Waren lange Zeit Zeitungen, Wochenblätter und Lokalradio die unangefochtenen Favoriten im lokalen Marketing, so wandert heute immer mehr Marketingbudget in digitale Kanäle. Allein zwischen 2012 und 2017 sind die Bruttowerbeausgaben für Onlinemarketing anteilig von 5,9 auf 17,5 Prozent gestiegen – und sie werden laut Prognose in drei Jahren knapp ein Viertel ausmachen.

Im jüngst erschienenen EHI-Marketingmonitor „Handel 2017–2020“ ist zudem zu lesen, dass rückblickend der Anteil der Printwerbung für den Handel – von Prospekten und Anzeigen bis hin zu Magazinen– von 70 Prozent im Jahr 2007 auf aktuell 48 Prozent gesunken ist.

Matthias Lange von der Regionalmarketingagentur Lokalyzer kann das nur bestätigen: „Klassischerweise besteht ein regionaler Mediaplan aus einem hohen Anteil Print – immer noch über 50 Prozent der Budgets unserer Kunden wird in Plakat, Prospekte, Tageszeitungs- und Wochenblattanzeigen investiert – sowie in geringerem Anteil an Kinowerbung und Onlinewerbung, was ein Siebtel der Werbebudgets ausmacht. Doch gerade Digital wird noch zu stiefmütterlich genutzt, obwohl regionales Targeting, nutzerspezifische Anzeigen und zahlreiche Werbemöglichkeiten hohe Chancen bieten.“

Denn das Angebot an geobasierten Daten wächst ständig. „Die 24/7-Smartphone-Nutzung hat die regionale Mediaplanung enorm verändert. Das Tracking der Customer-Journey via GPS-Signal ermöglicht mittlerweile eine ganz neue Wissens-tiefe zum individuellen Tagesablauf“, weiß Jens Schnückel, Geschäftsführer von Brandlocal.

Neue Geomarketing-Units in den Agenturen

Dieser Verschiebung tragen Agenturen inzwischen Rechnung: Pilot hat jüngst eine Geomarketing-Unit gegründet. Deren Aufgabe besteht darin, regionale und lokale Kampagnen zu entwickeln. Zum Einsatz kommt ein neu entwickeltes Planungstool, mit dem sich sämtliche lokalen Mediagattungen bis auf kleinste statistische Ebenen planen und kalkulieren lassen.

Auch Brandlocal, eine Ausgründung der Agentur Crossmedia, hat unlängst auf der Dmexco mit dem „Impact Monitor“ ein entsprechendes Tool vorgestellt, das auf Geo-Intelligence setzt: Für eine optimale On- und Offline-Kommunikationsstrategie lassen sich alle Mediaoptionen daraufhin abklopfen, ob sie die gewünschte Wirkung erzielen. Die zu Serviceplan gehörende Mediaplus Regio wiederum firmiert seit Kurzem unter dem neuen Namen Mediaplus Geo Intelligence.

Mit der Umbenennung will Mediaplus auf die zunehmende Bedeutung von Geo-Intelligence in der Mediaplanung hinweisen. Entsprechende geografische Planungstools hat auch diese Agentur im Portfolio. „Umfangreiche Geo-Datenbanken sowie räumliche Datenanalysen ermöglichen eine Zielgruppenverortung bis auf Hausebene. Es wird aufgezeigt, wo sich Kunden sowie Neukunden räumlich befinden“, beschreibt Andrea Falkenberg, Inhaberin von Falkenberg Media, den neuen Komfort.

Die Crux besteht häufig darin, genügend Zielpersonen zu finden, an die die Werbung ausgespielt werden kann – bei geobasierten Kampagnen immer wieder ein Problem. Da hilft nur, den Radius größer zu setzen. Eine Regionalanalyse ist daher unumgänglich. Falkenberg erklärt, welche regionalen Gebiete der Werbungtreibende wie erreichen möchte, wo die Stark- und Schwachgebiete sind und welche Zielgruppeneigenschaften das Handelsunternehmen regional sucht. „Dabei werden die Planungen aufgrund der Datenfülle und Selektionsmöglichkeiten immer detaillierter“ sagt Esther Busch, Managing Partner der Mediaplus.

Doch trotz aller Vorteile von geobasierten Marketingansätzen sollte nach Ansicht der Planer kein Werbungtreibender auf Print verzichten, wenn seine Produkte erklärungsbedürftig sind. Denn nicht für jedes Produkt lässt sich die Aufmerksamkeit der potenziellen Zielgruppe mit einem kurzen Claim wecken. Gerade für komplexe Sachverhalte wie bei Technikprodukten vom Smartphone bis zum TV oder bei Themen rund um Geld und Versicherungen ist es notwendig, dem Konsumenten mehr Informationen anzubieten.

Dass für contentlastige Anzeigen die regionale Tageszeitung das Werbeumfeld der Wahl ist, belegt eine Werbewirkungsstudie, die der Crossmedia-Vermarkter für eine Kampagne zur Pflegeversicherung des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt hat. Die „Aufmerksamkeitsquote lag bei 78 Prozent, der Aktionsimpuls bei 30 Prozent – alles sehr gute Werte. 26 Prozent der Leser gaben sogar an, sich die Seite zum Nachlesen aufzuheben.

Fazit: Für den stationären Handel müssen Medien regional aussteuerbar sein. Hierfür sind Tageszeitungen, Anzeigenblätter und die Prospekt-Direktverteilung nach wie vor gut geeignet. Doch Print allein reicht nicht mehr. Um Marktpotenziale auszuschöpfen, sind digitale Werbeformate unverzichtbar.

Für Christoph Günster, Assistent der Geschäftsführung bei dem Medienhaus VRM aus dem Rhein-Main-Gebiet, ist ein anderer Punkt noch wichtiger: „Regionale Kunden benötigen neben der eigentlichen Werbeplanung einen Ansprechpartner, der Beratung und Service rund um die Digitalisierung bietet.“

(Text: Yvonne Göpfert)


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