Kongress der Zeitschriftenverleger:
Knapp, unprätentiös, witzig: Der Einstand des neuen VDZ-Präsidenten
Der neue VDZ-Präsident Stephan Holthoff-Pförtner muss die Wogen glätten: Denn G+J, Zeit und Medweth sind noch verschnupft. Auf dem Verlegerkongress wurde sogar über eine mögliche Spaltung des VDZ diskutiert.
Die ausladende Entwicklung von Gedanken hinter dem VDZ-Rednerpult entspricht nicht dem Stil von Stephan Holthoff-Pförtner. Der neue VDZ-Präsident, Minderheitsgesellschafter der Gesellschafter der Funke-Gruppe, Anwalt und Nachfolger des Verlegers Hubert Burda an der Verbandsspitze, mag es trocken, knapp, unprätentiös. Er will es erst gar nicht versuchen, so zu sein wie Burda in den 20 Jahre seiner Amtszeit. Also verkürzte Holthoff-Pförtner sein Redemanuskript, strich die Redundanzen und konzentrierte sich auf wenige wesentliche Punkte.
Er sei bewegt gewesen von der Publishers' Night und dem Thema des Kongresses, der Freiheit. Um deren Verteidigung gehe es in Zeiten, in denen politische Debatten härter und polarisierender ausgetragen würden und mit teils "getrübter Wahrnehmung", wie Finanzministeer Wolfgang Schäuble am Vortag in seiner Rede gesagt hatte. Solle er einmal in die Lage kommen, es mit der Freiheit nicht mehr ganz so ernst zu meinen, werde er sich immer das Gesicht von Can Dündar vor Augen halten. Der Exil-Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet war am Vorabend vom VDZ für seinen mutigen Kampf für Pressefreiheit geeehrt worden.
Verleger seien mehr als Unternehmer, sie brauchten in komplizierter werdenden Zeiten Mut und Haltung. Sie seien aber nicht nur Träger von Werten wie der Presse- und Meinungsfreiheit, sondern vor allem mit der Aufgabe betraut, die Gesellschaft wahrhaft und sorgfältig zu informieren. Um das tun zu können, müssten sie wirtschaftlich unabhängig sein, sagt der Anwalt, der maßgeblich an der Verhandlung des Springer-Funke-Deals, einer der größten Verlagskonsolidierungen der jüngsten Zeit, beteiligt gewesen war.
Der Deal war von vielen als teure Einkaufstour in eine "dead industry" gewertet worden. Doch Größe durch Konsolidierung des Zeitschriften- und Zeitungsmarktes sei wichtig, um Wirtschaftlichkeit herzustellen und damit letztendlich die Voraussetzung für inhaltliche Qualität herzustellen, sagt Holthoff-Pförtner mit Hinblick auf den Deal trocken und witzelte: "Wenn das eine dead industry ist, dann ist das ein schöner Tod."
An die Adresse der arg verschnupften Verbandsmitglieder G+J, Spiegel, Zeit und Medweth schickte Holthoff-Pförtner den Hinweis, dass ein Verband von der Geschlossenheit seiner Mitglieder lebe, vom Vertrauen und dem Willen zur Zusammenarbeit. Er selbst werde sich dafür einsetzen, dass diese Grundlagen für eine erfolgreiche Verbandsarbeit selbstverständlich blieben.
Die Verlage hatten sich aus dem Nominierungsprozess ausgeschlossen gefühlt und die geheime Kandidatenfindung öffentlich kritisiert. Das G+J-Management war dem Verlegerkongress auf Anweisung von oben aus Protest fast komplett fern geblieben. G+J-Vorstand Julia Jäkel hatte auf ihren Redebeitrag verzichtet. Bei der Präsidentenwahl am Sonntag hatte immerhin Motorpresse-Geschäftsführer Volker Breid seine Stimme abgegeben - in seiner Funktion als frischgewählter Vorstandsvorsitzender des Südwestdeutschen Zeitschriftenverleger-Verbands (SZV). An dem Verlag ist G+J mehrheitlich beteiligt. Die Wahl Holthoff-Pförtners war einstimmig erfolgt.
Jäkel war von Hamburger Verlagen als VDZ-Präsidentschaftskandidatin vorgeschlagen worden, das amtierende Präsidium habe jedoch nicht einmal auf diesen Vorschlag reagiert, heißt eine Erklärungsvariante. Auf dem Kongress kursierte jedoch auch eine andere Version. Man habe G+J ein Angebot unterbreitet, Jäkel in verantwortlicher Position eng ins neue Präsidium einzubinden. Wie auch immer: Am Mittwoch solle es aus dem Hause G+J dazu angeblich eine Erklärung geben, hieß es am Abend. Das könne möglicherweise auch auf eine Spaltung des VDZ hinauslaufen, spekulieren manche.
Das Verhalten des Hamburger Verlagshauses werteten viele Kongressteillnehmer als "Kindergartenspielchen" und "Blamage" für das Verlagshaus. Holthoff-Pförnter ("Ich komme aus einer lustigen Patchworkfamilie") traut man es jedoch zu, die Wogen wieder zu glätten.
Angesprochen auf die Hoffnungen, die der Verband in das politische Netzwerk des von Hubert Burda als Nachfolger favorisierten CDU-Mannes und ehemaligen Kohl-Vertrauten setzt, sagt der neue Präsident: "Das Gute an Freundschaften ist, dass man sie nicht ausnutzt und nichts einfordert. Dafür legt dann auch niemand gleich den Hörer auf, wenn ich anufe." Schäuble, witzelte er, sehe ihn aber nicht gern, weil er dann an Helmut Kohl denken müsse. Das Verbands-Lieblings-Thema Mehrwertsteuer-Reduktion hatte Gastredner Schäuble umschifft.