Corona-Krise:
Branchenverbände schreiben an Angela Merkel
Die Kommunikationsbranche ist von der Corona-Krise besonders stark betroffen. In einem einmaligen Zusammenschluss wenden sich acht Verbände jetzt an die Bundespolitik in Berlin. Sie fordern mehr Unterstützung in der Krise.
Jetzt reicht's. Die Verbände der Kommunikationsbranche wehren sich gegen die Zustände, die in der Coronakrise die Existenz besonders ihrer Mitglieder bedrohen. Dazu haben ADC, BVDW, CMF, DPRG, FAMAB, GPRA, GWA und OMG die so genannte Verbandsallianz gegründet, die GPRA-Chairman Uwe Kohrs und Lutz Meyer, Inhaber von Lutz Meyer & Company, koordinieren.
Gemeinsam will die Gruppe ihre ganze Marktmacht einbringen, um die Politik in Berlin zum Handeln zu bewegen. Die Kommunikationsbranche steht für 47 Milliarden Euro Umsatz, beschäftigt 900.000 Menschen und erwirtschaftet in der Regel 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das hat Gewicht.
In einem Brief wenden sich die Akteure gemeinsam an die Bundeskanzlerin, die Fachminister Olaf Scholz (Finanzen) und Peter Altmaier (Wirtschaft). Die Verbände fordern Zusatzregelungen für die Kommunikationsbranche, die über die aktuellen Hilfsprogramme von Bund und Ländern hinausgehen.
Insolvenzwelle befürchtet
Hintergrund sind die massiven Auswirkungen der staatlich verordneten Ausgangsbeschränkungen, mit denen die Branche in Folge der Coronapandemie zu kämpfen hat. Weil sämtliche Sportereignisse, Messen und Events abgesagt wurden, sind sämtliche Kampagnen storniert worden, die bereits geplant waren. In der Touristik, im Handel, bei Finanzen und in der Automobilbranche ist ein großer Teil der Umsätze eingebrochen. Nachgeholt werden können diese Events nicht.
Allein für die Monate April bis Mai sind die Media- und Werbeinvestitionen laut ZAW um bis zu 50 Prozent zurückgegangen, zahlreiche Agenturen haben Kurzarbeit angemeldet. Übers ganze Jahr rechnen die genannten Verbände mit einem Rückgang von 25 Prozent, von dem neben Medien alle Dienstleister der Kommunikationsbranche betroffen sind. Vielen Unternehmen seien dadurch unverschuldet von der Insolvenz bedroht, der FAMAB meldet einen ersten Fall.
UPDATE vom 20. April 2020: Inzwischen haben sich auch der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und der Bundesverband Industrie Kommunikation (BVIK) der Verbandsallianz angeschlossen. Damit umfasst die Gruppe zehn führende Verbände aus der Kommunikationsbranche.
Sechs politische Forderungen
Daher wenden sich die Verbände mit neuen Vorschlägen an die Politik, um die negativen Folgen der staatlichen Maßnahmen zu neutralisieren, wie sie sagen. "Wir wollen nicht jammern und nach Subventionen betteln, wir weisen auf die immensen negativen Folgen der staatlichen Eingriffe in den Markt hin", heißt es in dem Brief.
Im Mittelpunkt stehen folgende Maßnahmen:
- Die 100-Prozent-Haftung durch die KfW für Summen bis zu 800.000 EUR reagiere bereits auf Kritik aus der Branche. Allerdings sollten nicht nur die Hausbanken abgesichert werden, sondern auch die Antragsteller, in der Regel persönlich haftende Gesellschafter. Das Antragsverfahren dafür müsse ohne Bürgschaften oder begrenzte Teilbürgschaften von maximal zehn Prozent auskommen.
- Ebenso sollen die Erwartungen an die Zukunftsprognose der angeschlagenen Unternehmen und die Bonitätsprüfung den aktuellen Möglichkeiten angepasst werden.
- Angesichts eines negativen Zinsmarktes müssten diese Kredite zinsfrei angeboten werden. "Der Staat dürfe an der Krise nicht auch noch verdienen.
- Eine Rückerstattung der Umsatzsteuerzahlungen aus dem vergangenen Jahr und eine längere Aussetzung von Umsatzsteuerzahlungen für die nächsten zwei Jahre könnten viele Unternehmen vor der Insolvenz bewahren. Dies beträfe die Veranstaltungswirtschaft, Gastronomie, Hotellerie und damit verbundene Bereiche.
- Infolge des Shutdowns wird der Werbemarkt weiter einbrechen. Damit sich die Medienunternehmen und die Branche in der Zeit danach nicht in einen ruinösen Unterbietungswettbewerb stürzen, sollte hier, so die Idee, die wettbewerbsrechtliche Option der Gruppenfreistellung ermöglicht werden, damit die Betroffenen in freiwilligen Selbstverpflichtungserklärungen zum Beispiel Untergrenzen abstimmen können.
- Aufgrund der aktuellen Umsatzprognosen sei die Beantragung von Krediten bei manchen rechtlich fragwürdig. Die entsprechenden Insolvenzregelungen sind bis September ausgesetzt. Diese Frist muss laut Verbandsallianz bis zum Jahresende verlängert werden. Nicht wenige Unternehmen würden sich ab September sonst direkt der Insolvenzverschleppung strafbar machen.
Darüber hinaus wünschen sich die Verfasser des Briefs einen Fahrplan für die schrittweise Aufhebung des Shutdown, um der Branche ein Stück Planungssicherheit zurückzugeben. Sie schlagen eine zeitlich gestaffelte Rücknahme der Verbote vor: erst die geschäftlichen Events wie Messen und Konferenzen erlauben, später jene, die vorwiegend dem Vergnügen dienen.
Hilfe für alle
Die meisten Verbände haben sich darauf geeinigt, ihr Service- und Informationsangebot für die Mitglieder in Sachen Corona zu bündeln und für die gesamte Branche zu öffnen. Das ist bislang nur vereinzelt geschehen, so beim GWA und den Verbänden GPRA/FAMAB.
Und schließlich soll, wenn die Coronokrise zu Ende ist, eine gemeinsame Kampagne zum wirtschaftlichen Wiederaufbau im Land beitragen.
Streit um Nachwuchskampagne
Die genannten Branchenverbände haben sich in der Vergangenheit - außer dem ADC - immer mal wieder zusammengetan, um gemeinsam etwas zu bewegen, so bei der Employer-Branding-Kampagne für den Nachwuchs. In diesem Jahr will sich der GWA aber nicht mehr an der Aktion beteiligen, weil der Verband das Format einer Kampagne dafür falsch findet. Die übrigen Verbände wollen an dem Programm offenbar festhalten.