Pascal Wabnitz, Le Buzz:
Sind virtuelle Influencer der nächste heiße Sch...?
Lil Miquela hat mehr Follower als so mancher andere Influencer, obwohl die Dame komplett am Computer entstanden ist. Sieht so die Influencer-Kommunikation der Zukunft aus? Pascal Wabnitz über Chancen und Risiken.
Lara, Spyro, Crash, Sonic oder Mario. Wer denkt nicht direkt bei dem Klang dieser Namen an schöne Kindheitserinnerungen vor der guten alten Spiele- oder Handheld-Konsole zurück? Mit unseren einstigen Kindheitshelden haben auch folgende Namen etwas gemeinsam: Imma, Shudo, Janky, Bermuda oder Lil Miquela. Ihr fragt euch sicherlich gerade, aus welchen Spielen diese genau stammen? Denn gemein haben die Charaktere nur, dass sie einst am Computer entstanden sind.
Genau dort hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf, da die neuen virtuellen Stars nicht mehr an ein Spiel gebunden sind. Ganz im Gegenteil. Frei von der Gaming-Branche entstehen seit über einem Jahr nämlich immer mehr virtuelle Influencer, die nach und nach nicht nur die Modewelt für sich gewinnen, sondern, neben Erwähnungen in Magazinen wie Vogue, Cosmopolitan und Co., auch immer öfter für namhafte Marken aktiv werden. Das bekannteste Gesicht dieser digitalen Bewegung ist sicherlich Lil Miquela mit ihren ca. 1,6 Millionen Instagram-Followern, die zuletzt für Brands wie Prada, Chanel, Diesel oder Samsung ihre Polygone ins richtige Licht rückte. Der vom Tech-Startup Brud entworfene Influencer zierte sogar zuletzt gemeinsam mit dem amerikanischen Topmodel Bella Hadid (25 Millionen Instagram-Follower) eine Kampagne für Calvin Klein. Kein Wunder also, dass Startups wie Brud nun Millionen-Finanzierungen aus dem Silicon Valley erhalten.
Was fasziniert aber über eine Million Follower an dem virtuellen Influencer? Gegenfrage: Was faszinierte uns damals daran, stundenlang - und das über Wochen oder Monate - die Abenteuer unserer Helden auf der Playstation oder dem Gameboy zu verfolgen? Ganz einfach, es war das Interesse, wissen zu wollen wie es weitergeht sowie ein Teil der Geschichte sein zu wollen. Genau das hat Brud erkannt und schafft für Lil Miquela nicht nur digitale Feinde, die später in Form von Bermuda Freunde und Kollegen werden, sondern auch weitere Charaktere wie Blawko als männlichen Protagonisten.
Auch politische Aussagen sowie das Engagement für die LGTB* Community und Black Lives Matter gehören zum Alltag von Lil Miquela dazu. Alles, um den Followern eine gewisse Authentizität in der sonst künstlichen Welt der virtuellen Stars zu vermitteln.
Ich selbst sehe die Entwicklung zwiespältig, denn Lil Miquela und ihre Freunde unterstützen den Verfall der Authentizität von Influencern, die schon durch einige menschliche Kollegen teils sehr leiden musste. Andererseits ergeben sich aber für Brands ganz neue Möglichkeiten Botschaften zu vermitteln und Botschafter zu schaffen, welche zu 100 Prozent zum Unternehmen passen.
Doch was sagen andere dazu?
Marius Jansen, Managing Director Social Match: "Die Möglichkeiten für Marken, eigene Influencer aufzubauen und der Marke damit eine erweiterte Identität zu geben, ist sicher noch reizvoller als virtuelle Influencer nur als Medium zu nutzen. Es dürfte momentan leicht möglich sein, damit Aufmerksamkeit und Reichweite zu generieren. Die Herausforderung besteht jedoch darin, in hoher Taktung Videocontent für bspw. Instagram Stories zu liefern, der eine relevante und andauernde Geschichte erzählt. Für reale Influencer ist dieser Content Erfolgsfaktor und im Alltag adhoc produzierbar. Für die Macher von virtuellen Influencern sind die Aufwände für Videoproduktion und kreatives Storytelling jedoch noch vergleichsweise hoch."
Alina Ludwig, Strategic Planner bei Denkwerk, Podcasterin (Influence!):
"Influencer Marketing ist nicht zuletzt ein Spiel um Aufmerksamkeit und aktuell garantiert ein virtueller Influencer einem First Mover in Deutschland genau das. Die absolute Kontrolle über Aussehen, Persönlichkeit und Verlässlichkeit des künstlichen Partners zu haben, ist ein zusätzlicher Anreiz, der sicher viele Herzen höher schlagen lässt. Doch der Preis ist hoch, denn die Disziplin wird ihrer größten Stärken beraubt: Mit der derzeit zur Verfügung stehenden Technik sind noch keine engen Bindungen zwischen Mensch und KI denkbar. Und liegt die Magie des Influencer Marketings nicht gerade im Unerwarteten, den harten Kanten und Extravaganzen?"
Fazit:
Auch virtuelle Influencer werden ihren Platz finden, genau wie es schon Petfluencer, Best-Ager-Influencer usw. in ihren Nischen geschafft haben. Wie groß dieser Platz wird, ist abhängig davon, wie die Entwicklung in Sachen KI und AR voranschreiten wird.
Pascal Wabnitz ist Gründer und Geschäftsführer von Le Buzz, einem Ökosystem rund um Influencer Marketing. Hierzu zählt auch das Le Buzz Studio mit Schwerpunkt Content, Social Media und Influencer Marketing, was zuletzt Kunden, wie IC!berlin, Getty Images, VGH Versicherungen usw. gewinnen konnte.
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