Bei der Berliner Polizei gibt es seit 2015 ein Social-Media-Team. Die Amtsstube unterscheidet sich kaum von anderen. Schreibtische mit Computern, eine Zimmerpflanze, ein altes Sofa als Sitzgelegenheit. "Wir berichten über Einsätze, machen Präventionsarbeit und veröffentlichen Fahndungsaufrufe und helfen bei der Nachwuchssuche", erklärt Leiterin Yvonne Tamborini die Aufgaben. Sechs ausgebildete Polizisten gehören zur Truppe.

Verfahren wegen Hassbeiträgen

Ermittlungsarbeit macht das Team dagegen nicht. Fälle wie den Bachmann-Tweet gibt es an den Staatsschutz weiter. Im Jahr 2016 leitete der Berliner Staatsschutz nach Polizeiangaben 179 Verfahren wegen Hassbeiträgen ein - unter diese Kategorie fällt auch der Bachmann-Post. 2017 waren es bis September 149.

Die Berliner Polizei ist auf Twitter, Facebook und Snapchat präsent. Noch in diesem Jahr soll ein Instagram-Kanal folgen. Mit der 24-Stunden-Kampagne #24hPolizei twittern sie regelmäßig über alle Einsätze an einem Tag.

Als eine der ersten war die Polizei in Niedersachsen im Netz unterwegs. 2016 bekamen die Beamten der bayerischen Polizei in München viel Anerkennung für ihre Arbeit in den sozialen Netzwerken während des Amoklaufs in einem Einkaufszentrum.

Das Besondere an der Öffentlichkeitsarbeit im Netz sei, dass sie immer "feedbackbar" ist, sagt Tamborini. Die Nutzer könnten jede Veröffentlichung gleich kommentieren. Auf ihre Reaktion zum Bachmann-Tweet bekam die Polizei zum Beispiel 4391 Kommentare. Dann tippt sich das sechsköpfige Team die Finger wund. Sie versuchen, auf so viele Kommentare wie möglich zu antworten. "Wenn du schweigst, bleiben negative Kommentare einfach stehen", sagt Tamborini.

Große Freiheiten für Social-Media-Teams

Die Polizei stellt das vor Herausforderungen. Die sozialen Medien sind extrem schnell. Um als Behörde zügig reagieren zu können, hat das Social-Media-Team deswegen große Freiheiten. Nur im Einzelfall brauchen sie für einen Tweet das Okay von oben.

Die Gefahr, sich im Ton zu vergreifen oder auch etwas Falsches zu schreiben, sei allerdings immanent, erläutert Tamborini den schmalen Grat. Und manchmal brauchten Kollegen auch eine Pause. "Das tendenziöse, negative Grundrauschen im Netz ist nicht immer leicht zu ertragen", erzählt sie.

Idee: Internetstreife

Präsenz zeigen im Netz: Nach Ansicht des Kriminologen Rüdiger macht die Polizei das noch viel zu wenig. "Wir brauchen eine höhere Sichtbarkeit der Polizei im Netz", fordert er. Auch einzelne Polizisten sollen in sozialen Netzwerken dienstliche Accounts haben, so seine Idee. Nur dann könne die Polizei Grenzüberschreitungen im Netz Einhalt gebieten. Gut findet er auch die Idee einer Internetstreife.

Diese Idee wird in Sachsen-Anhalt schon umgesetzt. Seit Dezember 2017 patrouillieren dort zwölf Beamte im Netz. Sie suchen nach strafbaren Inhalten und sorgen dafür, dass ein Ermittlungsverfahren gegen die Nutzer eingeleitet wird. "Wir wollten nicht nur auf Hinweise reagieren, sondern wie auf der Straße auch im Netz Streife fahren", sagt Andreas von Koß vom Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt. Erste Zahlen zum Erfolg des Projekts gibt es noch nicht.

Datenschutzrechtliche Bedenken gegen eine Internet-Streife in dieser Form gebe es dabei nicht, sagt Thomas Petri, Datenschutzbeauftragter in Bayern. "Wenn jemand seine Aussagen in sozialen Netzwerken öffentlich stellt, muss er damit rechnen, dass die Polizei sie zur Kenntnis nimmt." In strafrechtlich relevanten Fällen müssten Nutzer dann eben auch mit Konsequenzen rechnen. (dpa)


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Autor: W&V Redaktion

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