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Alles digital oder was? Wie der Handel von der Digitalisierung profitiert
Mit "Digital Excellence in Retail" hat Defacto-X eine umfangreiche Trend-Studie über die Zukunft des Handels vorgelegt. Hier sind die Ergebnisse im Überblick.
Jens Cornelsen, Chef der Defacto Digital Research, wollten u .a. wissen, wie sich das Einkaufsverhalten verschiedener Zielgruppen im digitalen Zeitalter entwickelt und wie sich Unternehmen möglichst darauf einstellen können. Dabei geht es nicht nur um Strategien wie Omnichannel-Marketing, personalisierter Werbung oder Customer Experience Management, sondern insbesondere auch um die konsumentenseitige Akzeptanz aktueller Digital-Technologien, wie Virtual bzw. Augmented Reality, Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz.
Die entscheidende Erkenntnis vorab: Abwarten bringt nichts mehr. Je eher und je intensiver der Retail mit seinen Daten arbeitet, umso besser. Wer rechtzeitig Erfahrungen sammelt und auf der "Customer Journey" im entscheidenden Moment die effektivsten Impulse setzt, punktet bei einer immer anspruchsvoller werdenden Kundschaft und sichert sich den Vorsprung vor der Konkurrenz.
Besonders digital-affine Konsumenten machen zwischen Online und Offline kaum einen Unterschied. Sie erwarten, dass beide Lebensbereiche - sofern sie überhaupt noch wahrnehmbar voneinander getrennt sind – nahtlos ineinander übergehen. Keine Schnittstellen. Keine Zeitverluste. Keine Probleme. Und mit ihren Freunden stets unmittelbaren Kontakt über Messenger bleiben. Im Social Web aktiv an deren Leben teilhaben. Und selber ihre eigenen Vorlieben im Netz dokumentieren, teilen und so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Angst vor allzu großer "Daten-Freizügigkeit"? Nur bedingt! "Auf den auskömmlichen 'return-for-data' kommt es an, wenn es um das Thema Datenschutz geht", so Cornelsen.
Und überhaupt, den Kunden interessieren keine einzelnen Kanäle mehr, weil er sie im Alltag -wie selbstverständlich- miteinander verbindet: Diese Erkenntnis ist elementar, wenn man Omnichannel-Marketing begreifen und umsetzen will. Kunden erwarten eine übergreifende und einheitliche Ansprache. Eine "unausgereifte", nicht unmittelbar als stimmig und situativ einfach nicht passende Kundenansprache empfinden sie als störend - als "disruptiv", im negativen Sinne.
Am Ende entscheidet nicht der Entscheider, sondern der Kunde
Umgekehrt gilt: Kann ein Unternehmen das am Point of Interest, am Point of Sale oder an anderen Touchpoints entstehende Informations- oder Kommunikationsbedürfnis erfüllen und die Kunden dort "abholen", dann bestehen in der Tat gute Chancen, als ebenso selbstverständlicher Teil des Online- und Offline-Alltags wahrgenommen zu werden. "So zahlt sich Digital Excellence für Händler aus", weiß Cornelsen. Und ein Blick über den Retail-Tellerrand veranschaulicht eindrucksvoll, wie manche Unternehmen diese Strategie bereits zur Paradedisziplin erhoben haben: Der morgendliche Coffee-to-go bei Starbucks und Co., das abendliche MyTaxi oder Uber - diese teilweise zu liebgewonnen Ritualen gewordenen Selbstverständlichkeiten zeigen, wie eine ausgeklügelte, auch digital umgesetzte Strategie den Weg in den Alltag des Kunden ebnet.
Aber die dabei auf Unternehmensseite zu überwindenden Hürden sind nicht gering. Viele scheitern schon an Trivialitäten wie der Erreichbarkeit. Retailer, die auf eine Nine-to-Five-Hotline für Fragen oder Reklamationen setzen, dürfen sich über den anfangs schleichenden, dann rasant zunehmenden Verlust von Kunden nicht wundern. Dabei müssten sie noch nicht einmal in klassische, teure 24/7-Callcenter investieren. Künstliche Intelligenz kann viele Standard Service-Themen übernehmen, und die Akzeptanz von Chatbots wird mit dem technischen Fortschritt zunehmen. Aber Vorsicht: "30 Prozent der der Themen bleiben 'unchatbotbar", warnt Jens Cornelsen vor zu großer Euphorie.
