Der NPfIT hatte das ehrgeizige Ziel, den NHS ins 21. Jahrhundert zu führen. Der Plan war, ein integriertes digitales Patientenakten-System zu schaffen, das die Art und Weise, wie der NHS die Informationstechnologie einsetzt, verändern würde. Letztlich sollte es die Dienstleistungen und die Qualität der Patientenversorgung verbessern. Es war das größte zivile IT-Projekt der Welt. Aber das Programm wurde zu einem Fiasko und wurde als "der größte IT-Fail aller Zeiten" bezeichnet. Mit Kosten von über 12 Milliarden Pfund war es sicherlich einer der teuersten IT-Innovationsfehler der Geschichte.

Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig: Lokale Organisationen wehrten sich gegen das Projekt, weil der NHS Top-down-Entscheidungen in ihrem Namen getroffen hatten. Der Umfang des Projekts wurde stark unterschätzt und die Endanwender waren nicht ausreichend in den Entwicklungsprozess eingebunden, sodass das System eine "beispiellose Größe und grenzenlose Komplexität" hatte, die es für das medizinische Personal schwierig machte, es zu nutzen. Ein Mega-Fail!

Man kann nur hoffen, dass sie aus ihren Fehlern gelernt haben – aber auch die digitalen Big Player sind vor Fehlern nicht sicher…

…richtig, Microsoft Bob und Google Wave sind zwei weitere Beispiele für Fails, die mir spontan einfallen. Nicht zu vergessen Facebook's neuerlicher Datenschutzfehler. Im Museum haben wir auch Tidal, den Musik-Streaming-Service, der mit Spotify konkurrieren sollte.  Das Projekt war von Anfang an von Misserfolgen geplagt und ist jetzt nur noch Monate vom Bankrott entfernt.

Ich denke, einer der häufigsten Gründe für das Scheitern in der digitalen Welt ist entweder eine falsche Umsetzung oder eine Fehleinschätzung, wie schwierig die Einführung digitaler Dienste tatsächlich ist. Und ein weiterer Grund ist, dass sich die Entwickler und Innovatoren nicht ausreichend die Frage stellen, ob das digitale Produkt/Dienstleistung tatsächlich das Leben der Menschen verbessert. Es gibt eine Menge digitaler Technologie, die zwar existiert, aber für potenzielle Nutzer nicht wirklich nützlich ist.

Irren ist menschlich – müssen wir daher auch in Zukunft Fehler machen, um die Digitalisierung menschlich zu gestalten?

Ja, mit Sicherheit! Wir müssen weiterhin Fehler machen und versagen, um Innovation und Fortschritt voranzutreiben. Wenn man darüber nachdenkt, ist unsere Existenz als Spezies das Ergebnis von Millionen von Jahren des Versagens im Sinne von genetischen Mutationen. Wir sind das Ergebnis der sehr wenigen erfolgreichen Mutationen. Wir brauchen die "Mutationen", die gescheiterten digitalen Innovationen, um zu lernen, was funktioniert und was nicht.

Klicken Sie sich durch die "schönsten" Fails!

Und das sind die wichtigsten Learnings aus den gesammelten Werken von Samuel West:

1. Nicht jedes Produkt ist geschlechterspezifisch

Damit eine Innovation erfolgreich ist, muss in der Entwicklungsphase die Unternehmenskultur stimmen. Das bedeutet: Auch vermeintlich dumme Fragen dürfen gestellt werden und Kritik ist willkommen. Dann hätten die Macher der Stifte "Bic for Her" wahrscheinlich auch vor Produktlaunch gemerkt, dass Frauen genauso gut mit blauen und schwarzen Kulis schreiben können.

2. Experimente dürfen auch mal schief gehen

Wer Fehler machen darf, geht auch mehr Risiken ein. Unter dem Namen "New Coke" wurde 1985 eine neue Rezeptur von Coca-Cola auf den Markt gebracht. Nach gerade einmal 79 Tagen war das Experiment beendet. Manche sprechen vom größten Vermarktungsdesaster der Geschichte. Der Marke hat es nachhaltig nicht geschadet. Im Gegenteil, der Konzern hat mehrere neue Sorten etabliert.

3. Innovation ohne Scheitern ist unmöglich

Heute sprechen Innovationsberater gerne davon, dass man möglichst schnell einen Prototypen testen soll. "Fail forward" nennen sie dieses Vorgehen. Es hilft, sich immer wieder bewusst zu machen, dass die meisten Innovationen scheitern. Grünen Ketchup von Heinz braucht trotzdem niemand.

4. Gutes Design will nicht alles auf einmal

Mit dem N-Gage fusionierte Nokia Mobiltelefon und Spielekonsole. Das All-in-One-Gerät war vielleicht in der Theorie der Knaller. Für den Alltag aber viel zu kompliziert. Übrigens genauso wie Apples Newton, ein PDA, der leider kläglich daran scheiterte, Hand- in Computerschrift umzuwandeln. Manchmal ist weniger mehr.

5. Marken sind nur bis zu einem gewissen Punkt dehnbar

Birkenstock macht jetzt auch Matratzen, Ikea baut intelligente Möbel und der schwedische Rüstungshersteller Bofers verkauft nicht nur Schnellfeuerkanonen, sondern auch Zahnpasta. Im Ernst? Ja. Aber: Die "Tandkräm" war ein Reinfall. Genauso wie die Lasagne von Colgate. Merke: Selbst wenn eine Marke stark ist, kann man unter ihrem Label nicht jedes neue Produkt verkaufen.

6. Innovation = Timing und Chemie

Auch wenn die Datenbrille im medizinischen Bereich durchaus sinnvoll schien, ist Google Glass  gescheitert. Amazon gelang es ebenfalls nicht, die Konsumenten für sein "Fire Phone" zu begeistern. Nur weil sich eine Innovation nicht sofort durchsetzt, ist sie nicht automatisch schlecht. Wenn der Zeitpunkt nicht stimmt, bleibt der kommerzielle Erfolg aus. Das ist dann einfach Pech.


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Autor: W&V Redaktion

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