UDG:
UX-Check Rewe: "Dein Markt" auch im Web?
Wie schlägt sich der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands in Sachen User Experience? In unserem UX-Check testet die Digitalagentur UDG nach drei Jahren nochmal aufs Neue Rewe.de.
Auf den ersten Blick machen viele Webseiten einen gelungenen Eindruck. Doch wie sieht es bei der User-Experience aus, die nur Experten beurteilen können? Um das herauszufinden, analysiert Jörg Heidrich, Executive Director UX der UDG United Digital Group, die UX bekannter Webseiten. Dieses Mal prüft er erstmals eine bereits vor drei Jahren getestete Website aufs Neue. Wie hat sich die User-Experience bei Rewe.de seitdem entwickelt?
Wie gut finde ich mich zurecht?
Vor drei Jahren war die Usability der Rewe-Website mit 2,7 Punkten im Mittelfeld anzusiedeln. Hier bestand zum damaligen Zeitpunkt durchaus noch Optimierungspotenzial. 2020 konnte sich Rewe in der Kategorie Usability auf 3 Punkte (leicht) verbessern. Allerdings bestehen noch immer einige Punkte, die uns auffallen: Alt-Texte sind zwar bei den meisten Elementen vorhanden, allerdings handelt es sich nicht immer um einen passenden Text. Zudem weisen die Bilder zu viel Text auf, was für Screenreader das Vorlesen unmöglich macht. Darüber hinaus werden Kontrastwerte teilweise nicht eingehalten.
Die Navigation via Tastatur gestaltet sich auch noch immer schwierig, da die gerade angewählten Elemente in den meisten Fällen nicht hervorgehoben werden und die Nutzenden somit nicht wissen, wo sie sich gerade befinden. Noch ungünstiger: Manche Dinge, wie beispielsweise der Online-Prospekt, können nicht mehr mit der Tastatur geschlossen werden, da hier nur die Vor- und Zurück-Navigation über die Pfeiltasten funktioniert.
Die mobile Seite wiederum ist gut bedienbar. Die Struktur wurde auf die Umgebung angepasst und bietet gute Orientierung. Leider wurden teilweise zu kleine Schriftgrößen benutzt, wodurch manche Elemente schwierig zu lesen sind. Auch konnten wir im Test kein Rezept anschauen, ohne dass der Screen angeschnitten und damit fehlerhaft aussah. Das mindert leider die Mobile-Experience, da die Nutzenden so zum horizontalen Swipen gezwungen sind, um den ganzen Inhalt sehen zu können.
Gut umgesetzt und sehr hilfreich ist hingegen die Einkaufsliste, welche durch einen schönen Look sowie gute Funktionalität begeistert – und natürlich gerade auf Mobilgeräten sehr nützlich sein kann.
Auf Rewe.de werden viele Icons und Illustrationen verwendet. Diese sind ansprechend gestaltet, werden immer durch ein Label unterstützt und sind somit selbstbeschreibungsfähig. Die Farben der Website sind entsprechend der Firmenfarben gewählt und konsistent eingesetzt – nur die Kontraste lassen teilweise zu wünschen übrig.
Auf den ersten Blick ist die Navigation gut aufgeteilt – doch leider gibt es auch Schattenseiten. Befinden sich die Nutzenden beispielsweise im Bereich "Online bestellen", so fällt die Navigation zurück zur Startseite schwer: Der gewohnte Klick auf das Markenlogo verlinkt leider nur zur Seite "Online bestellen". Erst der Klick auf das sehr kleine und in der Meta-Navigation versteckte Home-Icon mit dem Label "rewe.de" oder aber der Umweg über "Märkte & Angebote" führt zum Erfolg.
Interessanterweise funktioniert der Klick auf das Markenlogo dort wieder wie gewohnt. Das gleiche passiert uns auf der "Scheine für Vereine"-Aktionsseite: Einmal dort gelandet, führt kein direkt ersichtlicher Weg zurück. Schade ist auch, dass die Breadcrumb-Navigation durch den geringen Kontrast zu den Headerbildern manchmal schlichtweg nicht zu erkennen ist – sie würde in dieser Sackgasse helfen.