Dasselbe gilt für Technologien wie Virtual Reality oder Augmented Reality, die das Einkaufserlebis um eine wesentliche Komponente erweitern. Generationenübergreifend können sich bereits mehr als ein Drittel der befragten Kunden vorstellen, dass die Kopplung von realer Welt und digital existierendem Produkt ihr Vorstellungsvermögen signifikant erweitert. Ihnen einen wirklichen Mehrwert verschafft. Zwei Drittel der Kunden müssen durch zukünftige Erfolgserlebnisse davon überzeugt werden, dass man ihre Erwartungen erfüllen bzw. Ihre Zweifel beseitigen kann.
Für Unternehmen bedeutet der konsequent kundenorientierte Ansatz, dass sie jahrelang etablierten Maximen in Frage stellen müssen. Wer bisher den höchsten erzielbaren Profit pro Kunde oder Artikel in den Vordergrund gestellt und sein Marketing darauf ausgerichtet hat, muss die Perspektive wechseln. Aus der Sicht des mit nur einem Klick weiter ziehenden Kunden zählen das instinktiv wahrgenommene Nutzenversprechen und die daraus resultierende Bedeutung für den Alltag.
Zu den Herausforderungen der Retailer gehört aber auch, Organisation und die Technik von Grund auf zu überpüfen. Die digitale Infrastruktur, in der sich Kunde und Unternehmen gemeinsam "bewegen", muss für die dabei vorhersehbaren Eventualitäten vorbereitet und bei Bedarf skalierbar sein. Mobile Tagging, eine ausgereifte In-Store Navigation, das Internet of Things, Location Based Services oder GeoFencing funktionieren nur, wenn CMO, CTO und COO an einem Strang ziehen - und der CFO die dafür erforderlichen Budgets organisiert.
Fazit: "Mobile" rules. Noch. Das Smartphone des Kunden ist das Device der Wahl - das aber kann sich irgendwann ändern. Und: Die Welt ist klein - auch die des Kunden, wenn es um den Bedürfnismoment und den Ort geht, an dem eine Kaufentscheidung gefällt wird. Retail kann hier mit einer lokal und personalisiert optimierten Strategie eine seit Jahrzehnten existierende Stärke neu definieren. An Google bzw. insbesondere an Maps führt dabei wortwörtlich kein Weg vorbei. Der digitale Kartenassistent und seine weniger populären Pendants sind mächtige Tools, die nicht nur dank multimedialer Inhalte und beeindruckender Sprachfunktionen die Schnittstelle zwischen Kunden und Unternehmen bilden. Dort, im Unternehmen angekommen, erwartet der Kunde ein Einkaufserlebnis, bei dem er im Mittelpunkt steht. Er allein - nicht das Unternehmen, nicht das Produkt.
Und so lässt sich auch die Erfolgsformel für Digital Excellence auf den Punkt bringen: Digitale Innovationen müssen alltagstauglich ("convenient") sein, und sie müssen den Konsumenten einen wirklichen Mehrwert schaffen. "Trendy" ist eben nicht gleich Trend!
Jens Cornelsen
Kontakt: jens.cornelsen@defacto-dr.de
Der Autor: Dr. Jens Cornelsen ist der Research-Chef der Defacto-X-Gruppe. Der promovierte Wirtschaftswissenschafter beschäftigte sich schon in Studium mit dem Thema CRM. Seine Dissertation "Kundenwertanalysen im Beziehungsmarketing" wurde 2000 mit dem Wissenschaftspreis des Deutschen Marketingverbandes ausgezeichnet. Cornelsen arbeitete als International Manager und Leiter Kundenzufriedenheit beim Marktforschungskonzern GfK in Nürnberg, ehe er die Geschäftsführung von Defacto Digital Research übernahm. Seine Schwerpunkt-Themen sind Markt- und Trendforschung, Fashion und Handel, Customer Experience Management, CRM und digitale Transformation.