Interview mit Martin Sorrell:
WPP-Chef hält Bewegtbild-Boom für "grotesk"
Media-Milliardär Martin Sorrell sieht digitale Bewegtbild-Werbung als "überschätzt" an und droht der Digital-Branche mit höheren Budgets für Print und TV.
Der wahrscheinlich mächtigste Agenturchef der Welt sieht digitale Bewegtbild-Werbung als "überschätzt" an. Die Werbewirkung sei mit TV kaum zu vergleichen, sagte WPP-CEO Martin Sorell in einem Interview mit der "Wirtschaftswoche".
Denn während bei der klassischen Fernsehwerbung "sehr streng gemessen" werde, gelte etwa bei Facebook ein Video schon als gesehen, wenn es drei Sekunden gelaufen sei - manchmal auch ohne Ton. "Das ist grotesk", so Sorrell. Digitalkonzerne wie Google und Facebook sollten auch in Sachen Klickbetrug "dringend gegensteuern" und nachweisen, dass die Werbung auf ihren Portalen an Menschen und nicht an Roboter-Software ("Bots") ausgeliefert werde. Sonst würden die Budgets wieder verstärkt in Richtung Print und TV wandern, prophezeit der WPP-Chef.
Sorrells Meinung hat Gewicht. Denn zu seinem WPP-Konzern gehören nicht nur Kreativagenturen wie Ogilvy, Grey und Scholz & Friends, sondern auch auch die mächtige Mediaagentur-Allianz Group M. Sie entscheidet, wie viel Werbegeld ihrer Kunden (darunter Coca-Cola) in welche Medien fließen. Derzeit werden die großen Digitalkonzerne noch reichlich bedacht: Allein bei Facebook schalte man 2015 für etwa 940 Millionen US-Dollar, so Sorell. Bei Video-Werbung halte man sich aber eher zurück. Der WPP-Großkunde Unilever etwa stelle die Werbewirkung von Facebook-Videos "stark infrage".
Den größten Posten der WPP-Mediabudgets macht übrigens Suchmaschinenwerbung bei Google aus: Er liegt laut Sorrell bei 3,5 Milliarden Dollar jährlich.
Das komplette Interview mit Martin Sorrell ist in der "Wirtschaftswoche" vom 30. Oktober erschienen.