Algorithmus:
Fairtube gegen YouTube: Video-Macher fordern Transparenz ein
Waffen müssen nicht unbedingt für Gewalt stehen - und damit von Werbungtreibenden als unsicheres Umfeld gemieden werden. Mit diesem Anliegen kämpft die IG Metall-Initiative Fairtube gegen die Google-Tochter YouTube.
Brand Safety liegt den Werbungtreibenden am Herzen. Daher bemühen sich Publisher und Portale ihre Umfelder markensicher zu machen - um das Markenimage vor Gewalt, Hetze und Pornographie zu bewahren. YouTube hat dafür zum Beispiel Algorithmen entwickelt, die solche Anbieter außen vor lassen. Doch nicht immer trifft es die richtigen: Das Projekt Fairtube hat der Google-Tochter nun den Kampf angesagt.
Hinter Fairtube stecken die IG Metall und der YouTuber Jörg Sprave. Mit seinem Kanal The Slingshot Channel zeigt der 54-Jährige wie er alle möglichen Gegenstände mit selbstgebastelten Steinschleuder durch die Gegend schießt: Oreo-Kekse, Kondome und Klobürsten bis hin zu Macheten und Kreissägeblätter. Damit wurde er mit 2,3 Millionen Abonennten zu einer YouTube-Sensation.
Menschliche Ansprechpartner statt Algorithmen
Das Problem: Weil Youtube Brand Safety-Algorithmus den Channel in der Kategorie Waffen und damit Gewalt verortet, fehlen nun die Werbegelder als seine wichtigste Einnahmequelle. Das zeigt einmal mehr: In Kalifornien werden von den Großen die Regeln diktiert - und der kleine Mann geht leer aus. Der Schießspezialist steht mit dem Ausfall seiner Einnahmen schließlich nicht alleine da. Bevor er sich an die Gewerkschaft wandte, gründete er die Facebook-Gruppe YouTubers Union und hat darüber gut 24000 Mitglieder aus aller Welt versammelt. Gebracht hat es nichts.
Mit der IG Metall hat sich Sprave nun ein Schwergewicht an die Seite geholt. Wenn die Gewerkschaft ruft, spurt auch Google: Ein Treffen von Vertretern von Fairtube, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und Verdi mit Google ist für den 22. Oktober in Berlin anberaumt. Auf dem Diskussionszettel steht: Transparenz. Fairtube will wissen, wie Videos in bestimmte Kategorien einsortiert werden. Ein Algorithmus allein vertut sich da offenbar. Daher fordert die Initiative menschliche Ansprechpartner.
Verstößt YouTube gegen die DSGVO?
Mit dem Angriff auf YouTube hat Fairtube einen Stein ins Rollen gebracht. In Frage steht auch, ob die Plattform nicht gegen die DSGVO verstößt, weil nicht offen gelegt ist, welche personenbezogenen Daten gesammelt und verarbeitet werden. Auf Basis dieser Daten würde YouTube monetarisieren und empfehlen - ohne Nachvollziehbarkeit für die Ersteller.
Auch eine Scheinselbstständigkeit der Video-Macher ist nicht ausgeschlossen. Wie Arbeitsrechtler Thomas Klebe in Netzpolitik.org erläutert könnten die Youtuber in gewisser Weise von der Plattform als Vertragspartner abhängig sein. "Zum Beispiel arbeiten sie als Partner nach genauen Regeln und Weisungen von YouTube. Sie werden ständig gerated und in ihrer Arbeit kontrolliert. Und schließlich erfolgt die gesamte Akquise, die Kundenverwaltung, die Werbung über YouTube und nicht über den YouTuber", erklärt er.
Zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen zu unterscheiden, falle bei Solo-Selbstständigen, die von zu Hause arbeiten, nun einmal schwer, wie Christiane Benner, dem Spiegel sagt. "In der Plattformökonomie hat sich das Machtgefüge zugunsten der Internetkonzerne verschoben, die ihre eigenen Regeln definieren." Mit der neuen Arbeitswelt entwickle sich nun auch die IG Metall weiter, um - wie Benner sagt - "für alle Beschäftigten gute Arbeit durchzusetzen".