Collaboration-Tools:
Runderneuerte Dropbox macht Slack Konkurrenz
Aus dem simplen Speicherdienst soll ein komplexer Digitalschreibtisch für effizientes Arbeiten im Web werden. Ein Gebiet, in dem sich auch Slack, Google und Microsoft umtun.
Börsenneuling Dropbox will sich zum unverzichtbaren digitalen Schreibtisch im Unternehmen entwickeln. Einst als simpler Speicherdienst in der Cloud gestartet, soll der in San Francisco vorgestellte Service sich zum innovativen Ersatz für teure Office-Pakete mausern (mehr dazu hier im Corporate-Blog). Das Start-up greift damit direkt den Softwareriesen Microsoft, aber auch den Internet-Konzern Google an.
Nach dem Versprechen der Dropbox-Manager soll künftig nicht mehr der halbe Arbeitstag damit verloren gehen, benötigte Dateien, Excel-Tabellen oder Präsentationen und Informationen in irgendwelchen Archiven oder Ordnern in Cloudspeichern, auf Festplatten oder SD-Karten zu finden, diese mit richtigen Empfängern per E-Mail, Messenger oder Chatdienst zu teilen und dann zu kontrollieren, ob die Arbeiten auch erledigt worden sind.
Gleichzeitig will Dropbox dabei helfen, die verschiedenen Kommunikationswege im Auge zu behalten, damit man nicht gerade etwas wichtiges versäumt, wenn der Chef etwas per Slack geteilt oder per Skype angewiesen hat. "Die Überflutung mit Cloud-Dateien und verschiedensten Arbeits-Apps kann dazu führen, dass die tägliche Arbeit heute zuweilen anmutet wie der Versuch, nicht unterzugehen", fasst IDC-Analyst Marci Maddox, den Alltag vieler Büroarbeiter zusammen.
"Arbeit ist immer weiter verstreut", sagt auch Drew Houston, CEO und Mitgründer von Dropbox. "Wir arbeiten mit Apps, die nicht miteinander kommunizieren." Mit rund 35 Apps pro Tag jongliere ein Angestellter oder Digitalarbeiter heute pro Tag, so eine Studie. Hier kommt der neue Sammel-Desktop ins Spiel. Integriert sind etwa der Messenger Slack und der Videokonferenzdienst Zoom, beide können mit wenigen Klicks aktiviert und automatisch mit den Personen im Kontaktverzeichnis genutzt werden.
Dropbox hat auch mit dem Projektmanagement-Start-up Atlassian eine Zusammenarbeit vereinbart, die in wenigen Monaten stehen soll. Dann lassen sich aus Dropbox heraus komplexe Projekte von der Pike auf planen, anlegen, ausführen und überwachen. Vollständig überarbeitet wird die Desktop-App von Dropbox, die derzeit in einer Vorabversion heruntergeladen werden kann.
Das sind die wichtigsten Neuerungen
In Ordnern zusammengefasste Dateien lassen sich jetzt besonders gut sichtbar anheften, damit wichtige Informationen sofort gesehen werden. Kommentare in einer Word-Datei erscheinen am "Schreibtischrand", ohne dass die Datei geöffnet werden muss. Im Zweifel kann auch sofort geantwortet werden, ohne die Datei zu öffnen.
So funktioniert die neue Dropbox:
Dropbox versucht mit diesem neuen Ansatz die Flucht aus der Beliebigkeitsfalle: Dropbox steht vor dem Problem, dass die Dienste des Unternehmens auf Plattformen aufbauen, die nicht von Dropbox selbst kontrolliert werden können. Das Speichern der Daten in der Cloud basiert auf der Infrastruktur von Microsoft, Google oder Amazon. Das Speichern in der Cloud ist für die großen Konzern aber nur ein kleines Feature unter vielen. Die jungen Start-ups wie Dropbox oder Box.com spielen hier ein Spiel, dass sie gegen die Goliaths der Branche niemals gewinnen können.
Deshalb versuchen sie sich mit so viel Eigenleistung wie möglich abzusetzen. Box.com spezialisiert sich etwa auf künstliche Intelligenz und Maschinenlernen, mit denen sie die unendlichen Datenbestände ihrer Kunden wertvoller und brauchbarer und sich selbst damit unersetzlich machen wollen.
Dropbox will sich jetzt als unverzichtbarer Integrator zwischen unzähligen Basis-Apps und Endkunde im Berufsalltag ins Spiel bringen.
Das ist nicht ungefährlich. Im Endeffekt legt sich das junge Unternehmen schlicht mit Google Docs an, obwohl es nun in Dropbox integriert ist. Außerdem tritt Dropbox gegen Microsoft und sein neu konzipiertes Office 365 einschließlich des Chatdienstes "Teams an, oder gegen Plattformen wie die des Vertriebsgiganten Salesforce.
Dropbox-Manager Houston steht vor einer großen Herausforderung: Sein Unternehmen muss einen nachhaltigen Weg für Wachstum und Profitabilität finden. Im ersten Quartal 2019 lag der Nettoverlust trotz hohen Wachstums noch immer bei 7,7 Millionen Dollar. Der Aktienkurs hat eine wilde Achterbahnfahrt hinter sich und ist nach kurzem Höhenflug wieder praktisch auf dem Stand der Erstnotierung angekommen. Eine feste Verankerung im Unternehmensbereich wäre ein Garant für steigende Umsätze - wenn kostenlose Dropbox-Accounts zunehmend in bezahlte Geschäftskonten umgewandelt werden.
Axel Postinett, dpa