GWA:
Die Höhepunkte der Effie Gala 2019
GWA-Präsident Benjamin Minack hält eine Ruckrede, Facebook verschenkt 50.000 Euro und der Frankfurter Stadtrat Markus Frank macht Scherze. Kein Witz! Die Eventkritik zum diesjährigen Effie von Conrad Breyer.
Schon das Entrée weckt hohe Erwartungen. Wer ins Foyer des Hessischen Rundfunks mit seinem eleganten Säulenumgang tritt, den packt die Ehrfurcht ob der Bedeutung des Hauses. Hier sollte nach dem Krieg der Deutsche Bundestag sitzen, Frankfurt Hauptstadt der Bundesrepublik werden. Adenauer aber wollte lieber nach Bonn. So fiel der historische Rundbau, der ursprünglich als Plenarsaal gedacht war, 1954 an den Hessischen Rundfunk. Und in diesem Jahr an den hohen Rat der Kommunikationsbranche, den GWA, und seinen Effektivitätspreis, den Effie.
Der Gesamtverband Kommunikationsagenturen hat die Effie-Gala dieses Jahr ins Funkhaus am Dornbusch verlegt, weil die immer größer wird. Sie wächst von Jahr zu Jahr: 600 Leute waren 2019 zu Gast. Im alten Palmengarten, der Platz für maximal 500 Leute bietet, fand dieses Jahr tagsüber nurmehr der Kongress statt.
Eine kluge Wahl, ein besonderer Ort. Und doch...
Hat das Hohe Haus dem Abend etwas Staatstragendes aufgedrückt, Distanz reingebracht ob der schieren Größe und vieles vom Familiären genommen, das die Veranstaltung noch 2018 so wundervoll nahbar gemacht hatte. Auch wenn die Gala freilich ihre Momente hatte.
Die Show beginnt stark mit einer Ruckrede von Benjamin Minack, einem "Gesinnungsvortrag", wie der GWA-Präsident seine Ansprache selbst nennt. Minack referiert über 30 Jahre Mauerfall, die Freiheit, die er und seine Familie über Nacht erlangten. "Ich war damals noch viel zu jung, um zu verstehen, was das bedeutete", sagt Minack. Er musste samstags nicht mehr zur Schule gehen, das war es erstmal. Aber sie alle fanden mit der Zeit ihren Weg, es lief irgendwie gut, und dann, vor drei, vier Jahren, wurde die Laune schlechter und Deutschland an vielen Stellen dunkler. Heute habe er Angst, diese Freiheit zu verlieren. "Die Freiheit, zu fühlen, zu handeln und zu denken, wie ich möchte." Minack appellierte deshalb an die Seinen, als Werbungtreibende jeden Tag etwas dafür zu leisten, die Demokratie zu verteidigen.
Und so ging das erstmal weiter mit den großen Momenten: Michel Abdollahi betritt die Bühne. Der Moderator, der schon im vergangenen Jahr die Gäste verzauberte, schickt Minack erstmal weg, um dann darüber zu referieren, was er beim Essen vor der Preisverleihung auf den Gängen des Funkhauses so im Stillen vernommen hat: "Die Leute fragen mich immer, warum ich das mache", erzählt er. Der Job hier werde doch sicher nicht gut bezahlt. "Na ja, solide", sagt Abdollahi, um dann hinzuzufügen: "Zum Glück wurde ich als Kind reich geboren, als meine Eltern aus dem Iran nach Hamburg flohen und mit ihren Kindern in eine 65-Quadratmeter-Wohnung zogen." Lacher im Publikum. "Deshalb mach ich das hier allein, weil es mir Spaß macht." Der Saal schmeißt sich weg. "Ich weiß, das ist schwer zu glauben."
Nach und nach präsentiert Abdollahi dann die 17 Bronze-, die neun Silber- und zehn Goldgewinner, die eigentlichen Highlights des Abends. Dabei wird die Inszenierung von Mal zu Mal aufwändiger. Die Bronze-Cases werden nur auf den Bildschirm geworfen, Silber-Gewinner schon per Film vorgestellt. Alles, was Gold ist, bekommt eine kleine Live-Laudatio. Das ist gut gemacht und einigermaßen kurzweilig. Nur 90 Minuten sind es dieses Mal nicht geworden wie versprochen, eher 120. Abdollahi moderiert trotzdem gewohnt (selbst-)ironisch und stets respektvoll.
