Konflikt oder Chance?:
Das Miteinander der Generationen in Agenturen
Die Haltungen von Mitarbeitern unterscheiden sich, je nachdem, welcher Generation sie angehören. Für Agenturen liegt darin eine besondere Aufgabe, die Altersgruppen zu verbinden und Differenzen fruchtbar zu machen.
Bis zu fünf Generationen arbeiten derzeit schon und noch in Agenturen. Dank kürzerer Ausbildungszeiten und späterem Renteneintritt kann der Altersunterschied bis zu 50 Jahre betragen. Dieser Generationen-Mix bringt Zündstoff mit sich, wie das Beispiel eines Hamburger Agenturchefs zeigte. Er sorgte für Schlagzeilen mit der Ankündigung, keine jungen Praktikant:innen mehr zu beschäftigen, weil ihm, kurz zusammengefasst, deren Arbeitshaltung missfalle. Umgekehrt zeigen erfolgreiche generationalgemischte Teams, dass die Stärken der Generationen synergetisch genutzt werden können.
Was macht eine Generation aus, warum sollten sich Personalverantwortliche mit dem Thema befassen und wie bringen Agenturen Generationenmanagement erfolgreich auf den Weg?
Eine Generation setzt sich aus Menschen von fünfzehn aufeinanderfolgenden Geburtsjahrgänge zusammen. Vergleichbare prägenden Erlebnisse in Kindheit und Jugend sowie ähnliche Sozialisationsbedingungen beeinflussen ihr Denken, Wollen, Fühlen und Handeln. Am Beispiel Arbeitshaltung lässt sich der Unterschied der aktuell aktiven Generationen gut zeigen:
Nachkriegsgeneration |
Arbeit als Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts, Pflichterfüllung und materielle Sicherheit im Vordergrund, gelebt wird woanders |
Babyboomer |
Leben um zu Arbeiten „Workaholic“ Arbeit hat den höchsten Stellenwert, Gefühl, gebraucht zu werden als Motivation |
Generation X |
Arbeiten um zu Leben „Work-Life-Balance“ Privatleben ebenbürtig, Freiheit und Entwicklungsmöglichkeiten wichtig |
Generation Y |
Leben ist Arbeit „Work-Life-Blend“ Sinn und Spaß wichtiger als Karriere Selbstverwirklichung und Vernetztsein als Motivation |
Generation Z |
Arbeit ist nur ein Teil des Lebens: „Work-Life-Separation“, Entwicklungsperspektiven, Sicherheit und feste Arbeitsstrukturen wichtig |
Warum sollten sich Personalverantwortliche mit dem Thema Generationen befassen?
Junge Mitarbeiter:innen wollen mit ihren Erwartungen und Bedürfnissen ernst genommen werden, wünschen sich engmaschige Betreuung und häufiges, am liebsten positives Feedback. Und treffen in Agenturen auf erfahrene Kolleg:innen und Vorgesetzte, die sich ihre Positionen erst jahrelang erarbeiten mussten. Unverständnis, Neid und Ängste schüren Vorurteile, widerstreitende Herangehensweisen führen zu Reibungspunkten. Ungelöste Konflikte senken Motivation und Produktivität und führen zu krankheitsbedingten Fehlzeiten und vermehrten Kündigungen. Schlechte Arbeitsatmosphäre sowie fehlende Wertschätzung gelten als häufigste Kündigungsgründe auf Arbeitnehmerseite.
Dank demografischer Entwicklung und Fachkräftemangel sucht sich talentierter Nachwuchs heutzutage seine Arbeitsstelle aus und zieht schnell weiter, wenn es ihm dort nicht gefällt. Und teilt seine negativen Erfahrungen über Kununu direkt der ganzen Welt mit. Auch erfahrene Mitarbeiter:innen haben heute bessere Chancen am Arbeitsmarkt und wagen deutlich öfters einen beruflichen Neuanfang, wenn sie sich mit ihrem umfassenden Wissens- und Erfahrungsschatz nicht anerkannt, sondern als selbstverständlich genommen, und angesichts des Werbens um junge Arbeitskräfte degradiert fühlen.
Intelligentes Generationenmanagement nutzt auf dreierlei Weise konstruktiv die Vielfalt der Generationen, führt zu einem besseren Miteinander von jung bis alt, beugt Generationenkonflikten vor und modernisiert kontinuierlich die Agentur.
Generationen-intelligente Führung
Im Coaching lernen Personalverantwortliche, sich auf die neuen Generationen einzustellen, deren Erwartungen und Bedürfnisse zu verstehen sowie deren Arbeitsweisen für Modernisierungen in der Agentur zu nutzen. Und gleichzeitig die langgedienten Beschäftigten und älteren Kollegen nicht aus dem Blick verlieren, sondern die Unterschiedlichkeiten der Generationen als wertvolle Ressourcen im arbeitsteiligen Team einzusetzen.
Gegenseitiger Wissenstransfer
Agenturen können die Zukunftsfähigkeit junger Arbeitskräfte mit den Erfahrungen älterer Kollegen kombinieren. Die älteren Generationen können jahrelange Erfahrungen teilen, sie besitzen wertvolle Kontakte und ein umfangreiches Wissen. Als "Kinder unserer Zeit" können die jüngeren Generationen Modernisierungen anstoßen sowie wichtige Hinweise zu Bedürfnissen, Geschmack und Kommunikationsweisen der jüngeren Zielgruppen aufzeigen. Ihre Erwartungen und Wünsche an Arbeitsbedingungen sind oft zeitgemäß und deren Berücksichtigung stärkt das Employer Branding. Modernes Wissensmanagement überführt durch umfassende Dokumentation individuelles in kollektives Wissen. Durch Peer-to-Peer Learning, Mentoring und Reverse Mentoring lernen jung und alt direkt voneinander und miteinander, sie geben weiter, was sie jeweils ausmacht, als Individuum und als Generation.
Konstruktives Konfliktmanagement
Konflikte können, als wertvolle Hinweise für Veränderungsbedarf erkannt, zu Verbesserungen führen. Konfliktmanagement in Agenturen umfasst hierbei Prävention, Intervention und Auswertung. Da die Konfliktkultur von oben geprägt wird, setzen Veränderungen zunächst bei Personalverantwortlichen an.
In Trainings reflektieren Führungskräfte ihr persönliches Konfliktverhalten, das u.a. auch durch ihre Generationszugehörigkeit geprägt wird. Und sie werden darin geschult, Konflikte im Team frühzeitig zu erkennen, dort eigenverantwortliche und konstruktive Lösungen z.B. durch Konfliktgespräch oder Mediation zu fördern und durch gründliche Konfliktauswertung nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Auf Personalebene fördern Generationen-Workshops einen offenen, angstfreien Umgang von jung bis alt, Transparenz ermöglicht gegenseitiges Verständnis, beugt Generationenkonflikten vor und verbessert die Zusammenarbeit.
Über die Autorin: Isabell Lütkehaus
arbeitet als Mediatorin (BM), Supervisorin und Coach (DGSv) mit Geschäftsführern, Vorständen, Gesellschaftern, Familien und Teams. Sie ist Ausbilderin für Mediation, Supervision und Coaching sowie Trainerin für Kommunikation, Teamentwicklung, Verhandlung und Konfliktmanagement - www.luetkehaus.berlin. Sie begleitet Führungskräfte bei der Integration neuer Mitarbeiter:innen sowie der Weiterentwicklung älterer Kolleg:innen und bietet interaktive Generationen-Workshops für Teams und Unternehmen an. Im Mai 2020 erschien im Haufe Verlag ihr Buch "Cross Generational Intelligence".