Bei den Formularen auf Rewe.de gibt es nur wenig Kritikpunkte, wenngleich auch hier Verbesserungen möglich sind: Beispielsweise könnte statt eines Dropdowns für die Anrede eine Auswahl an Radio-Buttons benutzt werden, um einen unnötigen Klick zu sparen. Des Weiteren war die Eingabe der Telefonnummer nicht immer optional, selbst wenn sie offensichtlich nicht benötigt wird. Auch sollten Fehlermeldungen selbsterklärender formuliert werden. Trotz allem sind die Formulare insgesamt gut umgesetzt und können erfolgreich genutzt werden.
Was steht in den digitalen Regalen?
Gute 4 von möglichen 5 Punkten vergeben wir bei der Content-Qualität auf rewe.de. Die Texte sind gut strukturiert und durch Bilder oder Illustrationen ergänzt. Rewe bietet außerdem eine Vielfalt an informativen Themen – meist natürlich im Ernährungsbereich, aber auch Non-Food-Themen wie beispielsweise die Bastelratgeber sind schön umgesetzt und informativ.
Der Clou bei den Rezepten: alle verwendeten Lebensmittel können mit wenigen Klicks entweder auf die Einkaufsliste oder direkt in den Warenkorb gelegt werden. Das ist gut und konsequent weitergedacht und fördert die Conversion.
Eine tolle Idee ist darüber hinaus das "Rezepte-Match"-Spiel, welches ein wenig an Tinder erinnert: Die Nutzenden dürfen vorgeschlagene Gerichte im Schnellverfahren durch Rechts- oder Linksswipe oder alternativ mit Herz oder X bewerten. Am Ende bekommen sie passende Rezepte zu ihren Präferenzen vorgeschlagen.
Finde ich, was ich suche?
Keine Verbesserung zum Test vor drei Jahren ergab sich in Sachen Utility: Hier erhält Rewe.de lediglich 2,7 Punkte. Unser Schweineschnitzel-Beispiel aus dem letzten Test ergibt noch immer unzufriedenstellende Ergebnisse. Immerhin – bei einer Falscheingabe werden ein paar Suchergebnisse vorgeschlagen, dennoch wäre hier ein anklickbarer Korrekturvorschlag wünschenswert ("Wir konnten keine Treffer für 'Schweiuneschniztel' finden – meinten Sie 'Schweineschnitzel'?"). Außerdem müssen die Nutzenden ihre Suchanfrage erst aktiv bestätigen, bevor Ergebnisse angezeigt werden.
Dies betrifft jedoch nicht die Suche im Shop: Hier bekommen wir direkt beim Tippen Vorschläge angeboten, und auch die Suchergebnisse unterscheiden sich nicht.
Die Performance ist leider immer noch ein großes Manko der Website: Nur 11 von 100 Punkten erreicht die mobile Seite beim Google Speed Test. Das ist viel zu wenig und macht sich auch in der Nutzung bemerkbar. Die Desktopversion hat mit 54 von 100 Punkten ähnlich großen Nachholbedarf: Immer wieder signalisieren loading spinner das Nachladen der Seite, womit sich die Nutzung "hakelig" anfühlt.
Die Suche nach dem nächsten Rewe-Markt gestaltet sich leider ebenfalls mühselig, denn bei der Eingabe der Postleitzahl waren wir gezwungen, eine Liste aller verfügbaren Märkte im Umkreis zu durchsuchen. Mit einer stärker filternden Ortssuche wäre das Nutzungserlebnis angenehmer.
Will man mit Rewe Kontakt aufnehmen, so gibt es im Feedbackformular einige Stolperstellen: Angefangen beim Kalender, welcher die Auswahl eines Datums in der Zukunft zulässt, nur um dieses dann mit einer unklaren Fehlermeldung nach dem Klick auf "weiter" zu monieren, über vor- und zurückspringende Fortschrittsbalken bis
hin zu Eingabefeldern, welche kein Label haben und deren Bedeutung sich erst aus dem Kontext anderer Felder ergibt – die Liste des Frustrationspotenzials ist lang. Und wehe, man verwendet nach einer Fehleingabe den Zurück-Button des Browsers – dann geht das ganze Theater von vorne los.
Es gibt aber auch ein positives Beispiel der Dialogfähigkeit: Schön umgesetzt ist nämlich der Onlineshopping-Prozess. Das Erreichen des Mindestbestellwerts ist nun sehr klar dargestellt. Auch Vorteilspreise ab dem Einkauf bestimmter Mengen sind gut gekennzeichnet und werden gut wahrgenommen. Der Warenkorb ist übersichtlich gestaltet: Hier haben die Nutzenden die Möglichkeit, die Bestellmengen anzupassen, sie werden auf Aktionszeiträume bei bestimmten Produkten aufmerksam gemacht und erhalten hilfreiche Infos zu den gewählten Produkten. Darüber hinaus werden Produkte angezeigt, welche die Nutzenden ebenfalls interessieren könnten.
