Sascha Klein, Leo Burnett:
Snapchat kommt in die Pubertät: Was Sie jetzt dazu wissen sollten
Persönlicher, direkter und schneller - das sind die Vorteile von Snapchat. Die einst hippe Plattform scheint nun erwachsen zu werden. Was das für Marketer und Medienplaner bedeutet, erläutert Sascha Klein, Leo Burnett.
Snapchat ist DAS Tool für die visuelle Kommunikation, mit dem man persönlicher, direkter und schneller kommunizieren kann. Anfänglich als Hype von der Jugend gefeiert, scheint sich die Plattform nun nach und nach in Richtung "digitale Pubertät" zu bewegen. Das hat verschiedene Gründe:
Erbarmen! Zu spät, die Alten kommen!
Natürlich wird die Plattform nach wie vor immer noch vorwiegend von Millenials und jungen Menschen genutzt, denn der viel zitierte und beschriebene Reiz von Snapchat inklusive seiner Funktionalitäten hat nach wie vor noch nicht nachgelassen. Nichtsdestotrotz wächst das Interesse "der Alten", denn laut eigenen Angaben steigt der Anteil der User über 35 bei Snapchat rasant und hat sich allein in den letzten beiden Jahren mehr als versiebenfacht. Unattraktiver wird die Plattform für die junge Zielgruppe deshalb nicht, das belegen aktuelle Nutzerzahlen, denn mehr als die Hälfte (51Prozent) der Snapchat-Nutzer ist zwischen 16 und 24 Jahre alt. Das mag vor allem daran liegen, dass Snapchat keine klassische Social-Media-Plattform ist, da man sich in erster Linie auf einem Messenger bewegt, der Inhalte im Optimalfall nur für eine ausgewählte Nutzerschaft zugänglich macht.
Form Follows Function – Welcome Bitmojis und Co.
Um junge und alte Nutzer jenseits von Filtern und "Lenses" bei Laune zu halten, muss sich die Plattform notgedrungen die "ersten digitalen Pickel" ausdrücken, also technisch weiterentwickeln. Mit "Memorys" stand die erste globale Änderung an. Damit kann man Storys aus alten Aufnahmen neu zusammenstellen und dazu auch Fotos und Videos aus dem normalen Foto-Album der eigenen Smartphone-Kamera benutzen und diese dann teilen oder auch über andere digitale Wege exportieren.
Storys von Nutzern oder Marken möchte die Plattform auch zukünftig in den Fokus stellen, deshalb wurde ihnen auch innerhalb der App ein höherer visueller Stellenwert zugesichert, als den offiziellen "Discover"-Kanälen. Zusätzlich können nun Bitmojis in die App integriert werden. Snapchatter sind dadurch nun in der Lage, ihre ganz persönlichen Emoji-Avatare mit sich selbst als Hauptcharakter zu basteln, diese unendlich zu variieren, sie den Snaps hinzuzufügen oder in die Chats einzubauen – die Kommunikation über Snapchat wird also noch bunter.
First Mover sein war gestern
Immer neue Funktionalitäten und das steigende Verständnis für die Plattform seitens ("alter") Marketer treibt natürlich auch immer mehr Marken und Unternehmen auf die Plattform. So begrüßt man inzwischen Unternehmen wie Lidl oder McDonald's Deutschland, aber auch Institutionen wie die Berliner Polizei auf Snapchat.
Auch McDonald’s Deutschland hat den Kanal Snapchat für sich entdeckt. Im Vordergrund stehen plattformgerechte Kommunikation und Zielgruppen-fokussierte Produktinszenierung. Betreut wird der Kanal von Leo’s Thjnk Tank in München.
Markenkommunikation mal anders
Die neuen Funktionalitäten bieten Marketern immer neue Möglichkeiten, um auf der Plattform mit der eigenen Marke präsent zu sein. Dabei fällt vor allem auf, dass Marken unkonventioneller an die Inhalte auf der Plattform herantreten, als man es von den bereits erwachsenen Plattformen wie Facebook gewöhnt ist. Inhalte werden originär für und auf Snapchat in entsprechender Tonalität entwickelt. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Man merkt schnell, dass manche Unternehmen die für die Kommunikation auf Snapchat nötigen redaktionellen Prozesse schneller inhaliert haben und sich inhaltlich von Mitbewerbern abgrenzen.
Snapchat möchte auch nur Werbegelder
Denkt man an Snapchat, denkt man in erster Linie an "Lenses". Kreative und Marketer stellen sich gleichermaßen die Frage: "Wie kann ich eben diese Funktionalitäten auch für meine Marke nutzen?" Die klare Antwort: Mit einem großen (sehr großen) Budget ist eine Menge möglich. So bestehen Möglichkeiten über die sogenannten "Anchormarkets" Werbebuchungen zu platzieren, die jedoch in der Kosten-Leistungsrechnung jedes Unternehmens aktuell noch recht fragwürdig wirken. Doch es geht ein Licht auf am Horizont des Werberhimmels: Snapchat baut seine Präsenz künftig weiter aus und wird dann auch lokal mehr Möglichkeiten hinsichtlich Media anbieten können. Dazu kommen verschiedene Ansätze, die derzeit in den Kernmärkten getestet werden, wie beispielsweise der "Power Editor" des gelben Geists, ein Advertising Tool, über welches sich diverse Formate in die Plattform implementieren lassen.
Darf man der Gerüchteküche und ein paar angemeldeten Patenten der Plattform glauben, arbeitet man darüber hinaus an einem Konzept für ein Format, das Anzeigen anhand von Fotos auf dem Smartphone ausspielt. Doch das ist noch Zukunftsmusik, die gewohnterweise bei Snapchat jedoch schneller läuft als im ¾-Takt, denn letztendlich will die Plattform dasselbe wie Facebook, Instagram und Whatsapp: Das Unternehmen kämpft dafür, dass die Nutzer möglichst viel Zeit in der App verbringen, und um Werbegelder zu generieren, möchte man auch immer interessanter für Unternehmen werden.
Sascha Klein, Director Content Marketing & Social Media, ist seit 2012 bei Leo Burnett beschäftigt und verantwortet in seiner Funktion den Bereich Social Media und Content Marketing. Vorher war er als Social-Media-Berater und Dozent bereits für verschiedene Unternehmen und Agenturen tätig. In dieser Funktion führte der gelernte Werbekaufmann große Brands und Unternehmen an den Bereich der sozialen Medien heran.