Esport:
Turtle Entertainment - Die Schildkröte startet durch
Das Unternehmen Turtle Entertainment ist weitgehend unbekannt, mit ihrer populärsten Marke ist das anders: Die ESL ist der weltweit größte Ausrichter von Gaming-Events. Die Zahlen sind beeindruckend – und das Umfeld spannend.
Da gab es diese bildliche Gegenüberstellung vor einigen Monaten. Das Publikum bei der Vereidigungs-Ansprache von Donald Trump und daneben, zum Vergleich, das Bild eines Megaevents der ESL. Fazit: Die ESL lockt mehr Besucher an als der neue US-Präsident. Nur ein kleiner Schabernack natürlich. Aber wie es doch häufig mit Späßen so ist: Irgendwie war dann doch was Wahres dran. Denn die "Electronic Sports League", heute nur noch ESL, ist der weltweit größte Ausrichter von Events im Gaming-Bereich – und kann schon heute mit beeindrucken Zahlen aufwarten.
Esport in die Welt tragen
Rund 550 Mitarbeiter in 17 Büros auf der ganzen Welt organisieren pro Jahr 13.000 Turniere und Veranstaltungen, rund 35 pro Tag. Darunter auch Mega-Events in Stadien und Hallen, durchschnittlich eines pro Monat, zu denen bis zu 15.000 und mehr Gaming-Fans aus der ganzen Welt pilgern. Sie wollen live dabei sein, wenn sich die Profi-Spieler im Ego-Shooter "Counterstrike", dem Fußball-Game "Fifa 17" oder den Strategiespielen "Dota" und "League of Legends" messen, um die wichtigsten Games zu nennen. Tausende Live-Besucher plus Abrufe im Millionenbereich auf Streamingplattformen zeigt: Esport ist populär wie nie – und davon können auch Werbetreibende profitieren.
Hinter der ESL und weiteren Marken – darunter die Streamingplattform ESL Play mit allein über sieben Millionen registrierten Nutzern – steckt das Unternehmen Turtle Entertainment. „Das steht aber nur im Arbeitsvertrag und auf der Lohnabrechnung. Alle kennen uns nur als ESL“, sagt Christopher Flato, PR-Manager und Jugendschutzbeauftragter. Bleiben wir also bei ESL, der Einfachheit halber. Die ist seit dem Jahr 2000 nämlich in einer zentralen Mission unterwegs: Den Esport in die Welt tragen. Dazu braucht es einerseits Fans und Spieler, andererseits: „Werbung und Sponsoring ist eine der wichtigsten Säulen für uns“, sagt Flato.
Physiotherapeut statt Fast-Food-Orgien
Die Esport-Szene hat sich in den vergangenen Jahren – spätestens, so schätzt Flato, seit den ersten ESL-Großevents 2014 – stark professionalisiert. Zum einen, was die Spieler betrifft: Mittlerweile prägen den Esport-Bereich Vollprofis, die von PR-Leuten ebenso unterstützt werden wie von Physiotherapeuten, damit der Gamer-Körper nicht rostet.
Andererseits, was die gesamte Organisation und die Strukturen angeht, von Großevents bis zu Turnieren im Online-Stream – und damit einhergehend auch bezüglich Werbepartner und Sponsoren. Bei der ESL sind es zunächst recht naheliegende Marken wie Asus, Intel und der Grafikkartenhersteller Nvidia. Aber auch Gillette oder der Versicherer Wüstenrot, der sich als Hauptsponsor der ESL Meisterschaft für die kommenden drei Jahre verpflichtet hat und aktuell eine Influencer-Kampagne mit Stars aus der Esport-Szene fährt.
"Welche Art von Engagement im Marketing oder Sponsoring Sinn macht, das klären wir ganz individuell mit dem Kunden", sagt Flato. Dass sich dabei zunehmend auch Marken im ESL-Umfeld tummeln, die man dort zunächst eher nicht erwarten würde, sei einfach erklärt: Eine junge, homogene Zielgruppe, vor allem in den Zwanzigern, "die man in der heutigen Zeit ansonsten nur sehr schwierig erreicht", wie er sagt. Und weiter: "Die verschiedenen Spieletitel unterscheiden sich zusätzlich in ihrer jeweiligen Zuschauerschaft. Bei Fantasyspielen wie Dota 2 ist der Frauenanteil beispielsweise deutlich höher", sagt Flato. So lasse sich die gewünschte Zielgruppe gut ansteuern.
Lizenzrechte als großes Thema
Die Spieler sind professioneller geworden, das Unternehmen auch, Sponsoren und Werbetreibende entdecken den Esport für sich. Da sind weitere Schritte programmiert: So will die ESL künftig noch stärker als Storyteller auftreten. Und noch etwas steht im Raum, erzählt Flato. Früher habe man sich gefreut, wenn die Events überhaupt irgendwo übertragen wurden. Heute sei das anders: "Das große Thema momentan sind die Lizenzrechte für die Übertragungen", sagt er. Die Schildkröte schaltet also noch einige Gänge höher.