnisse fast temperamentvoll bei Pflegern und Ärzten und verabschiedet sich mit einem "Passen Sie gut auf sich und Ihre Lieben auf." Wow! Das berührt. Das ist für mich in warme Worte verpacktes Leadership. Die Kanzlerin zeigt Klarheit, Stärke und Empathie.

In der Krise – und das gilt auch für die Welt der CEOs und Kommunikatoren – kommt es darauf an, ungeschminkt die Lage zu beschreiben, dabei Haltung zu bewahren, Einordnung zu geben, die Richtung zu weisen und dabei viel ehrliche Empathie zu zeigen. Funkspruch an alle: Auf der Brücke steht jemand, der oder die dem Sturm ins Auge blickt. Nicht voller Angst, sondern voller Zutrauen. Gemeinsam mit der Besatzung wird das schwankende Schiff durch schwere See am Ende wieder in einen sicheren Hafen einfahren. Ganz bestimmt.

Die Macht der Inszenierung

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist gelernter Journalist und ebenso wie Angela Merkel nicht gerade der Typ Volkstribun, dem die Herzen der Menschen einfach so zufliegen. Aber er denkt mehr als jeder andere Politiker in Deutschland in Geschichten und Bildern. Das kann zwar auch schon mal leicht daneben gehen und für Hohn und Spott sorgen. Im Streit um die Kruzifix-Pflicht in bayerischen Behörden etwa ließ sich der bayerische Ministerpräsident im grellen Licht mit einem Kreuz in der Hand ablichten. Eine Visualisierung, die irgendwie skurril wirkte und nicht nur einen seiner Amtskollegen eher an gruselige Vampirfilme erinnerte.

Abgehakt. Im Krisenmodus punktet Söder instinktsicher. Beispielsweise jüngst beim Besuch des Rewe-Zentrallagers, in dem er sich vor einer zwölf Meter hohen Wand von Klopapierrollen fotografieren ließ. Sub-Botschaft: Der Mann kümmert sich um alles und zwar höchstpersönlich. Auch das ist eine Möglichkeit, um Empathie gepaart mit klarer Fokussierung zu zeigen: Wenn mitten in der größten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausgerechnet die Versorgung mit Klopapier das Aufregerthema Nummer eins für viele Menschen ist, dann kümmert sich der oberste Krisenmanager des Freistaats eben um Toilettenpapier. So viel Pragmatismus kommt an.

Als Leader kann man nicht von allen gemocht werden

Markus Söder demonstriert damit etwas ganz Wichtiges: Er hört sehr genau zu und gibt Antworten auf Fragen – egal wie unsinnig diese auch sein mögen. Gleichzeitig kann man von dem ehrgeizigen fränkischen Politiker noch etwas lernen: Zu echtem Leadership gehört es, nicht um jeden Preis gemocht zu werden. Söder will Chef im Ring sein, er gibt den Takt vor, er treibt an. Er zeigt klare Kante, kann unbequem sein, droht den Bürgern unverhohlen mit einer noch stärkeren Ausgangsbeschränkung. Gleichzeitig – und das ist entscheidend – präsentiert er bereits greifbare Lösungsansätze, während andere noch langatmig das Problem beschreiben.

Gefühlt ist der Chef überall, kein Weg ist ihm zu weit. Einer muss schließlich da sein und er ist da: Genau da, wo er gebraucht wird. Bei so viel Präsenz fragt man sich manchmal, wie oft es diesen Markus Söder eigentlich gibt. In der Krise jedenfalls kommt dieser demonstrativ ungebremste Taten- und Schaffensdrang hervorragend an. Mögen die Herausforderungen noch so groß sein, der Mann hat immer einen Plan. Das schafft Vertrauen bei den nach Orientierung und Sicherheit irrlichternden Bürgerinnen und Bürgern.

Die Medien überschlagen sich geradezu mit Lob für den "energischen Krisenmanager", "den Kümmerer", "den Anti-Viren-Politiker". Merke – auch für die Agentur- und Wirtschaftslenker: Essentiell ist es in schweren Zeiten, einen Plan zu haben, ihn mit klugen Worten und starken Bildern verkaufsfähig zu machen und ihn dann vehement durchzusetzen. Klar. Konsequent. Stark. 

 

Klaus Weise ist zusammen mit Thorsten Hebes Gründer und Geschäftsführer der 2005 gegründeten PR-Agentur Serviceplan PR & Content. Der Kommunikationsexperte unterstützt Unternehmen und Führungspersonen beim Thema PR und Krisen-PR. Weise ist außerdem als Dozent, CEO-Coach und Medientrainer tätig und bloggt über die Auswirkungen des Social Web auf Krisenkommunikation und Veränderungen in der PR.

 

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Autor: W&V Gastautor:in

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