Digital Media Women:
Sanja Stankovic:"Machen statt schnacken"
Sie will die Frauen in der Digitalwirtschaft sichtbar machen: Sanja Stankovic ist eine der Gründerinnen der Digital Media Women. Im Interview mit W&V-Chefredakteur Jochen Kalka verrät sie, was Sie vom Feminismus hält und warum sie sich oft wie eine Datenbank fühlt.
Sie will die Frauen in der Digitalwirtschaft sichtbar machen: Sanja Stankovic ist eine der Gründerinnen der Digital Media Women. Im Interview mit W&V-Chefredakteur Jochen Kalka verrät sie, was Sie vom Feminismus hält und warum sie sich oft wie eine Datenbank fühlt.
Sie gehören ja zum Gründungsteam der Digital Media Women. Wie ging das Ganze denn los, was war die Idee dahinter?
Die Journalistin Caro Neumann war im Mai 2010 als Bloggerin auf der Next eingeladen und ärgerte sich, dass keine Frauen auf der Bühne waren. Darüber twitterte und bloggte sie, und via Xing wurden die ersten Treffen organisiert. Wir Frauen kannten uns teilweise gar nicht alle, merkten aber, dass wir alle gleich tickten. Wir wollten nicht jammern, sondern diesen Bug einfach beheben. Anfangs haben wir uns in kleinen Kreisen getroffen und dann schnell gestartet, überlegt, dass wir einen Namen brauchen, einen Blog, haben Ziele formuliert ...
Sehen Sie sich als feministische Bewegung im Netz?
Den Begriff Feminismus mag man ja meist nicht nennen, weil er so negativ behaftet ist. Persönlich würde ich mich dennoch als Feministin bezeichnen. Auch wenn man dann immer gleich in eine Schublade gesteckt wird. Unser Netzwerk sehen wir allerdings in erster Linie als berufliches Branchennetzwerk von Frauen für Frauen und mit Männern. Es geht uns darum, die bestehende Kompetenz der Frauen aufzuzeigen. Damit werden wir identifiziert.
Also führen Sie keine Quotendiskussionen.
Wir geben zum Thema Frauenquote keine offiziellen Statements ab. Unsere gut 1000 Mitglieder haben da auch unterschiedliche Meinungen. Ich persönlich habe dazu meine eigene Meinung inzwischen selbst gewechselt und bin nun für die Quote.
Was genau sind denn die Ziele der Digital Media Women?
Wir wollen die realen Kompetenzen sichtbar machen, das heißt, die Frauen der Digitalwirtschaft. Das beginnt bei Online-Journalistinnen, betrifft aber auch Leute, die bei Agenturen arbeiten, Gründerinnen, Entwicklerinnen, Designerinnen. Wir haben da ein wahnsinnig großes Netzwerk mit kompetenten Frauen ...
... mit welcher Intention?
Wir haben mal eine Veranstaltung in Hamburg gemacht, da hatte Xing-Managerin Angela Rittig (Senior Manager Corporate Communications; d. Red.) gesagt: Frauen pflegen ihre Familie und Männer ihre Netzwerke. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Männer netzwerken oft viel strategischer. Frauen gehen eher mit den Menschen essen, die sie nett finden. Unser Netzwerk soll dazu dienen, sich gegenseitig zu unterstützen, so ein Netzwerk zu haben, ist einfach brillant. Ich hätte mich nie selbstständig gemacht, wenn ich mein Netzwerk nicht hätte. Manchmal fühle ich mich wie eine Datenbank, weil ich schon so viele Menschen zusammengebracht habe. Im Mai haben wir eine Speakerinnenliste gestartet – die ist allerdings noch in Beta. Dabei kooperieren wir mit dem Journalistenportal Torial ...
... um auch mehr Frauen auf Podien zu bringen, wo doch viele immer klagen, es gebe für manche Themen keine Frauen.
Von der Aussage, es gebe ja keine Frauen, bin ich sehr gelangweilt. Wir sagen: Machen statt Schnacken. Um Regina Mehler von der Women Speaker Foundation zu zitieren: Wir möchten irgendwann überflüssig sein.
Wie finanzieren sich die Digital Media Women?
Wir arbeiten alle ehrenamtlich, haben anfangs viel privat gezahlt, doch das wird irgendwann teuer. Seit wir ein Verein sind, haben wir einen Förderbeitrag von 24 Euro im Jahr, was keine Hürde, gerade für junge Leute sein soll. Wir denken momentan über weitere Geschäftsmodelle nach, das ist noch nicht spruchreif. Für unsere Themenabende haben wir Sponsoren. Unsere Workshops kosten Eintritt, Fördermitglieder zahlen deutlich weniger. Geldgeber sind herzlich willkommen.
Werbung ist für Sie kein Thema?
Doch, wir wollen jetzt anfangen, Werbeflächen zu verkaufen. Wir verkaufen die aber selbst, gehen nicht über Vermarkter. Gerade in Stellenanzeigen sehen wir eine Chance, denken da auch über Kooperationen nach. Wir wollen uns aber nicht als Feigenblatt nutzen lassen, was bei Kooperationen eine Gefahr sein kann.
Was haben Sie bisher mit DMW erreicht?
Wir sind in Hamburg eine Institution, an der man in der Digitalwirtschaft nicht mehr vorbeikommt. Wir haben in der ganzen Szene und Branche große Aufmerksamkeit erzielt. Unser Erfolg liegt in der Reichweite und in der Sichtbarkeit. Wir kriegen oft panisch Anrufe, dass Veranstalter noch dringend Frauen suchen. Eventler können sich nicht mehr rausreden. Anfangs wurden wir teilweise belächelt. Da waren viele skeptisch. Mittlerweile ist es eine der großartigen Initiativen in Hamburg. Und jetzt erobern wir Deutschland.
Sanja Stankovic hat vor drei Jahren das Netzwerk Digital Media Women mitgegründet. Berufserfahrung sammelte die Expertin für digitale Kommunikation bei der Agentur Nordpol, wo sie zuletzt Mitglied der Geschäftsleitung für den Bereich PR war. Dort entstand unter ihrer Leitung die jüngste Fußball-App von Spiegel Online. Zuvor arbeitete sie bei Segmenta PR und Navigon. Ferner verantwortet sie beim Reeperbahn-Festival den inhaltlichen Aufbau der Digitalkonferenz.