Super-Bowl-Bilanz:
Alles auf eine Karte: Wie Loctite vom Super Bowl profitierte
Die Klebermarke Loctite setzte 2015 fast ihr gesamtes Marketingbudget auf einen Spot im superteuren Super-Bowl-Werbeblock. Die Bilanz ein Jahr später: Der riskante Einsatz hat sich gelohnt. Auch für die Wettbewerber.
Im Marketing alles auf ein Spiel setzen? Dem Bauchgefühl vertrauen? Keine gute Idee, meint Cloud-Bastler Adobe und zeigt die möglichen Folgen eines solchen Handelns im aktuellen Spot "The Gambler". Darin führt der Digitaldienstleister einen Marketingverantwortlichen vor, der sein ganzes Budget für einen Spot im teuersten Werbeblock der Welt verpulvert - beim Super Bowl. Volles Risiko, ohne Absicherung durch Daten. Der Frischkäse-Spot fällt schon in der Kneipe durch. Das Schicksal des Marketers scheint besiegelt.
So angespannt wie der Adobe-"Spieler" dürften sich 2015 auch die Marketingverantwortlichen der Klebermarke Loctite Glue gefühlt haben. Denn auch sie riskierten alles, setzten mit 4,5 Millionen Dollar nahezu das komplette Jahres-TV-Budget für einen Spot beim Super Bowl ein. Wobei die Absicherung durch vorherige Marktforschung deutlich gründlicher ausgefallen sein dürfte als bei dem Frischkäse-Typen im Adobe-Spot.
Die Kreation von Fallon setzte auf schräge Charakter-Typen, die zu einem Reggae tanzen und dabei Kaputtes kleben - ein Einhorn, die Ehe. Der Spot verwies auf den Kampagnenhashtag #WinAtGlue, der zu weiteren Online-Inhalten führte.
Hat sich die teure Werbepremiere beim Super Bowl für die Henkel-Marke Loctite gelohnt? Konnte sie Markenbekanntheit und Absatz steigern? Das US-Branchenblatt "Adage" hat sich die Entwicklung der Marke genauer angeschaut. Das Fazit: Ja und Nein.
"Adage" beruft sich auf Daten des Marktforschungsinstituts IRI. In den vier Wochen nach dem Super-Bowl-Auftritt stieg der Absatz von Loctite um durchaus beachtliche 8,6 Prozent. Doch auch der Gesamtmarkt legte zu, in den Wochen nach dem Spiel um 6,5 Prozent. Besonders positiv entwickelte sich jedoch Wettbewerber Gorilla Glue: Im Monat nach dem Super Bowl stieg der Absatz der Marke um ganze 45 Prozent. Sie warb mit einem klassischen, eher breit gefächerten Werbeansatz, ohne Präsenz beim Super Bowl.
Während Loctite 2014 noch mit einem rückläufigen Geschäft kämpfen musste, konnte die Marke 2015 den Absatz um 6,7 Prozent steigern. Der Gesamtmarkt wuchs im selben Zeitraum um 7,3 Prozent, angeführt vor allem von Gorilla Glue, das 2015 insgesamt ein Absatzplus von 36,2 Prozent feiern konnte. Marktführer Elmer's legte um 2,7 Prozent zu (Umsatz 2015: 148,5 Millionen Dollar), Loctite ist laut IRI die Nummer zwei mit einem Umsatz von 44,6 Millionen Dollar, knapp gefolgt von Gorilla mit 44,1 Millionen Dollar.
Hat sich der teure Super-Bowl-Einsatz dennoch gelohnt? Loctite bejaht dies gegenüber "Adage" deutlich. IRI bilde nicht die ganze Wahrheit ab, die Marke habe sich 2015 über alle Kanäle hinweg deutlich besser entwickelt, erklärt Marketingdirektor Pierre Tannoux. Der Super Bowl habe die Markenbekanntheit über Nacht um 5 Prozentpunkte verbessert. Eine Wiederholung ist jedoch nicht geplant: "Wir wollten niemals zu dem Club von Leuten gehören, die jedes Jahr beim Super Bowl dabei sein müssen", so Tannoux
Der Loctite-Marketer glaubt, dass das Wachstum des Gesamtmarktes auch seinem Marketingcoup zu verdanken ist. Klebstoff werde eher spontan gekauft, nach dem Super Bowl hätten viele Händler reagiert und die Produkte besser platziert.
Für das starke Wachstum von Gorilla Glue gibt es noch eine andere Erklärung: Die Marke investierte 2015 (bis 21. Januar) alleine in TV-Werbung 5,9 Millionen Dollar. Also deutlich mehr als Loctite. Und verteilt über das Jahr, so dass die Marke in den Werbeblöcken immer wieder präsent war.
Henkel, Konzernmutter von Loctite, ist trotzdem vom Super-Bowl-Werbeeffekt überzeugt. In diesem Jahr schickte das Unternehmen seine Marke Persil in das Football-Werbegetümmel. Der kreativ eher wenig glänzende Spot ergänzt eine schon länger laufende Kampagne.