Abzüge gab es dafür wiederum durch inkonsistent umgesetzte Elemente: So sehen Produktkacheln exakt so aus wie die Aktionskacheln. Dies wäre nicht weiter tragisch, wenn nicht die Produktkacheln klickbar und die Aktionskacheln nicht klickbar wären. Diese Inkonsistenz führt zu Verwirrung und ist nicht erwartungskonform.
Dein Markt. Mein Markt?
4 Punkte und damit 0,3 besser als im letzten Test bekommt Rewe bei der Brand-Perception: Die Website wirkt frisch und modern, man erkennt die Marke Rewe durch das prägnante Rot und das Branding. Durch den Bereich "Rezepte & Ernährung" sowie durch liebevolle Bebilderung und Illustrationen schafft es Rewe, den Websitebesuchenden ein positives Markenerlebnis zu bieten. Von den Hauptkonkurrenten wie beispielsweise Edeka hebt sich die Website von Rewe damit gut ab. Auch der sehr gute Bestellprozess und die Möglichkeit seine Produkte abzuholen oder liefern zu lassen sind Erfolgsfaktoren.
Macht der Besuch im digitalen Markt Spaß?
Auch beim Joy of Use konnte Rewe.de besser punkten als noch vor drei Jahren. Hier stehen mit 3,7 Punkten 0,4 mehr auf der Anzeigetafel. Ansprache und Tonalität sind immer noch einladend. Die Bildstimmung sowie die Motive verstärken den guten Eindruck auch im Jahr 2020. Ein guter Bestell- und Shopping-Prozess sind zwar nicht wirklich innovativ, jedoch punktet Rewe mit frischen Ideen wie dem Rezepte-Match oder der Einkaufsliste. Auch beim Design versucht Rewe.de immer etwas Neues, wie beispielsweise die Seite "Scheine für Vereine" zeigt.
Das Fazit
Rewe.de ist eine tolle Seite mit schönen Ideen wie dem Rezepte-Match, der Einkaufsliste und anregendem Inhalt im Bereich "Rezepte & Ernährung". Herausragend ist der Online-Shop, in dem man gerne einkauft. Dies ist vor allem in der jetzigen Zeit ein großer Pluspunkt. Leider bestehen alte Schwächen teilweise weiterhin. Gerade bei der Barrierefreiheit und der Performance sollte noch immer dringend nachgebessert werden. Dennoch – Rewe hat sich in den letzten drei Jahren um 0,2 Punkte auf ein gutes Ergebnis von 3,5 Punkten verbessert. Glückwunsch!
Der Gastautor
Jörg Heidrich ist Executive Director User Experience bei UDG. Der 38-Jährige verfügt über mehr als 15 Jahre Berufserfahrung in Digitalagenturen und über umfangreiches Wissen in den Bereichen User Experience, digitale Produktentwicklung und Marketing.
Methodik:
Untersucht wurde im August 2020 die User Experience anhand der fünf Hauptkriterien Usability, Content Quality, Utility, Brand Perception und Joy of Use in jeweils drei Unterkriterien. In den Unterkriterien werden jeweils bis zu fünf Punkte vergeben, deren Mittel dann die Punktzahl des Hauptkriteriums bildet. Deren Durchschnitt wiederum ergibt das Gesamtergebnis von maximal fünf Punkten.
Du willst wissen, wie und wo du dein Werbebudget am besten einsetzt? Du willst dich mit den Entscheidern der Branche austauschen? Dann ist der W&V Summit dein Ding. Melde dich hier an >>>
Am 18. März 2024 werden im Rahmen des Deutschen Mediapreises die kreativsten und effektivsten Media-Ideen ausgezeichnet. Wer mit seiner Kampagne dabei sein möchte, kann sich jetzt bewerben. Hier gibt es alle Infos >>>
Das Wichtigste aus der Agenturwelt in Deutschland und international, alles zu Kreation, Trends und Personalien: Unser Newsletter Agency Snack
W&V-Kreativranking: Diese Wettbewerbe wertet W&V. Das ist der aktuelle Zwischenstand im Ranking.
W&V berichtet täglich über die wichtigsten Kampagnen: Hier findest du sie alle.