Interview mit Sybille Kircher:
Was ein Marken-Name braucht, um im Netz gefunden zu werden
Markennamen müssen kreativ sein statt einfach nur trendy, findet Sybille Kircher, Chefin der Namensagentur Nomen. Welchen Einfluss der Naming-Prozess auf die Sichtbarkeit hat und auf welche Markennamen sie neidisch ist, verrät sie im Interview.
Marken brauchen nicht einfach nur einen Namen, sie brauchen vor allem den richtigen - sonst kann es Unternehmen gehen wie Audi mit seinem E-Tron oder Mitsubishi mit dem Modell Pajero. Aber wie müssen Brands eigentlich heißen? - Sybille Kircher weiß die Antwort. Die Geschäftsführerin der Agentur Nomen entwickelt neue Namen für Kunden wie Lidl, Fujitsu und Dacia.
Frau Kircher, vor Kurzem hat Siemens seine Medizin-Sparte "Healthcare" in "Healthineers" umgetauft und dafür viel Spott geerntet. Können sie das nachvollziehen?
Ja, der Name klingt in der Tat sehr sperrig. Der englische "th"-Laut ist international nicht die beste Wahl.
Mal ganz provokant gefragt: Braucht man für den Markennamen wirklich eine Agentur? Unternehmen wie Daimler oder Siemens sind nach ihren Gründern benannt. Und Steve Wozniak und Steve Jobs sind von allein auf Apple gekommen.
Mal ganz provokant geantwortet: Nein, man kann einen Markennamen natürlich auch ohne eine Agentur finden. Ob der dann aber auch ein Erfolg wird, steht auf einem anderen Blatt. Viele hausgemachte Namen sind kopflastig und klingen nur in den Ohren ihrer Macher gut. Das rächt sich dann, wenn die Öffentlichkeit ihre Schwierigkeiten mit dem Namen hat und ihn nicht akzeptiert. Wir kennen die Stolperfallen und können das Erfolgspotenzial von Markennamen im Vorfeld realistisch einschätzen.
Vielleicht kommt Ihnen das Szenario bekannt vor: Der Kunde hat sich selbst einen fertigen Namen und Slogan ausgedacht. Er hält ihn für großartig, Sie finden ihn furchtbar. Was machen Sie?
Kunden, die mit ihrem Namen und Slogan zufrieden sind, kommen erst gar nicht zu uns. Es ist umgekehrt: Man holt uns ins Boot, wenn die vorhandenen Namen oder Slogans nicht funktionieren oder aus juristischen Gründen nicht verwendet werden können.
Welche Tipps sollten Unternehmen beachten, die ihren Markennamen selbst entwickeln wollen?
Objektivität ist sehr wichtig. Die Namenswahl darf nicht von persönlichen Präferenzen abhängig gemacht werden. Entscheidend ist, ob der betreffende Vorschlag markenrechtlich, sprachlich-kulturell und natürlich strategisch den Anforderungen der Marke langfristig genügt. Darüber hinaus dürfen Unternehmen bei der Namenswahl mutig sein und einen Namen wählen, der sich auch wirklich differenziert. Die Faustregel lautet: Kreativ ja, trendy nein. Schließlich ist der Name das einzige Element im Marketing-Mix, das nicht mehr verändert werden sollte.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen Markennamen nebst Slogan entwickeln?
Unser Fundament ist die Markt- und Markenpositionierung des Kunden. Darauf bauen wir die Strategie für Markennamen und Slogan auf. Viele unserer Kunden besitzen übrigens umfangreiche Markensysteme, in die sich die neue Marke einfügen soll. Auch das müssen wir bei der Namensstrategie berücksichtigen. Zum Naming-Prozess gehören natürlich auch der kreative Part sowie viele verschiedene Prüfungen. Wir stellen sicher, dass der Vorschlag sprachlich-kulturell und juristisch funktioniert. Weltweit, wenn gewünscht. Und zu guter Letzt sorgen wir dafür, dass unsere Vorschläge auch im Internet – als Domain und App – funktionieren und in den Suchmaschinen gut gefunden werden.
Welchen Einfluss hat der Markenname auf die Sichtbarkeit im Netz, sprich die Position im Suchmaschinen-Ranking?
Er ist enorm wichtig für die Position im Suchmaschinen-Ranking. Je beschreibender ein Name, desto schwieriger wird es, diesen im Internet zu finden. Ganz einfach deshalb, weil er in der Masse untergeht. Ob online oder offline: Eine Alleinstellung lässt sich nur über eine starke Marke erreichen. Der Name hat in diesem Zusammenhang eine Leuchtturmfunktion.
Wenn Sie den idealen Namen für eine neue Suchmaschine finden müssten: Wie würde der aussehen?
Überraschend, bildhaft, einzigartig. Auf jeden Fall anders als alle anderen Suchmaschinen-Namen.
Ganz ehrlich: Auf welchen Markennamen und Slogan wären Sie selbst gerne gekommen?
Alphabet – mit dieser Dachmarke ist Google ein ganz großer Wurf gelungen!