Frühjahrsmonitor:
GWA: 2019 besser als erwartet, 2020 offen
Der Gesamtverband Kommunikationsagenturen hat den Frühjahrsmonitor vorgestellt. 2019 haben die Mitgliedsagenturen mehr Umsatz gemacht. Wie es 2020 wird, ist wegen Corona unklar.
Wenn der GWA seinen Frühjahrsmonitor präsentiert, hat das etwas von einem Ritual. Jahr für Jahr lädt der Gesamtverband Kommunikationsagenturen nicht nur die Fachpresse nach Frankfurt zur Präsentation der Geschäftszahlen seiner Mitglieder. Selbstverständlich ist auch jedesmal ein Ausblick auf die nahe Zukunft dabei. 2020 ist das freilich alles anders - dank Corona. Die Pressekonferenz zum Thema findet per Google Hangout statt - und tatsächlich: bleibt die Präsentation immer wieder hängen. Das Netz ist jetzt, da alle im Home Office arbeiten, einfach überlastet.
Irgendwie klappt es aber trotzdem, die Fakten rüberzubringen. Und da stecken durchaus gute Nachrichten drin: Die Umsätze der Agenturbranche waren im vergangenen Jahr stabil: Fast 54 Prozent der Agenturen machten 2019 Plus, 41 Prozent hatten Umsatzrückgänge hinzunehmen. Insgesamt wachsen die Agenturen im Verband um 1,5 Prozent; 2018 waren es nur 0,56 Prozent. Wenn mensch bedenkt, dass die Branche ständig von der Krise gesprochen hat 2019, sind die Zahlen überraschend positiv. Der GWA hatte für die Studie vom 24. Januar bis 5. März 72 Geschäftsführer und Inhaber seiner Mitgliedsagenturen befragt. 62 Prozent haben geantwortet.
Agenturen überzeugen als Berater
Wer warum gewachsen ist, wer warum geschrumpft - das konnte der Verband nicht so recht erklären. "Das Bild haben wir jedes Jahr", sagt GWA-Geschäftsführer Ralf Noecker. Es wächst, wer auf die Bedürfnisse der Kunden eingeht, aber das Projektgeschäft ist volatil, es kann jedes Jahr anders sein. Vermutlich punkten vor allem die Anbieter, die auf Beratung setzen, denn das ist ein Wachstumsbereich, wie der GWA-Monitor verrät, Marketingberatung in Zeiten der Digitalisierung. Dennoch wird Kreativität nach Ansicht fast aller Befragten auch in Zukunft ein zentrales Nutzenversprechen von Agenturen sein.
Die Automobilbranche ist nach wie vor sehr wichtig für Agenturen. Trotzdem reduzierte sich deren Anteil von 61 Prozent im Vorjahr auf 47 Prozent. Das ist deutlich.
Für Thomas Eickhoff, Vize-Präsident des GWA, sind die Zahlen ein Beleg dafür, dass das Geschäftsmodell Agenturen nach wie vor funkioniert. "Wir machen Umsatzplus", sagt er. Und die Agenturen verdienten Geld. Wenn auch die Renditen seit 2016 beständig sinken, ein Plus von 8,5 Prozent (2019) ist nach wie vor drin.
Mehr Kooperationen
Investieren müssen die Agenturen nach wie vor vor allem in IT und Mitarbeiter, die sie fest anstellen und die sich in der Digitalisierung unentwegt fortbilden müssen. Das kostet. 53 Prozent der befragten Agenturen beschäftigten 2019 mehr Festangestellte als noch im Vorjahr, fast ein Drittel hatte mehr Freelancer. Allerdings zahlt sich die Kompetenz - siehe oben - dann auch aus. Was Agenuren nicht selbst vorhalten können, kaufen sie hinzu oder sie suchen die Kooperation mit Spezialisten. Dieser Trend ist nicht neu, nimmt aber an Intensität zu.
Die Prognosen der Agenturen für das laufende Jahr sind Corona-bedingt allerdings sehr düster: Bei 81 Prozent der Agenturen wurden kundenseitig Projekte verschoben oder abgesagt. 54 Prozent erwarten für das laufende Jahr einen signifikant negativen Umsatzeffekt, wie eine aktuelle Zusatzerhebung des GWA ergab. Ohne den Corona-Effekt hätten die Agenturen offenbar eine gegenüber 2019 vergleichbare Umsatzentwicklung erwartet. Die Hoffnung ist, dass sich mit dem Virus auch die Digitalisierung in Deutschland stärker durchsetzt.
Aus Agentursicht werden 2020 Nachhaltigkeit und Storytelling relevante Themen sein. Aber auch First und Purpose sehen sie weit vorn – Felder, die sicher auch angesichts der aktuellen Entwicklungen virulent bleiben werden.
FDP vertritt Agenturinteressen am besten
"Die GWA-Agenturen können auf ein wirtschaftlich stabiles Jahr 2019 zurückblicken. Das wird auch in der aktuellen Corona-Krise helfen, die viele Agenturen mit massiven Projekt-Absagen und Umsatzrückgängen sehr hart trifft", sagt Eickhoff. Aber auch der Blick auf das eigene Angebotsportfolio und die Bereitschaft zur Veränderung seien Schlüsselkompetenzen, die bei den heutigen Herausforderungen von großem Vorteil seien.
Noch ein Wort zu politischen Belangen: Erstmals hat der GWA auch die politischen Präferenzen der Branche erhoben: 58 Prozent der Befragten sehen demnach bei der FDP die Interessen von Agenturen am besten vertreten. Was nicht heißt, dass sie die Partei auch wählen; es geht hier um das Parteiprogramm. 23 Prozent wähnen sich bei der CDU, 13 Prozent bei den Grünen besser aufgehoben.
Home Office keine Aufgabe der Politik
Die geplante Rentenversicherungspflicht für Selbstständige übrigens, ein großes Thema vor Corona, lehnen 43 Prozent der Agenturen ab. Denn viele der Befragten rechnen mit höheren Kosten, wenn Freelancer diese entsprechend weiterreichen würden. Das von der großen Koalition geplante Recht auf mobiles Arbeiten schließlich ist aus Agentursicht keine Aufgabe der Politik. Mobiles Arbeiten sollte agenturindividuell entschieden werden und werde von einem Großteil der Agenturen ohnehin schon praktiziert - gerade in diesen Tagen. Den Frühjahrsmonitor stellt der GWA hier zum Download bereit.