Digitalchef:
André Schieck verlässt Grey
Der Digitalchef von Grey steigt aus. Nach 18 Jahren in der Agenturgruppe und neun Jahren im Mutterhaus will er nochmal etwas Neues wagen.
André Schieck, Chief Digital Officer von Grey in Düsseldorf, ist gerade Papa geworden. Da kommt man(n) so auf manche Gedanken. Schieck hat Bilanz gezogen und festgestellt: "Ich will etwas anderes machen". Nach 18 Jahren in der Grey-Gruppe, die letzten neun davon in der Werbeagentur am Platz der Ideen, sei die Zeit für einen Neuanfang gekommen.
Tatsächlich hat sich Schieck mit seinem Start-up Humovo schon längst mit Geschäftsfeldern beschäftigt, die jenseits der Werbebranche liegen. Humovo ist eine Plattform, die berufsrelevantes Wissen in digitalen Zeiten gerät- und ortsunabhängig vermittelt, eine Art virtuelle Fortbildungsmaßnahme. Dahinter steckt künstliche Intelligenz. Mit zwei Partnern hat er das Unternehmen im Januar 2017 gegründet. Was er jetzt vorhat? Sagt er noch nicht. "Zwei, drei Sachen hab' ich schon im Kopf." Sein Vertrag bei Grey läuft noch bis 31. März, jetzt ist er erstmal in Urlaub.
Ein neues C-Level für die Agentur
Der Wunsch nach Veränderung klingt glaubwürdig. Es heißt aber auch, Schieck sei bei Grey nicht mehr glücklich gewesen. "Es gibt immer Ups and Downs", sagt er. "Das ganze Geschäftsmodell Agentur steht unter Druck." Im Herzen sei er immer bei Grey geblieben.
Die Agentur durchlebt in der Tat schwere Zeiten. Von einer Krise kann man nicht sprechen. Aber der Umstand, dass CEO Dickjan Poppema schon vor Monaten angekündigt hat, er werde die Agentur verlassen, macht es Kollegen und Kunden schwer, dem Agenturchef und seinen Vorstellungen zu folgen. CFO und CMO sind gegangen, wurden aber bereits ersetzt. Auch ein neuer COO hat seinen Platz in Düsseldorf gefunden. Jetzt geht der CDO. Viel Unruhe. Den Nachfolger für Poppema selbst suchen sie noch.
Grey entdeckt die Customer Journey
André Schieck hatte als Digitalchef der Agentur die Netzexpertise, die bis vor vor drei Jahren noch in einer selbstständigen Unit mit 60 Leuten lag, in die Strukturen integriert. Und er baute mit Grey Adventures eine zuletzt vierköpfige Consulting-Abteilung auf (Kunden: u.a. Eon, DHL; Umsatz: 2 Mio. Euro 2017). Er hatte auch immer darauf gepocht, die Rolle der Berater zu stärken, um die Kunden in der digitalen Transformation an die Hand zu nehmen. Das hat Grey wohl nie recht umgesetzt.
Sein Wissen fehlt Grey jetzt. Das wirkt vor dem Hintergrund problematisch, da die Agentur vor einer Neupositionierung steht. Poppema will die Agentur von einer klassischen Werbeagentur für strategische Markenführung zu einer digital getriebenen Brand-Experience-Agentur umformen, die Markenerlebnisse entlang der Customer Journey schafft - und zwar sowohl in der Kommunikation wie mit ganz neuen Geschäftsmodellen, die es zu entwickeln gilt. Dafür braucht es digitales Knowhow.
Wie Poppema die Herausforderung angeht, ist offen. Der CEO sagt, sein Weggang werde keinen Einfluss auf die Umsetzung des Themas "Brand Experience" haben. "Ein direkter Nachfolger steht noch nicht fest." Grey könnte stattdessen auch auf die Schwarmintelligenz des Teams setzen.