
Interview:
Zucker-Chef Bonjer: "Ich bin ein Freund des kontrollierten PR-Skandals"
Wenn Kika-Serienfiguren entführt oder Leibniz-Kekse geklaut werden, wittern manche schnell einen inszenierten PR-Skandal. Im Falle Bahlsen freilich zu Unrecht. W&V Online hat mit Zucker-Chef Matthias Bonjer über das Thema gesprochen.
Wenn Kika-Serienfiguren entführt oder Leibniz-Kekse geklaut werden, wittern manche schnell einen inszenierten PR-Skandal. Im Falle Bahlsen freilich zu Unrecht. W&V Online hat mit dem Chef der Berliner Agentur Zucker Kommunikation, Matthias Bonjer, über das Thema gesprochen.
Könnten Sie sich vorstellen, dass es sich bei dem geklauten Messing-Schild am Bahlsen-Stammhaus vielleicht doch nur um eine verkappte PR-Aktion handelt?
Ehrlich gesagt nicht. Ich habe die Kommunikationsleute von Bahlsen vor ein paar Jahren kennengelernt: Ich halte die für so professionell und kompetent, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die eine Agentur für so eine Aktion losschicken. Hier wurde schließlich ein Kunstwerk beschädigt.
Und falls doch? Liegen bewusst inszenierte Skandale zu PR-Zwecken nicht im Trend?
Bei Promis in jedem Fall. Ich gebe zu, die Bahlsen-Geschichte erinnert ein bisschen an die Entführung von Bernd das Brot vor vier Jahren in Erfurt – ein aus meiner Sicht sehr gelungenes Beispiel von Kika, dem Kinderkanal. Ich bin grundsätzlich ein Freund des kontrollierten PR-Skandals. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass wir uns in der PR-Branche selber oft viel zu ernst nehmen. Es geht um Kreativität. Aber: Derlei Aktionen sind für Anliegen von NGO’s wohl besser geeignet als für Consumer Brands. Der Einsatz muss in jedem Fall wohl dosiert und intelligent erfolgen.
Volkswagen präsentierte in diesem Jahr einen eher langweiligen Super-Bowl-Spot. Dann wurde plötzlich breit über Rassismus-Vorwürfe diskutiert – und schwups – wird der Spot über vier Millionen Mal geklickt. Ein bewusster Schachzug zur Steigerung der Aufmerksamkeit?
Wenn es denn so wäre, dann müsste ich sagen: gute, aber riskante Idee, denn der Spot scheint meines Erachtens frei von einem ernsthaften Vorwurf zu sein. Wenn dadurch eine engagierte Diskussion mit positivem Tenor für die Marke in sozialen Netzwerken auftaucht und die vorschnelle Rassismuskritik durch die Community abgelehnt wird, dann erzeugt dies sicherlich eine gewünschte Aufmerksamkeit für einen vielleicht eher öden Spot. Etwa in dem Sinne, wie Sie es beschrieben haben. Aber das ist natürlich auch hoch riskant - und ich würde an der Stelle des verantwortlichen PR-Mannes bei VW dieses Wagnis bei einer globalen Marke nicht eingehen.
Leidet am Ende möglicherweise die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn selbst meinungsführende und seriöse Titel über inszenierte PR-Skandale berichten?
Das glaube ich nicht. Es sind ja auch die Medien selbst, die dieses Mittel ganz bewusst für ihre Zwecke einsetzen. Denken Sie nur mal an das "Dschungelcamp".
Interview: Markus Weber