IBM baut Services rund um das Marketing massiv auf. Ist der Kauf von Aperto der schnelle Weg, rund 300 Menschen in der DACH-Region einzustellen?

Matt Candy Nein, es geht nicht um den Kauf von Ressourcen. Für Design-Themen bauen wir auch eigene Kapazitäten auf. Erst im vergangenen November haben wir in Hamburg unser Design-Studio eröffnet. Design- und Kreationskompetenzen haben wir also durchaus auch selbst im Haus. Beim Kauf von Aperto geht es vielmehr um die Synergien, die sich aus gemeinsamen Fähigkeiten und aus dem Potenzial des Kundenportfolios ergeben.

Bei einer solchen Kundenliste gab es doch sicher auch andere Interessenten. Agenturholdings wie WPP und Publicis waren doch sicher auch unter den Kaufinteressenten?

Dirk Buddensiek Es war wichtig, den richtigen Partner zu finden und ja, wir hatten mehrere Möglichkeiten. Mit großen Networks und auch mit Beratungsunternehmen standen wir im Laufe unserer Agenturgeschichte immer wieder in Kontakt. Dabei ging es in der Regel aber um Zusammenarbeit. Was den Verkauf betrifft, war relativ früh klar, dass wir ernsthaft nur mit IBM verhandeln wollten.

Kam die Agentur mit einer Größe von ca. 300 Mitarbeitern an Wachstumsgrenzen? Und kam deshalb jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Verkauf?

Dirk Buddensiek Die Größe hätte vielleicht vor fünf Jahren eine Rolle gespielt. Heute nicht mehr. Aber es kam auch nicht zu einem Punkt: So, jetzt wird es Zeit für einen Verkauf. So etwas entscheidet man nicht zwischen Frühstück und Mittagessen. Den Ausschlag gaben am Ende die Kunden und ihre Bedürfnisse. Viele Projekte drehen sich inzwischen um Themen wie Big Data, Datenanalyse und die Integration von Lösungen in die IT-Systeme der Kunden. Und so etwas fällt ab gewissen Projektdimensionen schnell aus unseren Kernkompetenzen heraus. Selbst mit unserer Größe wäre der Aufbau solcher Kompetenzen sehr schwierig geworden. Ein Partner, der in der IT zuhause ist, war also eine logische Konsequenz. Und hier wiederum ist IBM sicher die erste Wahl.

Insofern war die Entscheidung doch ein wenig vom Umsatz getrieben – 2013 und 2014 gab es ja nur noch ein kleines Umsatzplus?

Dirk Buddensiek Die Entscheidung war nicht Umsatzgetrieben. Es ging mehr um die Frage: was können wir für unsere Kunden tun – und was nicht? Können wir Art und  Umfang der Kundenbedürfnisse gerecht werden? Nur um Data-, Analyse- und Backend-Themen in der geforderten Qualität umzusetzen, brauchen wir einen entsprechenden Partner. Ein „weiter so“ war keine Option. Und nach 20 Jahren Eigenständigkeit ist es für mich absolut in Ordnung, einen neuen Weg einzuschlagen.

Gilt das auch für konkurrierende Agenturen im Markt?

Dirk Buddensiek Es wird eine spannende Frage, wie ein Agenturranking in zehn Jahren aussehen wird. Sicher anders. Nahezu alle Dienstleister im Markt ändern derzeit ihre Ausrichtung. Und es geht in viele unterschiedliche Richtungen.

Inwiefern verliert nun Aperto seine Eigenständigkeit und bleibt die Tochterfirma Plantage eine Werbeagentur?

Matt Candy Die Agenturen bleiben an ihren Standorten, Dirk Buddensiek und das Team bleiben weiter in der Verantwortung. Die Agenturmarken Aperto und Plantage bleiben. Kurz, wir versuchen so wenig wie möglich zu verändern. Und das gilt natürlich auch für die Kunden – sie sollen mit Aperto und Plantage genauso weiter arbeiten wie zuvor.

Aus welchen Geschäftstätigkeiten kommt künftig der Umsatz bei ihrer neuen Tochter? Wir verstärkt IT-Beratung und -Implementierung angeboten, mit der IBM viel Geld verdient?

Matt Candy Ich denke, bei Aperto ist das Verhältnis der Umsätze aus Strategie, Kreation, Technik und sehr ausgeglichen. Das wird sich auch nicht sonderlich ändern. Was sich jedoch ändern soll, ist der Umfang und die Größe der Projekte. Dafür sorgt die digitale Transformation der Wirtschaft schon fast ganz von selbst. Die Digitalisierung ist zunehmend ein Thema der C-Level-Managements geworden ist. Unter dem Strich bedeutet das: größere Projekte. Wir sehen, dass in Konzernen die Barrieren zwischen den einzelnen Unternehmensteilen zunehmend abgebaut werden. Es geht daher nicht mehr nur um eine App oder eine Website und um Tools für digitales Engagement sondern sehr schnell auch um Daten, Analyse und die dafür nötigen backend-Systeme.

Hat IBM iX Bestrebungen nun weitere Agenturen in Deutschland zu kaufen?

Matt Candy Vielleicht so viel: Wir wollen die Bedürfnisse unserer Kunden bedienen. Es geht uns sicher nicht darum, Umsatz hinzuzukaufen. Das galt ja auch nicht für den Kauf von The Weather Company (größter US-Wetterdienst mit TV- und Online-Plattformen). Solche Zukäufe sehen wir als Bausteine unserer digitalen Service-Strategie.

Candy wollte die Frage nach weiteren Zukäufen partout nicht beantworten. Kaum 24 Stunden später sprachen wir erneut - IBM iX hatte den Kauf der Düsseldorfer Agentur Ecx.io bekannt gegeben. Die Antworten von Ecx.io-CEO Gerald Lanzerits ähnelten den Aussagen von Buddensiek. Candy antwortete erneut nicht auf die Frage, ob es weitere Akquisen geben wird. Aber für die kommenden Tage bräuchten wir keinen weiteren Gesprächstermin.

Bei Aperto kümmern sich mehr als 300 Mitarbeiter um Kunden wie AirbusCoca-Cola und Volkswagen (Jahresumsatz 2014 27 Millionen Euro). Ecx.io wiederum beschäftigt 200 Mitarbeiter für Kunden wie AlnaturaJAB Anstoetz und Spar (Jahresumsatz 2014 13 Millionen Euro).


Autor: Leif Pellikan

ist Redakteur beim Kontakter und bei W&V. Er hat sich den Ruf des Lötkolbens erworben - wenn es technisch oder neudeutsch programmatisch wird, kennt er die Antworten. Wenn nicht, fragt er in Interviews bei Leuten wie Larry Page, Sergey Brin oder Yannick Bolloré nach.