Selfie-Studie:
Schönheitsfilter schadet Körperbild
Digitale Bildbearbeitung und Schönheitsfilter von Social Media Apps, wie Snapchat oder Facetune, können die eigene Körperwahrnehmung nachhaltig verfälschen und Nutzer verunsichern. Das geht aus einer aktuellen Studie der Boston University School of Medicine hervor.
Der Autor der Studie, Dr. Neelam Vashi, weist in der Online-Ausgabe des Fachblatts Jama Facial Plastic daraufhin, dass die gefilterten und optimierten Bilder das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und dazu führen können, dass man sich "unzulänglich fühlt, wenn man dem suggerierten Idealbild nicht entspricht." Wurden vor einigen Jahren nur die Bilder von Prominenten auf Hochglanzmagazinen perfektioniert, so sei es nun eben der Klassenkamerad oder Mitarbeiter, der das aufgehübschte Selfie postet. "Diese Apps lassen uns den Bezug zur Realität verlieren."
Tatsächlich kann das laut Forscherteam sogar eine Körperdysmorphe Störung, also eine über die Maßen kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Äußeren, auslösen. Betroffene ziehen sich oftmals zurück, oder entwickeln sogar den Wunsch nach kosmetischer Korrektur.
Plastische Chirurgen identifizierten diesen Trend laut Vashi erstmals in der jährlichen Umfrage der American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery (AAFPRS) im Jahr 2017: Demnach berichten die Chirurgen, dass mittlerweile 55 Prozent ihrer Patienten eine Operation zur Verbesserung ihres Aussehens bei Selfies wünschen, gegenüber 42 Prozent im Jahr 2015. Das Korrigieren einer Nasen- und Gesichtsasymmetrie sei dabei das häufigste Anliegen.
Um die negative Eigenwahrnehmung zu bekämpfen, empfehlen die Forscher den Betroffenen psychotherapeutische Unterstützung, oftmals in Kombination mit Medikamenten.
Der Leiter der Abteilung für Interventionelle Biologische Psychiatrie am Universitätsklinikum Freiburg, Professor Thomas Schläpfer, sagt, dass derartige Störungen der Körperwahrnehmung nicht neu seien. "Durch die gestiegene Nutzung von Handys rückt das Krankheitsbild jedoch mehr in den Fokus."
Eine genaue Zahl der Erkrankungen gebe es nicht, sagte Schläpfer. Die Dunkelziffer sei zudem hoch. "Entweder melden sich die Betroffenen nicht beim Arzt, oder sie laufen unter dem Deckmantel Depression mit." Nur wenige Ärzte kennen Schläpfer zufolge das Krankheitsbild oder diagnostische Kriterien. Handlungsbedarf sieht er deshalb vor allem in der Ärzteausbildung.
"Die Folge der oft fehlenden Kenntnis der Ärzte ist, dass Patienten nicht richtig behandelt werden", sagte Schläpfer. Dabei könne man die Störung gut behandeln, und zwar mit einer Psychotherapie, die oft in Kombination mit Medikamenten eingesetzt wird. Dieses Vorgehen empfehlen auch die Wissenschaftler um Vashi. Eine Schönheitsoperation hingegen könne die Symptome bei einer körperdysmorphen Störung sogar verschlimmern.
(mit dpa)