Evan Spiegel:
Das soll sich bei Snapchat ändern
Snap reagiert auf eine Kritik, die so alt ist wie die App Snapchat. Jetzt flaut das Wachstum ab - und Snap-Chef Evan Spiegel zeigt sich einsichtig.
Viele Erwachsene finden Snapchat etwas zu kompliziert. Solange die App allerdings immer mehr Teenager anlockte, galt das sogar als cool. Doch jetzt ändert sich das: Snapchat wird grundlegend umgebaut. Man wolle sie einfacher nutzbar machen, kündigt Mitgründer und Chef der Betreiberfirma Snap, Evan Spiegel, an. Die Hoffnung: So lassen sich mehr ältere Nutzer für Snapchat begeistern.
Der Grund für diesen Sinneswandel: Bei Snap lief das dritte Quartal schlecht. Die Zahl täglich aktiver Nutzer legte nur um drei Prozent auf 178 Millionen zu. Der Quartalsverlust erreichte 443,2 Millionen Dollar nach 124,2 Millionen vor einem Jahr. Der Umsatz stieg zwar um 62 Prozent auf knapp 208 Millionen Dollar - Analysten hatten aber mit fast 30 Millionen Dollar mehr gerechnet. Das bedeutet, das Geschäft mit Werbung kommt nicht so schnell in Schwung wie erhofft. Zuvor hatte sich Spiegel noch überzeugt gezeigt, dass die Anzeigenplattform von Snap der Konkurrenz überlegen sei und man das den Werbekunden nur beibringen müsse.
Nutzer hätten sich oft beschwert, dass Snapchat nur schwer zu verstehen sei, so Spiegel. "Deshalb designen wir die App gerade um, um sie einfacher nutzbar zu machen." Er räumte ein, dass die Veränderungen - zumindest kurzfristig - nicht allen Snapchat-Usern gefallen könnten und unklar sei, wie sie darauf reagierten. "Wir sind bereit, dieses Risiko einzugehen, weil wir glauben, dass das langfristige Vorteile für unser Geschäft bringen wird." Einen Zeitplan für das Redesign nannte Snap nicht.
Bisher waren vor allem die Konkurrenten die Copycats. Doch jetzt scheint sich Snap auch bei den Wettbewerbern zu bedienen. Denn die Reihenfolge der Inhalte in der App soll geändert werden. Aktuell werden sie strikt chronologisch angezeigt, künftig soll Software sie nach vermuteter Relevanz für den Nutzer sortieren können. Diesen Weg gehen bereits auch Facebook und Twitter.
In Nordamerika greifen 77 Millionen User täglich zur App, in Europa stagniert die Zahl bei 57 Millionen. Diese Nutzer sollten eigentlich die Kunden der 130 Dollar bzw. 150 Dollar teure Brille "Spectacles" werden. Bisher ist Snap allerdings auf mehreren hunderttausend nicht verkauften Geräten sitzengeblieben (Abschreibung: 40 Millionen Dollar). Man habe das anfängliche Interesse überbewertet, räumte Snap ein. Dennoch: Das US-Unternehmen will an den "Spectacles" festhalten.
Was der Quartalsbericht noch verriet: Der chinesische Internet-Gigant Tencent nutzt die Kursschwäche für einen Zukauf in großem Stil. Die Firma hinter der in China allgegenwärtigen Messaging-Plattform WeChat erwarb jüngst einen Anteil von rund zwölf Prozent. Die Asiaten kauften demnach knapp 146 Millionen Snap-Aktien an der Börse zusammen. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. (mit dpa)