Hans Kary:
Dieser Vermarkter hat keine Lust mehr auf klassische Online-Werbung
Wie ein zorniger Online-Rebell wirkt Hans Kary nicht gerade. Aber der altgediente Anzeigenleiter der "Rhein-Zeitung" wagt etwas, was in vielen Verlagen undenkbar scheint: Er verzichtet komplett auf die nationale Vermarktung des hauseigenen News-Portals Rhein-Zeitung.de und will nervige Werbeformate abschaffen.
Wie ein zorniger Online-Rebell wirkt Hans Kary nicht gerade. Aber der altgediente Anzeigenleiter der "Rhein-Zeitung" in Koblenz wagt etwas, was in vielen Regionalzeitungshäusern (noch) undenkbar ist: Er verzichtet komplett auf die nationale Vermarktung des hauseigenen News-Portals Rhein-Zeitung.de. Die Zusammenarbeit mit dem Online-Vermarkter OMS hat Karys Mittelrhein-Verlag zum 30. Juni gekündigt. Danach übernimmt Kary das Geschäft selbst:
"Wir wollen und werden selbst steuern, welche Kunden in welchen Formaten an welcher Stelle und zu welchen Preisen auf unserer Website werben."
Kary will sich künftig auf die Kunden konzentrieren, mir denen er auch im Print-Bereich zusammenarbeitet: Werbungtreibende aus der Region. Die Werbung auf der Website soll weniger, aber wertiger werden. Man werde die Zahl der Online-Werbeformate "deutlich reduzieren und digitale Werbung .... attraktiver machen", kündigt er an.
Vom klassischen Reichweitenmodell hat sich der Verlag ohnehin schon verabschiedet. Seit 1. Februar verfolgt die "Rhein-Zeitung" eine kompromisslose Paid-Content-Strategie, die Chefredakteur Christian Lindner gerade erst im W&V-Interview erläutert hat. Lindner steht auch hinter dem Ausstieg aus der OMS-Vermarktung:
"Jetzt ist der Weg frei, den Auftritt von Rhein-Zeitung.de völlig neu zu denken und aus dem Würgegriff von Marginalspalte und Wallpaper zu befreien."
Der Online-Werbemarkt kämpft seit Jahren mit einem Überangebot an Content und an Werbeplätzen. Die zunehmende Verbreitung mobiler Devices hat die Situation noch verschärft: Hier haben es die Vermarkter noch schwerer, digitale Werbung an den Mann zu bringen. Gleichzeitig konkurrieren sie mit Big-Data-Riesen wie Google oder Facebook. Adblocker machen ihnen das Leben zusätzlich schwer. Die traditionelle Display-Werbung taugt darum immer weniger zur Refinanzierung komplett reichweitenorientierter Online-Angebote.
Beim Online-Vermarkter OMS gibt man sich gelassen. Die "Rhein-Zeitung" habe nur etwa 0,5 Prozent der Reichweite ausgemacht, ihr Rückzug habe daher "keine signifikante Bedeutung", sagt OMS-Chef Matthias Wahl. Das Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf ist ein Joint Venture deutscher Zeitungsverlage und steht nach dem Gewinn mehrerer neuer Vermarktungsmandate im Agof-Vermarkterranking auf dem 8. Platz. Laut Wahl ist das Jahr 2015 "wirtschaftlich bisher sehr gut verlaufen".