Markus Frank macht Scherze - kein Witz
Als, zwischen Bronze und Silber, Tino Krause von Facebook auf die Bühne steigt, um seine Keynote zu halten, bekommt der Abend einen ersten Dämpfer. Der Deutschlandchef schwadroniert über Partnerschaft und Verantwortung, es ist viel Eigenwerbung dabei. Der Mann wirkt nervös. Er hat hier keine Freunde und gewinnt mit seinem Vortrag auch sicher keine neuen.
Bevor es an die Gold-Effies geht, liefert dafür Stadtrat Markus Frank noch einen Beitrag, der das alles wett macht. Der Dezernent für Wirtschaft, Sport, Sicherheit und Feuerwehr ist jedes Jahr hier und sein Auftreten ist "nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig", wie sie das hier in Frankfurt beschreiben. Umso bemerkenswerter ist der nun folgende Dialog:
Abdollahi: Herr Frank, Sie haben den Effie nach Frankfurt geholt. Wie halten Sie ihn hier? Noch sind die alle da, aber plötzlich wechseln sie die Stadt und tauschen den Moderator aus. Man kennt die Werber ja.
Frank: Ja, plötzlich muss man sich anstrengen als Moderator.
Abdollahi: Ich muss darauf hinweisen, dass der Moderator auf das Event gar nicht angewiesen ist.
Frank: Meinen Glückwunsch, dass es Ihnen als Moderator so gut geht.
Abdollahi: Ich habe meinen Eltern zu danken.
Frank: Wie Sie wollen hier in der Stadt viele kreativ arbeiten, allein, weil es ihnen Spaß macht. Wir unterstützen Sie dabei gerne.
Die Stimmung kippt
Doch dann passiert etwas, was zum Albtraum eines jeden Moderatoren werden kann: Gewinner, die nichts zu sagen haben oder gleich gar nichts sagen wollen. Man kennt das vom ADC: Kreative können ja noch viel zickiger sein als ihre Beraterkollegen beim Effie. Was ist da los? Unsicherheit? Nervosität? Unlust? Abdollahi freilich ist Profi und kontert geschickt: "Sie können Danke sagen. Ich sage immer Danke, wenn ich einen Preis bekomme." Man merkt ihm dennoch an, dass er kurz die Lust verliert. Es dauert eine Weile, bis er sich wieder fängt.
Spätestens beim Grand Prix ist das der Fall. "Der steht nicht auf meiner Moderatorenkarte, damit ich nichts ausplaudere. Aber nervös macht mich das schon." Der Preis für herausragend effektive Kommunikation unter den Gold-Gewinnern geht in diesem Jahr an BBDO und die Knochenmarkspenderzentrale des Universitätsklinikums Düsseldorf (KMSZ) mit ihrem "Life Lolli". Die Jury lobte nicht nur die überzeugenden Zahlen, sondern auch die hohe Innovationskraft der Kampagne. Auch wenn die Diskussion dazu anstrengend war, wie Minack später erzählt.
Abdollahi berührt die Kampagne ganz persönlich. Er hat einen Freund aus dem Iran, der an Leukämie erkrankt ist. Und macht daher längst selbst viel Werbung für die KMSZ unter Migranten. "Wir sind ja keine Biodeutschen, also Leute, die nicht so aussehen wie Sie", erklärt er scherzhaft. "Unser Genpool ist in der Kartei noch viel seltener vertreten."
Das ist Krauses Stunde. Der Facebook-Chef war zuvor auf offener Bühne vom Gewinner der Lolli-Kampagne höchstpersönlich aufgefordert worden, Budget für die Kampagne bereit zu stellen. Abdollahi verkündet: Facebook stellt 50.000 Euro zur Verfügung. Das ist mehr als großzügig und gute PR - im Sinne von Partnerschaft und Verantwortung.