Vergütung:
Agenturkonditionen: Reden wir über Geld
Nach großen Pitches beschuldigen sich teilnehmende Agenturen gern gegenseitig, mit unlauteren Dumpingmethoden gearbeitet zu haben. Zu Recht? W&V Online hat recherchiert, wie es derzeit an der Verhandlungsfront aussieht.
Nach großen Pitches beschuldigen sich teilnehmende Agenturen gern gegenseitig, mit unlauteren Dumpingmethoden gearbeitet zu haben. In den allermeisten Fällen erheben sie diese Klage allerdings nicht offen: Dann zeugt das Ganze eher von schlechtem Stil, wie erst vor wenigen Tagen beim O2-Pitch.
Agenturhonorare sind schon lange unter Druck
Die Kernfrage ist und bleibt: Sind diese Klagen berechtigt? Jeder, der schon etwas länger in der Branche arbeitet, weiß, dass die Agenturhonorare schon bald nach der Jahrtausendwende angefangen haben, massiv unter Druck zu geraten. Dies gipfelte im Jahr 2004 in einem bis dahin beispiellosen Skandal: Die Sixt-Agentur Jung von Matt beschuldigte damals den Konkurrenten BBDO, den Autovermieter mit dem unmoralischen Angebot gelockt zu haben, drei Jahre lang umsonst zu arbeiten und dazu gleich auch noch die Abfindung für JvM zu übernehmen.
Zuletzt war es ein wenig ruhiger geworden um das Thema. Der Grund: Die Honorarsätze haben sich auf einem (eher niedrigen) Niveau stabilisiert. Leider - so fügen manche Agenturchefs hinter vorgehaltener Hand hinzu. Die Stundensätze, mit denen die Top-Agenturen kalkulieren, unterscheiden sich in der Regel gar nicht so sehr und liegen irgendwo zwischen 100 und 150 Euro. Das Problem mit den Dumpingsätzen fängt meist erst kurz vor dem geplanten Etatzuschlag an: dann, wenn auf Kundenseite plötzlich die Einkäufer den Platz am Verhandlungstisch einnehmen. Die Möhre (sprich: den Etat) dicht vor die Nase gehalten, wird da so manche Agentur im letzten Augenblick doch noch schwach und bietet vielleicht Konditionen an, die betriebswirtschaftlich nicht mehr darstellbar erscheinen.
Billig bedeutet am Ende meistens teurer
Je nach Größenordnung der Etats kann der Angebotsunterschied zwischen zwei Agenturen am Ende bei bis zu einer Million Euro liegen. Das klingt zunächst reizvoll aus der Sicht des Auftraggebers. Doch genau diejenigen, die glauben, von der Rabattitis zu profitieren - nämlich die werbungtreibenden Unternehmen - leiden in Wahrheit am stärksten unter der Praxis. Sie merken es bloß zu spät.
Denn die Stundensätze sind nur das eine. "Egal, wie weit sich eine Agentur auch herunterhandeln lässt, sie wird am Ende trotzdem mit aller Macht versuchen, ihren Schnitt zu machen", weiß nicht nur Pitchberater Oliver Klein von Cherrypicker. Und meistens gelingt das den Agenturen dann auch irgendwie: Entweder mit endlosen Nachkalkulationen und einer Ausweitung der abgerechneten Stunden oder - falls dies nicht möglich ist - mit dem Drehen an der Qualitätsschraube. Das tut dann erst richtig weh.
Inhabergeführte oder Networks: Der Spielraum variiert
Inhabergeführte Agenturen haben bei der Angebotsgestaltung in der Regel weniger Spielraum als die großen internationalen Networks. Aber auch letztere tun sich dabei mittlerweile wesentlich schwerer als noch vor zehn Jahren. Denn die Quersubventionierung einzelner, strategisch wichtiger Kunden wird in Anbetracht des vorherrschenden, rein aufwandbasierten Projektgeschäfts zunehmend schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich.
Auch davon abgesehen, unterliegen die verschiedenen Agenturtypen ganz unterschiedlichen Zwängen. Eine inhabergeführte Agentur wird sich in der Regel nie unter einen bestimmten Preis drücken lassen, weil der Chef kaum Lust haben dürfte, einzelne Kunden am Ende aus seiner Privatschatulle zu finanzieren.
Networks wiederum, deren Muttergesellschaften an der Börse notiert sind, unterliegen zwar einerseits einem höheren Renditedruck. Andererseits aber hängen Prämienzahlungen und Karrieremöglichkeiten der Agenturmanager im Network sehr stark vom Erreichen bestimmter New-Business- und Umsatzziele ab - was den Blick auf die Rentabilität einzelner Kunden trüben könnte.
Was den Agenturen mit am meisten weh tut, das ist der anhaltende Trend zu erfolgsabhängigen Honorarmodellen. Dadurch gelingt es den Auftraggebern immer öfter, die Zahl der tatsächlich abgerechneten Stunden am Ende schließlich doch noch spürbar zu senken. Die Agentur bleibt also auf den Kosten sitzen.
Das Gefährliche für Auftraggeber daran ist: Bei einem nicht rentablen Kunden wird die Agentur sehr schnell damit anfangen, ausschließlich noch ihr Pflichtprogramm abzuspulen - und das auf niedrigster Sparflamme. Für Werbungtreibende kann dieser Schuss gewaltig nach hinten losgehen.