
Standort-Suche:
So bizarr buhlen Städte um Amazon
Mit teilweise bizarren Aktionen bewerben sich Städte um das zweite Amazon-Hauptquartier. Eine Gemeinde versuchte den Konzern mit einem Kaktus zu überzeugen.

Foto: Amazon
Das Versprechen von Jeff Bezos klingt einfach gut: "Amazons zweites Hauptquartier wird Milliarden an Investitionen und Zehntausende hochbezahlter Jobs bringen". Mit diesen Worten eröffnete der Chef des Internethändlers im September die Suche nach dem Standort für eine zweite Konzernzentrale in Nordamerika. Die Bewerbungsfrist endet an diesem Donnerstag. In den vergangenen Wochen haben die Oberen diverser US-Städte sich mächtig ins Zeug gelegt, um Bezos von sich zu überzeugen - mit zum Teil skurrilen Aktionen.
Aus Tucson (Arizona) erreichte den Konzern etwa ein über sechs Meter hoher Saguaro-Kaktus. "Wir wollten uns damit die Aufmerksamkeit von Mr. Bezos und seinem Team sichern und die Botschaft senden, dass wir Platz für langfristiges Wachstum bieten", sagt Joe Snell von der Wirtschaftsfördergesellschaft Sun Corridor.
Amazon twitterte: Man könne leider die Pflanze nicht annehmen. Das Geschenk reicht das Unternehmen an das Desert Museum in Arizona weiter.
Es ist nicht die einzige außergewöhnliche Initiative. Die Stadt Stonecrest in Georgia bot kurzerhand an, eine riesige Fläche abzutreten, die dann in "City of Amazon" umbenannt würde. Man müsse sich von der Konkurrenz abheben, sagte Stonecrests Bürgermeister Jason Lary dem Sender CNN. "Welche bessere Möglichkeit gibt es, als einem Unternehmen der Größe Amazons seine eigene Stadt zu geben?" Wenige Stunden vor Deadline-Ende gab Lary noch zu Protokoll: Bezos könne sogar Bürgermeister der Amazon-City werden.
Auch in Birmingham, Alabama, legt man sich ins Zeug, um bei Bezos Beachtung zu finden - überdimensionale Amazon-Paketboxen zieren neuerdings die Innenstadt. Der Hashtag zur Aktion: #BringAtoB.
Bei Kansas heißt die Kampagne #KC5stars. Ein Film zeigt den Bürgermeister Sly James mit diversen Amazon-Kartons. Angeblich hat er 1.000 Produkte geordert und verfasst dann 5-Sterne-Rezensionen. Seine Bewertungen kann man auf der Kampagnen-Website nachlesen.
Andere Bürgermeister versuchen, mit Hilfe von Amazons Sprachassistentin Alexa Überzeugungsarbeit zu leisten. Auf die Frage, wo der beste Standort sei, ließen sie den smarten Lautsprecher den jeweiligen Namen ihrer Stadt antworten.
Dass in ganz Nordamerika die roten Teppiche für Amazons "HQ2" (Headquarter2) ausgerollt werden, ist angesichts der großen Verheißungen von Bezos nicht verwunderlich. Mehr als fünf Milliarden Dollar will das Unternehmen in den Bau stecken, mehr als 50.000 Arbeitsplätze schaffen. Zehntausende zusätzliche Jobs und Investments in zweistelliger Milliardenhöhe soll Amazons Präsenz indirekt entstehen lassen.
Ob kleinere Städte mit Kreativbewerbungen ernsthafte Chancen haben, steht angesichts starker Konkurrenz durch Metropolen wie New York, Chicago, Toronto oder Boston zu bezweifeln. Während Basketball-Star Michael Jordan den Cheerleader für North Carolinas Großstadt Charlotte macht, bietet etwa New York seine Wall-Street-Größen als Botschafter auf.
New York zeigt heute auf Twitter, dass die Stadt sich noch auf den letzten Metern ins Zeug legt. Das Empire State Building - in Amazon-Orange getaucht.
Letztlich geht es bei Ausschreibungen wie der von Amazon jedoch vor allem ums Geld. Entscheidend könnte am Ende schlichtweg sein, welcher Gouverneur zu den größten Zugeständnissen in Sachen Steuernachlässe bereit ist. Dass Konzernchefs potenzielle Standorte in einer Art Casting gegeneinander ausspielen, um sich den besten Deal zu sichern, ist in den USA durchaus üblich. Elon Musk hatte es bei der Planung von Teslas riesiger Batteriefabrik "Gigafactory" ähnlich gehandhabt. Zuletzt riefen die japanischen Autoriesen Toyota und Mazda einen solchen Wettbewerb für den Bau eines gemeinsamen US-Werks aus.
Während sich Politiker gerne mit großem öffentlichem Rummel als Jobbeschaffer feiern lassen, sehen Experten die Praxis skeptischer. Häufig werden Investitionen und Arbeitsplätze durch Steuergelder teuer erkauft. Spätestens seitdem herauskam, dass sich der Auftragsfertiger Foxconn ein zehn Milliarden teures Werk im Bundesstaat Wisconsin mit einem Subventionspaket im Wert von drei Milliarden Dollar versüßen ließ, nimmt die Kritik zu. Ein Aktionsbündnis, das Vertreter von 21 Bundesstaaten umfasst, appellierte deshalb bereits an Bezos, das Auswahlverfahren möglichst transparent zu gestalten. (app/dpa)